Formel 1:Ein bisschen Wehmut - dann ist Schluss

Formel 1 - Rennen in Hockenheim 2018

2020 wohl keine Formel-1-Strecke: der Hockenheimring (hier beim Rennen 2018).

(Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Die Formel 1 gastiert wahrscheinlich zum vorerst letzten Mal am Hockenheimring.
  • 2020 werden wohl zwei der vier Strecken rausfallen, die für das Jahr noch keinen Vertrag besitzen: das sind Monza, Barcelona, Mexiko-Stadt und Hockenheim.
  • "Monza scheint gesetzt zu sein", glaubt Jorn Teske, der künftige Geschäftsführers der Hockenheim-Ring-GmbH. Bei den übrigen werde "am Ende die Regel Money rules entscheiden. Für 2020 haben wir also einen Wettbewerbsnachteil."

Von Philipp Schneider, Hockenheim

Der Rennwagen, den die Zuschauer am Wochenende am Hockenheimring kreisen sehen werden, ist eines der dominantesten Autos der Geschichte. In einem Jahr hat dieser Wagen mal nur drei Rennen nicht gewonnen und seinen Fahrer schon in Spa, also vier Rennen vor Saisonende, überaus vorzeitig zum Gewinn der Weltmeisterschaft geschaukelt. Aus Sicht der Zuschauer beim Deutschland-Grand-Prix gibt es einen feinen Unterschied zwischen Lewis Hamiltons silbernem Mercedes W10, der die genannten Zahlen in diesem Jahr noch überbieten könnte, und dem roten Wagen, den sie ebenfalls erleben werden: Michael Schumachers Ferrari F2004 soll die Zuschauer an die großen Zeiten des Motorsports am Hockenheimring erinnern, nicht an die sportliche Monotonie der Gegenwart. Am Steuer des 15 Jahre alten Ferraris wird der 20 Jahre alte Mick Schumacher sitzen, nicht sein Vater Michael. Ein bisschen Wehmut soll noch einmal aufkommen beim Anblick dieser PR-Veranstaltung. Und dann ist Schluss. Dann verabschiedet sich die Formel 1 wahrscheinlich vom Hockenheimring und somit aus Deutschland.

Der Name Schumacher zieht noch immer, glaubt Jorn Teske. Er hofft, dass er mit den Showrunden des Sohns einige Zuschauer an die Strecke locken kann, die sonst nicht kommen würden. Die vielleicht keine Lust mehr haben, weil Vettel, anders als noch im Vorjahr, nicht als Titelkandidat mitrollt, sondern als trauriger Statist. Teske, 51, ist sozusagen der Erbe des Schlamassels zwischen dem Hockenheimring und Liberty Media, dem Rechteinhaber der Formel 1.

Am 1. September wird der ehemalige Prokurist offiziell das Amt des Geschäftsführers der Hockenheim-Ring-GmbH bekleiden, der Betreibergesellschaft der Rennstrecke. Am Tag zuvor wird er Georg Seiler, 66, in den Ruhestand verabschieden, der die Dinge an der Rennstrecke 40 Jahre lang geregelt hatte. Teske ist jetzt schon derjenige, der das Betriebsklima auf einem erträglichen Niveau halten muss. Er sagt: "Selbst wenn wir keine Lösung für 2020 erzielen, dann glaube ich nicht, dass wir das Ende der Formel 1 in Hockenheim erleben werden. Die Gespräche werden danach weitergehen."

Gespräche mit Liberty Media verlaufen anders als Gespräche mit dem Ein-Mann-Unternehmen Bernie Ecclestone, dem der amerikanische Unterhaltungskonzern im September 2016 die Rechte abgekauft hat. Die Diskussionen sind zäh. Mit Ecclestone, sagt Teske, habe Seiler ebenfalls hart verhandelt, "aber es wurde schneller abgeschlossen und weniger hinterfragt".

