Hochsicherheitsspiel FCB - BVB:"Es sind Rechnungen offen"

Hochsicherheitsspiel FCB - BVB: BVB gegen Bayern - ein Risikospiel? Beim Champions-League-Finale in London vergangenes Jahr zeigt ein Fan Sympathien für beide Mannschaften.

BVB gegen Bayern - ein Risikospiel? Beim Champions-League-Finale in London vergangenes Jahr zeigt ein Fan Sympathien für beide Mannschaften.

(Foto: imago sportfotodienst)

400 gewaltbereite Fans, 400 Polizisten: Zum Spitzenspiel zwischen Bayern München und Borussia Dortmund rechnet die Polizei mit heftigen Auseinandersetzungen und ruft ein Hochsicherheitsspiel aus. Fanbetreuer wundern sich.

Von Mathias von Lieben

"Wir rechnen mit heftigen Auseinandersetzungen", sagt der stellvertretende Pressesprecher der Münchner Polizei Thomas Baumann. Die Polizei hat das Spitzenspiel zwischen Bayern München und Borussia Dortmund deshalb als Hochsicherheitsspiel eingestuft. "Zwischen den beiden Fanlagern sind noch einige Rechnungen vom Champions-League-Finale offen", fügt er hinzu. In London sind vergangenes Jahr BVB- und Bayern-Fans aneinander geraten und prügelten sich fünf Minuten lang. Die Polizei befürchtet seitdem Racheaktionen.

Mit 71 000 Zuschauern ist die Allianz-Arena ausverkauft, aus Dortmund reisen 7 000 Fans an. 300 davon stuft die Polizei als gewalttätig ein, unter den Bayern-Fans sind es 100. Die Münchner Polizei will deshalb 400 Beamte einsetzen.

Jochen Kaufmann leitet das Fanprojekt München und betreut die Fans des FC Bayern. Er ist enttäuscht von dem Vorgehen: "Ich verstehe nicht, warum die Polizei im Vorfeld der Partie so viel Panikmache betreibt und ein Hochsicherheitsspiel mit 400 Beamten ausruft. Das ist eine Vorverurteilung aller Fans und für das Verhältnis zwischen Polizei und Fans nicht gerade förderlich", sagt er. Die Zahl der Beamten sei für Münchner Verhältnisse hoch, "die Fans werden es als eine Art Drohung auffassen".

Bei normalen Bundesligaspielen von Bayern München kommen 200 bis 250 Beamte zum Einsatz, gegen den BVB sind es eher doppelt so viele. In einer Durchschnittssaison stuft die Polizei zwischen fünf und zehn Begegnungen als Hochsicherheitsspiel ein. In Absprache mit den szenekundigen Beamten (SKB) beider Fanlager entscheidet die örtliche Polizeidirektion vor jedem Spieltag individuell, wie viele Polizisten eingesetzt werden und ob ein Spiel als Risikospiel deklariert werden muss.

Fanbetreuer Kaufmann weiß zwar von den Ausschreitungen beim Champions-League-Finale, das sei jetzt aber mehr als 18 Monate her: "Es gab inzwischen noch vier weitere Spiele zwischen Dortmund und Bayern. Da ist außer ein paar kleinen Scharmützeln nichts passiert." Er vermutet, dass die Polizei schon im Vorfeld ihre Arbeit legitimieren wolle.

Polizei-Eskorte vom Bahnhof zum Stadion

Die ist überzeugt von ihrer Strategie: "Wir werden die Fans von Borussia Dortmund schon am Bahnhof abholen und zum Stadion begleiten", sagt Baumann. Einige Fans werden dafür gesondert ab dem Aussteigen aus Bus oder Bahn von der Polizei eingekesselt und mit der U-Bahn zum Stadion geführt. Wollen sie vor dem Spiel in die Innenstadt, müssen sie damit rechnen, von der Polizei observiert zu werden.

"Zusätzlich werden unsere szenekundigen Beamten die Münchner Anhänger im Auge behalten und wenn nötig mehr Personal anfordern", sagt Baumann. Schon bei den vergangenen Spielen in München sei es vermehrt zu Körperverletzungsdelikten gekommen. Das soll jetzt verhindert werden.

Nordrhein-Westfalen geht einen anderen Weg: Innenminister Ralf Jäger hat vor der Saison ein deeskalierendes Konzept installiert. Es sollen Fußballspiele identifiziert werden, bei denen die Polizeistärke und somit auch die Kosten reduziert werden können.

In Bremen will Innensenator Ulrich Mäurer die Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen in Zukunft auf die Deutsche Fußball-Liga (DFL) umlegen. Bislang werden solche Einsätze vollständig von der öffentlichen Hand gezahlt. Dass die DFL darüber nicht glücklich ist, war abzusehen. Auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) ist entrüstet und entzog den Bremer Spielverderbern prompt das kommende EM-Qualifikationsspiel von Deutschland gegen Gibraltar.

In München stehen diese Vorstöße (noch) nicht zur Debatte. Die Kooperation mit szenekundigen Beamten und Fanbetreuern der Gästefans funktioniert laut Polizei bisher gut. Die Mehrkosten für das größere Polizeiaufgebot zahlt in München weiterhin der Steuerzahler.

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