Homosexueller Fanclub:Die Angst der Spieler vor Schwulen-Hass

Die Mitglieder vom schwul-lesbischen FC-Bayern-Fanclub über Beleidigungen im Stadion, das erste Outing eines Profis und attraktive Spieler.

Lisa Sonnabend

Seit 2005 gibt es Queerpass Bayern, den offiziellen schwul-lesbischen Fanclub des FC Bayern. Bei fast jedem Heimspiel sind Mario Weiße, 36, Jörg Upmann, 38, und die rund 50 anderen Mitglieder in der Allianz Arena. Sie tragen Trikots, auf denen "Queerpass Bayern", "T-Homo" oder "Fußball ist alles - auch schwul" steht.

Queerpass Bayern

"Mario Gomez ist am attraktivsten": Mario Weiße (li.) und Jörg Upmann von Queerpass Bayern.

(Foto: Foto: sonn)

sueddeutsche.de: Fußballfans gelten als nicht besonders tolerant gegenüber Homosexuellen. Wurden Sie im Stadion schon einmal beschimpft?

Jörg Upmann: Das passiert leider durchaus. Wir von Queerpass Bayern stehen allerdings meist in der Südkurve bei der Schickeria - und die setzt sich offensiv gegen Homophobie ein. Wir überlegen sogar, in dieser Saison eine gemeinsame Choreographie oder ein Spruchband mit der Schickeria zu machen. Schwulenfeindliche Äußerungen hört man hier sehr selten, die kommen eher von den Rängen.

sueddeutsche.de: Was müssen Sie sich dann anhören?

Mario Weiße: In der vergangenen Saison hatte ich einmal ein T-Shirt an, auf der Vorderseite stand: 'Fußball ist alles' - und auf der Rückseite: 'Auch schwul'. Da wurde ich von einem Fan, der hinter mir zum Stadion ging, beschimpft: 'Fußball ist kein Schwulensport.' Wenn man die Leute dann jedoch zur Seite nimmt, sagen Sie: 'Es tut mir leid. Eigentlich habe ich gar nichts gegen Schwule.'

sueddeutsche.de: Wie erklären Sie sich die Beschimpfungen?

Weiße: Es ist ein Massenphänomen. Einzeln sind die Fans anders, aber in der Gruppe schreien sie. Oft rufen sie auch zum gegnerischen Torwart oder zum Schiedsrichter: 'Du schwule Sau.'

sueddeutsche.de: Versaut einem das nicht den Fußballnachmittag?

Weiße: Ich lasse das gar nicht mehr an mich ran, man stumpft da schon ein wenig ab.

sueddeutsche.de: Wie hat der FC Bayern reagiert, als Sie Ihren Fanclub gründen wollten?

Weiße: Bei unserer Gründung hat man uns ganz normal aufgenommen, keiner hat uns Steine in den Weg gelegt. Der FC Bayern hat auf unser Drängen auch die Leipziger Erklärung unterschrieben, die sich klar gegen Diskriminierung und damit auch Homophobie richtet. Wir mussten zwar mehrmals nachhaken, aber dann hat jemand seine Unterschrift gesetzt. Man konnte allerdings nicht entziffern, wer.

sueddeutsche.de: Wie agiert der Deutsche Fußballbund, um die Homophobie im Stadion zu unterbinden?

Weiße: Der DFB unternimmt einiges in die richtige Richtung. Präsident Theo Zwanziger hat gesagt, er würde jeden Spieler unterstützen, der sich outen möchte. Auf dem Christopher Street Day in Köln hat der DFB bereits zum zweiten Mal einen Wagen gesponsert. Und auch für diese Saison sind Aktionen geplant: Die deutsche Nationalmannschaft soll wahrscheinlich Ende des Jahres nach einem Spiel mit einem Banner gegen Homophobie über den Rasen laufen. Das wäre ohne Theo Zwanziger nicht möglich. Das ist sehr schön - aber uns ist es wichtiger, dass die Bewegung von den Fans kommt, also von unten und nicht von oben.

sueddeutsche.de: Wird es möglicherweise in dieser Saison das erste Outing eines Profispielers geben?

"Vernünftig, es nicht zu tun"

Weiße: Noch haben die Spieler viel zu viel Angst vor den gegnerischen Fans. Noch würde ein Outing den Marktwert des Spielers drücken. Die Profis sind ja alle nur befristet angestellt. Wenn ein homosexueller Spieler zu einem anderen Verein wechseln will, würde es heißen: 'Oh, der Schwule. Wer weiß, wie die Fans reagieren.'

Upmann: Über das Thema ist immer mehr in den Medien zu lesen, im vergangenen Jahr ist das Buch 'Versteckspieler - Die Geschichte des schwulen Fußballers Marcus Urban' erschienen. Aber dies reicht bei weitem noch nicht aus, dass sich ein Spieler outet. Ich glaube, das wird noch einige Jahre dauern.

sueddeutsche.de: Würden Sie sagen, schwule Fußballspieler sind in dem Punkt ein bisschen feige? Sogar Politiker haben sich doch inzwischen geoutet ...

Weiße: Nein, die Spieler sind nicht feige, sondern vernünftig, es derzeit noch nicht zu tun. Wenn, müssten sich mindestens fünf oder sechs Spieler gleichzeitig outen, damit sich die Medien nicht nur auf einen stürzen und die Aufmerksamkeit stattdessen verstreut wird.

sueddeutsche.de: Würden Sie ein Outing begrüßen?

Weiße: Es ist nicht unsere Aufgabe, als schwuler Fanclub irgendwelche Spieler zu outen. Wir können nur das Umfeld dafür bereiten, dass es für die Spieler einfacher wird.

sueddeutsche.de: Haben Sie einen Lieblingsspieler beim FC Bayern?

Upmann: Ich mag Franck Ribéry und Philipp Lahm, die spielen am besten.

Weiße: Ich achte mehr auf das Aussehen. Mir hat Lukas Podolski gefallen, aber der ist ja leider weggegangen. Jetzt finde ich Mario Gomez am attraktivsten.

sueddeutsche.de: Nicht Luca Toni?

Weiße: Luca ist mir zu theatralisch und die Haare sind zu gegelt. Er ist eher ein Frauenschwarm.

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