Holland-Sieg im Achtelfinale:Ekstase in der Nachspielzeit

Netherlands v Mexico: Round of 16 - 2014 FIFA World Cup Brazil

Der Schalker Huntelaar macht das 2:1 in der Nachspielzeit per Elfmeter.

(Foto: Getty Images)

Die Niederländer haben den längeren Atem in der Mittagshitze von Fortaleza: Gegen Mexiko drehen sie das Spiel in den Schlussminuten - auch dank eines Elfmeters. Dass Trainer van Gaal erst in höchster Not zum beliebten 4-3-3 zurückkehrt, wird in der Heimat dennoch für Diskussionen sorgen.

"Hoffentlich scheint die Sonne stark", hatte Miguel Herrera gewünscht, und wenig überraschend tat die Sonne ihm diesen Gefallen. Die Mittagshitze von Fortaleza im Nordosten Brasiliens mit mehr als 30 Grad würde, so erwartete es der Trainer Mexikos, seiner Mannschaft in die Karten spielen, er formulierte das so: "Wir wollen sie körperlich killen." Zu diesem Zwecke werde seine Mannschaft "noch mehr rennen" als gewohnt, versprach Herrera.

Das reichte nicht, um Mexiko erstmals nach 28 Jahren ins Viertelfinale zu bringen; den langen Atem in der Hitze bewiesen die Niederländer. Nachdem sie durch ein Tor von Giovani dos Santos (48.) in Rückstand geraten waren, drehten Wesley Sneijder (88.) und Klaas Jan Huntelaar per Elfmeter (93.) die Partie.

Bei den Niederlanden kehrte Robin van Persie nach seiner Gelbsperre ins Team zurück, zudem wirkte Außenverteidiger Paul Verhaegh vom FC Augsburg mit. "Es wird wichtig sein, dass die Spieler sehr viel trinken", hatte Bondscoach Louis van Gaal gesagt und den Schiedsrichter um dafür vorgesehene Pausen gebeten; tatsächlich bat Pedro Proenca aus Portugal schon nach einer halben Stunde an die Wasserflaschen.

Van Gaal verordnete seinem Team gegen die konterstarken Mexikaner dementsprechend erst einmal eine sehr verhaltene Taktik. Trotz defensiver Ausrichtung wirkte die Abwehr allerdings unsicher. Die erste Großchance verzeichneten die Mexikaner, die nach einem Stellungsfehler von Indi im Strafraum kombinieren durften, bis Hector Herrera links am Tor vorbeischoss (16.). Und in der 42. Minute rettete Torwart Jasper Cillessen seiner Mannschaft mit der ersten überzeugenden Tat das 0:0, als er einen Schuss von dos Santos aus spitzem Winkel parierte.

Sehr verhalten schoben hingegen die Niederländer den Ball hin und her, lauerten auf Konter, was allerdings lange Zeit nur zu einem einigen Torschussversuch durch van Persie (27.) führte. In der Heimat, Sonne hin, Sonne her, wird das wieder zu Debatten führen - dort hatte es ja schon trotz der drei Siege in der Vorrunde Kritik gegeben, weil Oranje nicht mehr im klassischen 4-3-3 auflief.

So forderte unter anderem Idol Johan Cruyff, das Team müsse wieder mit drei Stürmern antreten. "Ich verstehe die Kritik an unserem Spiel sehr gut, aber wir sollten uns davon nicht beeindrucken lassen", hatte der für einen Sonnenbrand auf der Stirn prädestinierte Arjen Robben gesagt, aber zugegeben: "Wenn der Gegner es erlaubt, brauchen wir mehr Offensiv-Fußball."

Besinnung auf die Offensive wird belohnt

Der Gegner, namentlich die Sonne, erlaubte es nicht - so durfte man die Darbietung wohl verstehen. In der Nachspielzeit der ersten Hälfte wäre die Taktik van Gaals fast aufgegangen: Außenverteidiger Maza beging den Abspielfehler, auf den die Niederländer so lange gelauert hatten, van Persie zog Richtung Tor und bediente Robben, der von Rafael Marquez und Hector Moreno unsanft gebremst wurde; ein Strafstoß für die Niederlande wäre die richtige Konsequenz gewesen, doch Proenca ließ weiterspielen.

Kurz nach dem Seitenwechsel gingen stattdessen dann die Mexikaner in Führung. Dos Santos, 25, der schon mit 13 Jahren zum FC Barcelona gewechselt war und nach etlichen Station nun beim FC Villareal spielt, wurde zwar von drei Gegenspielern bedrängt, kam aber aus 20 Metern zum Schuss und traf (48.).

Für die Niederlande durfte dann Wesley Sneijder mal zum Freistoß antreten, aber er hatte ja zuvor schon erklärt, dass ihm das hierbei eingesetzte Spray Probleme bereitet. Die aufgemalte Linie sei "ein mentales Hindernis", fand er: "Wenn man den Freistoß tritt, hat man das Gefühl, dass da eine Wand steht." Nun, diesmal stand da eine Wand aus Mexikanern, an der Sneijder scheiterte.

Die zweite Großchance verzeichneten die nun gezwungenermaßen deutlich offensiveren Niederlande, mittlerweile in der beliebten 4-3-3-Formation, dafür in der 57. Minute: Stefan de Vrij scheiterte aus kürzester Distanz an Torhüter Guillermo Ochoa, der den Ball an den Innenpfosten lenkte. Nach einer Stunde zog Robben, der zu Beginn über links gespielt hatte und bei der Umstellung nach rechts zurückkehrte, nach innen und bediente Sneijder, dessen Schuss geblockt wurde. Kurz darauf fiel Robben mit zwei Schwalben in Serie auf, und dann mit einer tollen Szene, in der er sich kraftvoll gegen Márquez durchsetzte und an Ochoa scheiterte (74.).

Dann brachte van Gaal noch den Schalker Klaas Jan Huntelaar als Strafraumstürmer für van Persie. Und die Besinnung auf die Offensive wurde dann doch noch belohnt - und wie: In der 88. Minute traf Sneijder nach einem Eckball und einer Kopfballvorlage von Huntelaar zum Ausgleich. Und in der Nachspielzeit wurde Robben im Strafraum von Marquez am Fuß getroffen, kam zu Fall - und diesmal gab der Schiedsrichter den Elfmeter. Huntelaar trat an - und traf ins linke untere Eck zum Siegtreffer in der 93. Minute. Von der Sonne ließ er sich dabei nicht blenden.

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