Im Grunde hatten die Hockenheimer die Formel 1 schon im Vorjahr verabschiedet. Dass noch einmal gefahren wird, liegt daran, dass es der von Liberty eingeplante Grand Prix in Miami nicht in den Rennkalender schaffte. Und daran, dass sich Mercedes als Titelsponsor anbot und bei der Finanzierung aushalf. 2020 sieht die Situation allerdings weit schlechter aus. Nach Lage der Dinge wird es bei 21 Rennen bleiben. Und weil im Kalender bereits zwei neue Zwischenstopps eingeplant sind - in Vietnams Hauptstadt Hanoi und auf der Dünenstrecke von Zandvoort in den Niederlanden - werden zwei der vier Strecken rausfallen, die für 2020 noch keinen Vertrag besitzen: das sind Monza, Barcelona, Mexiko-Stadt und Hockenheim.

"Monza scheint gesetzt zu sein", glaubt Teske. Bei den übrigen werde "am Ende die Regel Money rules entscheiden. Für 2020 haben wir also einen Wettbewerbsnachteil." Die Formel 1 hat 2018 110 Millionen Dollar Verlust gemacht, also zieht es sie nach China, nach Bahrain, nach Aserbaidschan. Rechtsstaatlichkeit und Rennsporttradition sind keine Kriterien. Dass die Amerikaner neulich den Kontrakt mit Silverstone verlängerten, lag auch daran, dass sie glaubten, Lewis Hamilton, den letzten verbliebenen vortrefflich vermarktbaren Fahrer, nicht seines Heimrennens berauben zu dürfen.

Die Nebengeschichte zur Formel 2

Der Hockenheimring ist neben Silverstone und Spielberg der einzige Grand Prix, in den keine staatlichen Fördermittel fließen. Der Grand Prix in Österreich wird aber von Red Bull betrieben. Seiler hatte die fehlende Unterstützung von Land und Bund stets als unfair empfunden: "Wir bringen der Region pro Rennen zwölf Millionen Euro Umsatz und dem Land acht Millionen Euro Steuern, und trotzdem werden wir von allen vernachlässigt, das kann's nicht sein", hatte er vorgerechnet.

Teske sieht das ähnlich. Aber er findet auch, dass sich die Formel 1 Gedanken machen müsse, ob sie "für den Erhalt von strategisch wichtigen Traditionsstrecken auch Kompromisse bei der Antrittsgebühr" mache. Teske will Seilers Null-Risiko-Haltung beibehalten, die besagt, dass garantiert sein müsse, dass die Hockenheim GmbH keinesfalls Verlust macht mit der Formel 1. Das Dilemma sei: "Letztlich verkaufen wir ein Produkt, das wir gar nicht beeinflussen können. Wir sind völlig davon abhängig, wie spannend der WM-Verlauf ist. Und ob deutsche Piloten um das Podium kämpfen können oder nicht." Deshalb auch die Showläufe von Mick Schumacher, zu denen es noch eine unerfreuliche Nebengeschichte gibt.

Würde am Hockenheimring parallel eine Veranstaltung der Formel 2 ausgerichtet, müsste Schumacher gar nicht erst in einen Oldtimer steigen. Er würde ja ein Rennen fahren. Monatelang haben Teske und Seiler auf eine Einigung hingewirkt. Aber dann sei ihnen vermittelt worden, dass es auch in der Formel 2 ein begrenzte Zahl an Rennen gebe. Und dass auch die Formel 2 refinanziert werden müsse. "Es wurde immer von einem financial gap geredet", sagt Teske. Dabei sei bei Schumachers Formel-1-Testfahrten in Bahrain ersichtlich geworden, "wie groß das Interesse an dem jungen Mann ist".

Da klingt mit: Sollte es der junge Mann eines Tages in die Formel 1 schaffen, könnte er auch den Hockenheimring dorthin zurückbringen.

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