Hoffenheim: Theater um Demba Ba:Stürmer im Streik

Hoffenheims Stürmer Demba Ba will nach England wechseln und verweigert die Reise ins Trainingslager. Seine Zeit im Kraichgau ist auch aus Sicht der Vereinsführung vorbei.

Carsten Eberts

Auch Demba Ba hat einen Berater, der in schwierigen Situationen für ihn spricht. Der Mann heißt Ran Ronen, arbeitet für die niederländische Spieleragentur "Mulders Advokaten" - und da sich Ba derzeit in einer durchaus kniffligen Situation befindet, war es nun an Ronen, ein Statement abzugeben.

1899 Hoffenheim - Demba Ba

Will weg, am liebsten sofort: Hoffenheims Stürmer Demba Ba.

(Foto: dpa)

"Demba würde natürlich gerne in die Premier League wechseln, das ist kein Geheimnis", verkündete Ronen: "Am Montag gab es verschiedene Andeutungen, dass der Wechsel klappt. Innerhalb von 20 Minuten ging es hin und her. Die Mannschaft ist dann ins Trainingslager geflogen und wir haben entschieden, dass Demba noch hier bleibt, um den Tag abzuwarten."

Ein Spieler streikt, um seinen Wechsel zu erzwingen - so lässt sich die Situation in Hoffenheim zusammenfassen. Das Problem ist, dass Ba in Hoffenheim noch einen gültigen Vertrag besitzt, ohne die Einwilligung des Klubs gar nicht wechseln darf. Genau genommen bis zum Jahr 2013, darauf hatte man sich vor einem Jahr geeinigt. "Das ist der Wahnsinn, so etwas habe ich noch nie erlebt", sagt 1899-Manager Ernst Tanner: "Das ist ein Grund, um ihm fristlos zu kündigen."

Tanner weiß, dass Ba genau darauf spekuliert. "Dembas Verhalten wird selbstverständlich Konsequenzen nach sich ziehen. Gegenüber seinem Arbeitgeber, aber auch gegenüber seinen Mannschaftskollegen ist diese eigenmächtige Vorgehensweise in keinster Weise zu tolerieren", fährt Tanner fort. Die Mannschaft weilte zu diesem Zeitpunkt bereits im Trainingslager im spanischen La Manga - ohne Demba Ba.

Tanner will Härte demonstrieren. Die Mannschaft soll nach Luiz Gustavo binnen einer Woche nicht den zweiten stilprägenden Spieler verlieren. Vor allem aber will sich Tanner nicht erpressen lassen. "Wir hatten in Hoffenheim bereits einmal die Situation, dass Demba Ba mit allen Mitteln weg wollte", sagt er: "Die Art und Weise, wie der Spieler nun zum zweiten Mal versucht, Druck auf seinen Arbeitgeber auszuüben, ist wohl einmalig in der Bundesliga."

Einmalig ist sie nicht ganz, denn schon zuvor hatten sich Profis an offener Verweigerungstaktik versucht. Weil der FC Chelsea anklopfte, verletzte sich etwa Hamburgs Khalid Boulahrouz im Europacup beim Aufwärmen. So konnte er Tage später nach England wechseln, weil er noch für die Champions League spielberechtigt war. Ähnlich versuchte es zwei Jahre später Raphael van der Vaart - und wechselte Tage zu Real Madrid. In beiden Fällen kassierte der Hamburger SV über zehn Millionen Euro Ablöse.

Das Dilemma der Vereine ist stets das gleiche: Sollen sie einen unzufriedenen Spieler zwingen, weiter für einen Klub zu spielen? Oder nehmen sie lieber die Ablösesumme? Im Fall von Demba Ba geht es um geschätzte sieben Millionen Euro, die der Premier-League-Klub West Ham United für den Stürmer bieten soll. Zu wenig für Hoffenheim, um schwach zu werden?

Rangnicks Bestätigung

In einem solchen Fall hart zu bleiben, können sich nur wenige Klubs leisten. Dabei geht es um Verhandlungspositionen und die Gewissheit, dass es dem Verein nicht um eine Ablösesumme geht. Der FC Bayern machte Franck Ribéry vor gut einem Jahr klar, dass er nicht gehen dürfe und verhinderte so den Wechsel des Franzosen zu Real Madrid. Die Münchner konnten es sich leisten, auf viele Ablösemillionen zu verzichten, viele andere Klubs können das nicht. Auch Hoffenheim dürfte finanziell in der Lage sein, Ba zu behalten. Aber will der Klub das?

Ralf Rangnick dürfte sich bestätigt fühlen. Der gerade zurückgetretene Trainer wollte schon den Verkauf von Luiz Gustavo im Winter verhindern mit dem Hinweis, dass das für die Mannschaft ein fatales Signal sei. Er wusste offenbar um die Neigung einiger Hoffenheimer, die TSG lediglich als Sprungbrett zu sehen für einen größeren Klub. Gustavos Verkauf hat Demba Bas Lust auf Hoffenheim sicher nicht erhöht.

Im Grunde ist Ba bereits jetzt ein verlorener Spieler. Der Senegalese hat offen bekundet, nicht weiter für Hoffenheim spielen zu wollen. Er ließe sich nur schwerlich wiedereingliedern, sollte ihm der Wechsel wirklich konsequent verweigert werden. Ließe der Klub Ba nach dieser Geschichte jedoch gehen, käme unweigerlich der Vorwurf, Hoffenheim habe sich erpressen lassen.

"Wir werden ihn nicht verkaufen", sagte Manager Tanner deshalb zunächst, "das wäre Selbstmord." Allerdings sagte er später, er könne sich nicht vorstellen, "dass er bei uns wieder spielt". Zudem erklärte Vereinsmäzen Dietmar Hopp in einem Interview mit dem Kicker: "Natürlich ist die Trennung sinnvoll, nachdem Ba sich nun zum zweiten Mal für den Weg der Konfrontation entschieden hat - fraglich, ob er unter den Vorzeichen einen Verein findet."

Manager Tanner will sich laut Bild wegen möglichen Vertragsbruchs des Angreifers über den Deutschen Fußball-Bund an die Fifa wenden. Das Fifa-Reglement sieht für Vertragsbruch seitens eines Spielers eine Sperre von bis zu sechs Monaten vor. Für die Bundesliga und die Vertragsangelegenheiten zwischen Klubs und deren Angestellten wäre es ein wichtiges Zeichen, würde sich diesmal der Verein durchsetzen. Die Vergangenheit zeigt jedoch, dass es den Spielern meistens gelingt, am Ende als Sieger dazustehen.

Ba selbst meldete sich am Donnerstag auf seiner Homepage zu Wort: "Ich bedaure die Situation und leide darunter. Der Klub hat mir grünes Licht unter bestimmten Bedingungen gegeben. Ich hoffe, dass diese Versprechungen eingehalten werden."

Die Enttäuschung ist auch bei den "Demba Bären" greifbar, dem Hoffenheimer Fanclub des Stürmers. "Es ist schlimm, was er gemacht hat und überhaupt nicht zu akzeptieren", klagt stellvertretend der Vorsitzende Stephan Heim.

Den Fanclub nun aufzulösen, kommt für Heim indes nicht infrage. "Unser Name hat sich zwar von ihm abgeleitet, aber wir sind ein Hoffenheim-Fanklub." Die Identifikation zum Verein ist offenbar größer, als die zu einem seiner Spieler.

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