Hoffenheimer 2:1-Erfolg:Mit der Kraft von Eisen-Ermin

Der TSG Hoffenheim fehlt nach einem verdienten Sieg über Ingolstadt nicht mehr viel zur besten Rückrunde seit dem Aufstieg - trotzdem ist der Klassenverbleib noch immer nicht gesichert.

Von Tobias Schächter, Sinsheim

Nadiem Amiri riss sich sein Trikot vom Körper, warf es auf den Boden und schrie mit angespannten Muskeln seine ganze Freude in die Welt. Dann packte sich der 19 Jahre alte Fußballer ein anderes Trikot, auf dem der Nachname seines Mannschaftskollegen Steven Zuber stand und zeigte dieses in Richtung jener Kurve, in der die größten Fans der TSG Hoffenheim jubelten. Amiri hatte gerade das 2:1 für die TSG geschossen (84.) und feierte genau so, wie er es sich vor dem Spiel vorgenommen hatte. Bis zur 61. Minute saß Amiri nur auf der Bank, dann wurde er von Trainer Julian Nagelsmann für Philipp Ochs eingewechselt und war wie schon beim 2:0-Sieg in Frankfurt vor drei Wochen als Joker der Hoffenheimer Matchwinner.

"Ich war sauer", gab Amiri zu, als er von seiner Rolle als Ersatzspieler erfahren hatte. Der Junge aus Ludwigshafen aber fasste dann einen Plan: reinkommen, ein Tor machen, an den verletzten Kumpel Zuber erinnern, als Sieger vom Platz stolzieren.

Bicakcic zeigt, warum er "Eisen-Ermin" genannt wird

Es ist dann alles genau so gekommen, wie sich das Nagelsmann und Amiri ausgemalt hatten. 2:1 (1:1) gewann die TSG ein turbulentes Spiel gegen starke Gäste vom FC Ingolstadt. Erneut sicherten sich die Badener in den Schlussminuten wichtige Punkte und machten so einen großen Schritt zum Klassenverbleib. Es war ein Schritt, der mit vielen Beulen erkämpft wurde.

Amiri erinnerte nicht ohne Grund an den Kollegen Zuber, der am Donnerstag im Training mit Fabian Schär zusammengestoßen war. Während Schär mit einer leichten Gehirnerschütterung davonkam, erlitt Zuber einen Schädelbasisbruch und eine Schulterverletzung. Zuber geht es wieder besser, vor dem Anpfiff postete er auf Instagram ein Bild, auf dem er in einem Heidelberger Café sitzt und mitteilt, dass er aus der Klinik entlassen wurde.

Glück im Unglück hatte am Samstag dann auch Hoffenheims Innenverteidiger Ermin Bicakcic, der nach einer Viertelstunde vom Ellenbogen des Ingolstädters Benjamin Hübner am Kopf getroffen wurde und blutend zu Boden fiel. Die Wunde musste mit sieben Stichen genäht werden, Bicakcic spielte mit einem blauen Turban tapfer weiter. Während der Bosnier behandelt wurde, kassierten die Hoffenheimer allerdings das 0:1 durch Stefan Lex (18.). Warum Bicakcic "Eisen-Ermin" genannt wird, bewies er im weiteren Spielverlauf. Der blaue Turban rutschte ihm mit zunehmender Spieldauer immer weiter ins Gesicht, trotz seines Handicaps bugsierte er weiter den Ball bei jeder Gelegenheit aus der Gefahrenzone. Nach dem Spiel stand Bicakcic mit einem riesigen weißen Pflaster auf der Stirn in den Katakomben und erklärte: "Mann, ich war geladen, Adrenalin - da kommt alles zusammen." Und überhaupt: "Drei Punkte sind die beste Medizin."

Die Diskussion um den Abschied von Trainer Hasenhüttl lässt die Ingolstädter kalt

Der schlimme Zusammenprall von Zuber und Schär am Donnerstag, der frühe Rückstand am Samstag, Bicakcics Verletzung - die TSG-Profis mussten viele Rückschläge wegestecken, bevor sie ins Spiel kamen. Und nachdem ihnen dank Mark Uths siebtem Saisontor der Ausgleich gelungen war (37.), erhielten sie nach der Pause wieder einen Dämpfer: Andrej Kramaric scheiterte mit einem Elfmeter am Ingolstädter Torwart Örjan Nyland (53.). Aber dann kam Amiri und damit der Sieg - auch weil Torwart Oliver Baumann einige Chancen der Gäste vereitelte.

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Die Diskussionen um den unter der Woche angekündigten Abschied ihres Trainers Ralph Hasenhüttl trotz Vertrages nach der Saison (vermutlich zu RB Leipzig), beeinträchtigte die Leistung des FC Ingolstadt nicht. "Der Trainer hat uns Anfang der Woche gesagt, was Sache ist, danach war das für uns abgehakt", sagte Rechtsverteidiger Danny da Costa.

Kevin Volland zu RB Leipzig? Er sagt: "Eine Frechheit"

In Hoffenheim werden sie nach der Runde sicher Angebote für ihre Spitzenspieler Kevin Volland, Niklas Süle und Sebastian Rudy erhalten. Volland nannte Spekulationen über einen Wechsel zu RB Leipzig, die vor dem Spiel von Sport1 befeuert wurden, indes "eine Frechheit". Sein Vertrag sei ja noch bis 2019 gültig. Der Nationalspieler hat aber auch eine Ausstiegsklausel, nach der er für eine Ablöse von angeblich 15 Millionen Euro wechseln darf. Manager Alexander Rosen sagt: "Es gibt die klare Marschroute, sich nach dem erfolgten Klassenerhalt mit den Umworbenen zusammenzusetzen."

Julian Nagelsmann wird in der kommenden Saison sicher in Hoffenheim coachen. In zwölf Spielen holte die Elf unter dem 28 Jahre alten Trainer 23 Punkte. Zuvor hatte die TSG am Ende einer Partie viele Punkte noch abgegeben, nun gewann sie in den letzten vier Spielen durch drei späte Tore immerhin fünf Zähler. Noch ein Sieg und die Hoffenheimer können die beste Rückrunde seit ihrem Aufstieg 2008 feiern. Trotz dieser Erfolgsserie ist der Klassenverbleib noch nicht gesichert, weil auch die Konkurrenz punktet. Nagelsmann ist das egal, er sagt: "Wir wollen auch die beiden letzten Spiele in Hannover und gegen Schalke gewinnen."

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