Hoeneß' Abschied vom FC Bayern:"Das war es noch nicht"

Außerordentliche Mitgliedsversammlung FC Bayern München

Kein Zweifel daran, dass er wiederkommen wird. Am wenigsten bei Uli Hoeneß selbst.

(Foto: dpa)

Mit überwältigender Mehrheit wird Karl Hopfner zum neuen Präsidenten des FC Bayern gewählt - doch der Abend gehört seinem Vorgänger. Uli Hoeneß kündigt seine baldige Rückkehr an. Nach seiner Haftstrafe könnte er sogar wieder Präsident des Vereins werden.

Von Benedikt Warmbrunn

Dann also tritt Uli Hoeneß von der großen, roten Bühne ab. Schlendernder Gang, die Arme schaukeln, die Backen aufgeblasen. Fünf Stufen hinunter. Die Luft rausgepresst. Eine Umarmung von Edmund Stoiber. Dann reiht sich Hoeneß in der ersten Reihe ein. Und stimmt ein in den Applaus.

Es ist der Applaus einer ganzen Halle. Ein Applaus für eine Rede, die emotional war, kämpferisch, in Teilen eine Abrechnung. Es ist der Applaus für den Redner. Für einen Mann, der wieder einmal emotional war, der wieder einmal kämpferisch war. Der Applaus für Uli Hoeneß.

Der FC Bayern München hat am Freitagabend einen neuen Präsidenten gewählt, Karl Hopfner. Vor allem aber hat sich der FC Bayern verabschiedet. Zumindest vorübergehend.

Der Mann, um den es an diesem Abend geht, betritt um 18.57 Uhr die Halle, begleitet von Applaus, zweieinhalb Minuten lang. Der erste, der sich setzt, ist Uli Hoeneß selbst. Eine Minute nach ihm betritt Hopfner die Halle, in der linken Hand eine Aktentasche, unbemerkt von der applaudierenden Menge; um 19 Uhr steht er auf einmal am Rednerpult, um diese Außerordentliche Mitgliederversammlung zu eröffnen, "pünktlich, so wie sich das gehört".

Es beginnt die Verabschiedung.

Hopfner richtet ein paar Worte "an dich, lieber Uli". An einen Mann, der für ihn "Kopf, oft Bauch, stets Herz und immer Seele des FC Bayern" ist. Hopfner liest Sätze von seinen Papieren ab, die aufbauend sein sollen für Uli Hoeneß, die ihm eine Heimat geben sollen, hier, im Kreis der Mitglieder des FC Bayern. "Für die dir bevorstehende schwierige Zeit wünschen wir dir die nötige Kraft", liest Hopfner vor, "du kannst in Ruhe entscheiden, was du danach machen möchtest."

Wieder: Applaus. In diesem Beifall erhebt sich Hoeneß, schlendernder Gang, die Arme schaukeln, fünf Stufen die große, rote Bühne hinauf. Umarmung mit Hopfner. Nicken ins Publikum. Dann hebt Hoeneß die Hände. Und das Publikum schweigt.

"Das wird jetzt eine ganz schwere Rede", sagt Hoeneß, er schweigt gleich wieder, unterbrochen von neuerlichem Applaus. Und weil ihm die Stimme versagt.

Die schwere Rede, die Hoeneß dann hält, ist die Rede eines Mannes, der einen "persönlichen großen Fehler" gesteht. Daher: "kein Vorwurf" an das Landgericht München II, das ihn Mitte März zu einer Haftstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt hat, wegen der Steuerhinterziehung in sieben Fällen, in Höhe von 28,5 Millionen Euro. Eine Haftstrafe, die Hoeneß in den nächsten Wochen in der Justizvollzugsanstalt Landsberg antreten wird. Es war ein Urteil, das Hoeneß nicht erwartet hatte. Ein Urteil, das zu diesem Abend geführt hat, weil Hoeneß einen Tag später als Präsident des FC Bayern München e.V. zurückgetreten war (und als Vorsitzender des Aufsichtsrates).

Hopfner wird zum Präsidenten gewählt

Es ist aber auch die Rede eines Mannes, der sich verteidigen will. Hoeneß verabschiedete sich so, wie er jahrelang wahrgenommen wurde. Als Abteilung Attacke.

Er sagt: "Viele sagen: Der Hoeneß hat mit seinem Fehler sein Lebenswerk zerstört. Ich sehe das nicht so."

Hoeneß liest nicht vom Papier ab, er spricht frei, manchmal wird seine Stimme laut, etwa als er von der "Häme" berichtet, die auf ihn und seine Familie eingeprasselt sei. Und dass er daher auf Revision verzichtet habe, weil er "dieses Drama nicht weitere zwölf oder 18 Monate hätte ertragen können". Mit sanfter Stimme dankt er seiner Familie, der Firma - er meint seine Wurstfabrik -, und dem Verein. Hoeneß spricht von einem "schweren Gang", er sagt, er wolle "nachdenken über mich, über meine Gefühle". Dann spricht er über den Hass.

Er schimpft über das Bild, das von ihm in der Öffentlichkeit gezeichnet wurde. Er, Uli Hoeneß, als ein "Arschloch, Schwein, ein Mann, der anderen das Geld aus der Tasche zieht, der anderen Geld vorenthält". Er wolle sich nicht "sauber reden". Stattdessen sagt er die zwei zentralen Sätze seiner 15-minütigen Rede: "Und dann, wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen. Das war's noch nicht!" Dann tritt er von der großen, roten Bühne ab.

Karl Hopfner bekommt nur fünf Gegenstimmen. Und Torwart Neuer verlängert schon bist 2019

Es ist auch der Abend, an dem Karl Hopfner mit fünf Gegenstimmen bis 2016 zum Präsidenten gewählt wird. Ein Abend, an dem Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstandsvorsitzende, leidenschaftlich Trainer Pep Guardiola verteidigt, drei Abende nach dem Aus im Champions-League-Halbfinale. Rummenigge lobt einen "ganz großartigen Trainer" mit "einer großen Vision", er sagt: "Zwischen Pep Guardiola und den FC Bayern passt kein Blatt Papier." Ein Abend, an dem Rummenigge verkündet, dass Torwart Manuel Neuer seinen Vertrag bis Juni 2019 verlängert habe.

Und doch bleibt es der Abend von Uli Hoeneß. Dem Mann, der gehen wird, dem Mann, der zurückkommen will, auch wenn er offen gelassen hat, welche Aufgabe er in einer fernen Zukunft anstrebt. Es war ein langer Abschied. Aber einer, bei dem die Mitglieder des FC Bayern bereits auf das Comeback vorbereitet werden.

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