Hockey:Auf kleiner Flamme

25.01.2020 - Hallenhockey - Hockey - Saison 2019 2020 1. Bundesliga Herren Männer - Nürnberger HTC NHTC Nürnberg - Münch; wesley nhtc

„Diese Schwebe finde ich kontraproduktiv“, sagt Christopher Wesley.

(Foto: Zink/Imago)

Bundesligist Nürnberg verbringt den Sommer im Tabellenkeller - die Saison wird ausgesetzt.

Von Katrin Freiburghaus

Das Ende einer Saison ist normalerweise ihr sportlicher Höhepunkt; ein Anlass zum Feiern oder - im Abstiegsfall - zumindest für dramatische Traurigkeit und Frust. Die Hockeyspieler vom Nürnberger HTC sind nach dem Beschluss des Deutschen Hockey-Bundes vom Montag, nach dem die laufende Spielzeit pandemiebedingt bis mindestens August ausgesetzt wird, dagegen fast unbemerkt in die Zwangspause geschlichen. "Es ist eine Erleichterung, nun endlich zu wissen, was passiert", sagt ihr Trainer Richard Barlow, "zumal die Beschränkungen in Deutschland sehr unterschiedlich sind, wir haben keine identischen Trainingsbedingungen."

Die vergangenen Wochen seit dem Ende der Hallensaison waren vom ständigen Orientieren an immer neuen Aufschüben geprägt. "Wir mussten von Tag zu Tag auf Entscheidungen warten oder auf das immer nächste Meeting", sagt Barlow. Mit Warten allein war es aber nicht getan, denn obwohl Hockey in Deutschland ein Amateursport ist, stellt sich in der ersten Bundesliga ja niemand ohne Vorbereitung auf den Platz und spielt mal eben aus dem Stand eine Rückrunde. Sechs Wochen Athletikvorbereitung sind die Regel, bei den meisten Spielern ist diese Phase mäßig beliebt. "Man zieht das halt durch, ich habe mich wirklich auf den Hockey-Schläger gefreut - aber dann kam Corona", sagt Mittelfeldspieler Christopher Wesley. Der Olympia-Sieger fand die zurückliegenden Wochen deshalb vor allem eines: "nervig".

Echtes Training ist in Bayern selbst in Kleingruppen untersagt, die Sportanlagen sind gesperrt. Um für eine mögliche Fortsetzung der Saison, an deren Ende der NHTC mutmaßlich in den Playdowns um den Klassenerhalt spielen würde, bereit zu sein, wurde die Athletik-Phase in die eigenen vier Wände verlagert und immer weiter verlängert. Ein bisschen, als stünde die Suppe fertig auf dem Herd, müsste aber noch ein paar Stunden auf kleiner Flamme vor sich hin köcheln, weil ihre Esser im Stau steckten. Und dann noch eine Stunde. Und noch zwei. Vielleicht auch bis morgen.

Diese Phase sei nun immerhin vorbei, die Vereine könnten mit der Pause planen. Warum es bis zum Beschluss so lange gedauert hat, könne er "nicht so richtig nachvollziehen", sagt Wesley. Was zudem unklar bleibt, ist, ob es im Herbst tatsächlich weitergehen kann. "Nach allem, was man bisher weiß, wird es ja erst wieder ein normales Leben geben, wenn es einen Impfstoff oder ein Medikament gibt", sagt der 32-Jährige, "sonst müssen ja immerzu komplette Mannschaften in Quarantäne, wenn es einer hat." Henry Schneider, Trainer der Zweitliga-Frauen des NHTC, fügt hinzu, dass seine Spielerinnen in einer möglichen Rückrunde unter derartigen Bedingungen womöglich gar nicht spielen wollen würden. Als Amateur-Sportlerinnen müssten sie neben ihrer Gesundheit auch an ihren Beruf denken. Im Grunde ist die Liga samt ihren Vereinen somit lediglich von einer Warteschleife in die nächste weitergeleitet worden.

Auftakt der nächsten Diskussionsrunde ist der kommende Freitag, an dem eine Task-Force den Klubs mögliche Szenarien für die Fortsetzung der ersten und zweiten Bundesligen vorstellen wird. Fest steht bereits vorher, dass die Saison nicht auf Basis der aktuellen Tabellenstände gewertet wird. "Diese Schwebe finde ich kontraproduktiv", sagt Wesley, dem ein Schlussstrich lieber gewesen wäre. Im Kampf um die internationalen Plätze geht es aber auch im Hockey um Geld: Die Sponsoren wollen ihre Teams auf der großen Bühne sehen. Und beim Geld hört der Spaß bekanntlich auf.

Für den NHTC hat sich die Situation demnach nicht grundlegend verändert. "Egal, wann es weitergeht, müssten wir auch dann eine gute Mannschaft haben, die fit ist", sagt Wesley. Die Aussetzung ist lediglich eine Verschnaufpause. Eines haben die Nürnberger ihren besser betuchten Konkurrenten im Westen und Norden immerhin voraus: ihre traditionell klubimmanente Kaderplanung. Während für andere die Unklarheit über Modus und Fortsetzung der Saison auch Transferzusagen erschwert, schauen sich die Franken in erster Linie beim eigenen Nachwuchs nach Verstärkung um - und der köchelt sowieso schon seit Wochen auf demselben Herd wie das Bundesliga-Team.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: