Höfl-Riesch gewinnt bei Ski-WM:Gold für den Kopf

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Skifahrerin Maria Höfl-Riesch: Belohnung nach schwierigen Tagen

(Foto: AFP)

Missglückte Rennen und nervende Debatten: Schwierige Wochen liegen hinter Maria Höfl-Riesch. In der Super-Kombination in Schladming wäre sie schon mit Silber zufrieden gewesen. Nun ist sie Weltmeisterin und gewinnt ein wenig Selbstvertrauen zurück.

Von Michael Neudecker, Schladming

Tina Maze fuhr sich noch einmal durch das lange Haar, setzte ihre Sponsorenkappe auf, steckte ihre Ohrringe an, rechts, links, sie wirkte ruhig, sie wirkte routiniert, Tina Maze hat das ja schon oft gemacht: sich vorbereiten auf die Siegerehrung. Das zweite Frauen-Rennen der Schladminger Ski-WM war gerade zu Ende gegangen, das erste, den Super-G am Dienstag, hatte sie gewonnen, und jetzt, beim zweiten Rennen, der Super-Kombination, war sie wieder dabei, als die Medaillen vergeben wurden. "Ich weiß nicht", sagte Tina Maze bald darauf, die Ohrringe glitzerten, "ich habe am Start viel Druck verspürt", sie zuckte mit den Schultern, "der Slalom heute war nicht gut." Silber, nur Silber, so empfand Tina Maze das.

Ein paar Meter neben ihr stand Maria Höfl-Riesch, sie blickte zum Himmel. Maria Höfl-Riesch flippte nicht aus, sie schrie nicht, sie lächelte einfach nur. Sie wirkte selig, gerührt, so sehr, wie man das als Weltmeisterin nur sein kann. Sie stieg dann zur Siegerehrung auf das Podest, das von einem Motor einmal um 360 Grad gedreht wird, sobald die Athleten ihre Plätze eingenommen haben, damit sie wirklich jeder sehen kann in diesem beeindruckenden Stadion, und damit die Athleten alles aufsaugen können, die ganze Stimmung, die ganze Euphorie. Maria Höfl-Riesch saugte alles in sich hinein, sie genoss den Moment, sie kämpfte mit den Tränen.

Maria Höfl-Riesch hat jetzt vier Medaillen bei Weltmeisterschaften gewonnen, in Val d'Isère 2009 Gold im Slalom, in Garmisch-Partenkirchen 2011 Bronze in Abfahrt und Super-G, und nun also: Gold in der Super-Kombination in Schladming 2013. "Der Wahnsinn", sagt Maria Höfl-Riesch, als sie nach dem Rennen ihren für Weltmeister üblichen Interviewmarathon beginnt, "der Hammer".

Es war die erste Medaille für den Deutschen Skiverband im insgesamt dritten Rennen, eine, auf die sie insgeheim gehofft hatten, aber mit der niemand wirklich rechnete, auch nicht Maria Höfl-Riesch. Sie hatte ein paar missglückte Rennen hinter sich, als sie nach Schladming kam, "das Selbstvertrauen", sagt sie, "hat gefehlt". Selbstvertrauen ist eine abstrakte Sportlerwährung, je mehr Selbstvertrauen, desto mehr Siege und andersrum, sagen die Sportler, aber manchmal kommen Siege auch ganz allein.

Nachfolgerin von Martina Ertl

Nach dem ersten Teil, der Abfahrt, war Maria Höfl-Riesch Vierte, hinter Maze, Anna Fenninger und Elisabeth Görgl; die Speed-Spezialistin Görgl konnte ihre Platzierung im Slalom erwartungsgemäß nicht halten, die Titelverteidigerin Fenninger schied nach einem Fahrfehler aus, Maria Höfl-Riesch stand also in der sogenannten leader's box, der Sponsorenecke der aktuell Führenden, und dann startete Tina Maze. Die Slowenin fährt in dieser Saison entfesselt wie keine vor ihr, Höfl-Riesch selbst dagegen wirkt derzeit oft, als sei sie irgendwo angebunden; auch jetzt, findet sie, "bin ich konservativ gefahren", sicher, aber nicht spritzig.

Als Maze losfuhr, sagt Höfl-Riesch, "habe ich nicht einmal gewagt, an Gold zu denken", obwohl sie sich besser auf den Slalom vorbereitet hatte als alle anderen: Die Trainer haben sie nach der Abfahrt zur nahegelegenen Reiteralm gebracht, haben ihr einen kurzen Lauf gesteckt, sie ist dreimal runtergefahren, ganz allein, während alle anderen, auch Maze, sich auf der Schladminger Planai beim Einfahren drängelten.

Und dann schien Maze wieder schnell zu sein, sie ließ Stange um Stange hinter sich, "ich dachte, hey, super, Silber", sagt Höfl-Riesch, aber Maze verlor mit jedem Abschnitt mehr Zeit. "Und dann ging alles so schnell", Maria Höfl-Riesch schüttelt den Kopf, "und auf einmal war ich Weltmeister." Der 8. Februar 2013 war ein Tag des Aufatmens für Maria Höfl-Riesch, außerdem für Österreich: Dritte wurde Nicole Hosp, die erste Medaille auch für Österreich in Schladming, endlich.

Die Super-Kombination ist keine Königsdisziplin, sondern nur die Super-Kombination, aber das war am Ende fast egal. "Ich kann ja schlecht was gegen die Super-Kombi sagen, wenn ich eine Medaille gewonnen hab'", sagt Höfl-Riesch, und die Goldmedaille, die Silbermedaille und die Bronzemedaille der Super-Kombination sehen ja genauso aus wie die in der Abfahrt und im Slalom und im Riesenslalom. Weltmeister ist Weltmeister, so einfach ist das manchmal, und Maria Höfl-Riesch ist nun die erste deutsche Goldmedaillengewinnerin in dieser Disziplin seit Martina Ertl 2001. "Der Wahnsinn", sagt Maria Höfl-Riesch noch mal, man kann sehen, dass ihr nicht nur ein Stein vom Herzen fällt, auch kein Felsen, sondern ein ganzer Berg.

"Die letzten Wochen waren nicht einfach", sagt Maria Höfl-Riesch. In drei der letzten fünf Rennen vor Schladming schied sie aus, auch im Super-G am Dienstag kam sie nicht ins Ziel, und dann war da noch ein Zank mit Alt-Rennfahrer Markus Wasmeier, in dem sich irgendwann alle beschimpften, Wasmeier, Höfl-Rieschs Ehemann/Manager, sogar ihre Mutter meldete sich zu Wort. Das kann ablenken, gerade bei einer Weltmeisterschaft, zumal dann, wenn die mentale Stabilität fehlt. In den vergangenen Wochen, sagt sie, habe sie "immer wieder" darüber nachgedacht, einen Mentaltrainer zu engagieren, ihr Ehemann riet ihr dazu. "Ich hab' mich bislang dagegen gewehrt", sagt Maria Höfl-Riesch.

Ob sie doch irgendwann nachgeben wird, weiß sie noch nicht, wahrscheinlich aber ist das Thema erst einmal erledigt. Es gibt ja keinen besseren Mentaltrainer als eine Goldmedaille.

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