FC Augsburg:Nicht weggestreikt, aber weggehintereggert

Eintracht Frankfurt - Martin Hinteregger

Bald wieder für die Eintracht am Ball: Martin Hinteregger (r.).

(Foto: Silas Stein/dpa)

Martin Hinteregger ließ vor seinem Wechsel nach Frankfurt wenig Zweifel daran, dass er Augsburg verlassen wollte. So ist er zum Beispiel einer Branche geworden, für die er eigentlich kein Beispiel sein wollte.

Kommentar von Sebastian Fischer

Zu den vielen Eigenarten des nicht so typischen Fußballers Martin Hinteregger gehört auch die, dass er sich lange geweigert hat, ein Smartphone anzuschaffen. Die in seiner Branche ausgeprägte Suche nach schneller öffentlicher Anerkennung gefiel ihm nicht. Es ist deshalb nicht frei von Ironie, dass ein mit dem Smartphone gefilmtes Video nun das vorerst letzte Kapitel einer Geschichte darstellt, die sich um die Frage dreht, was für ein Typ dieser Fußballer Hinteregger eigentlich ist. Die Antwort wiederum verrät etwas über seine Branche: über den Fußball im Jahr 2019 und den Einfluss von Fußballprofis auf den Transfermarkt, auf dem sie selbst gehandelt werden.

Am Dienstag haben sich der FC Augsburg und Eintracht Frankfurt nach wochenlangen Verhandlungen über die Höhe der Ablöse auf einen Wechsel Hintereggers von Augsburg nach Frankfurt geeinigt. Die vorangegangenen Kapitel sind oft erzählt worden. Der 26 Jahre alte Verteidiger gab im Januar ein Interview, in dem er seinen damaligen FCA-Trainer Manuel Baum kritisierte. Das war im Grunde nicht so dramatisch, doch der Verein war in Unruhe, und Hinteregger bemühte sich nicht um Deeskalation. Augsburg suspendierte ihn - und verlieh ihn für die Rückrunde zur Eintracht, wo er stark spielte, wegen seiner unprätentiösen Art zum Fan-liebling aufstieg und ursprünglich auch gleich bleiben wollte, bevor er zunächst nach Augsburg zurückkehrte. Es gibt auch aus der Frankfurter Zeit ein Handyvideo: Hinteregger, wie er in einem Kiosk gemeinsam mit Fans ein Lied singt, das sie für ihn geschrieben haben. Das neue Video dürfte nun ähnlich berühmt werden.

"Schick das der Kronen Zeitung und sag, du willst 20 000 Euro", das hört man einen Mann zum Urheber sagen. Doch dieser entschied sich anders, und deshalb kann man auf Youtube ansehen, was einerseits das Privatleben des Fußballers zeigt, andererseits unprofessionelles Verhalten: Hinteregger, wie er betrunken über die Straße torkelt und von seinem nüchternen Mitspieler Kevin Danso gestützt wird. Die Augsburger Allgemeine berichtete über die Szenen, die sich offenbar am Samstag nach einem Mannschaftsabend des FC Augsburg abspielten, unweit von Bad Häring, wo der Klub im Trainingslager war. Tags darauf fehlte Hinteregger im Training. Am Mittwoch sollte er den Medizincheck in Frankfurt absolvieren.

"Es ist viel vom Streiken und vom Provozieren die Rede, das ist aber Schwachsinn", hatte Hinteregger im Trainingslager gesagt, nachdem er auf einem Mannschaftsfototermin gefehlt hatte: "Wenn ich streiken wollen würde", so erklärte er weiter, "da bliebe ich wie Caiuby und Neymar zwei Wochen im Urlaub." Dass Fußballprofis ihre Arbeitgeber dazu zwingen, ihre persönlichen Karrierepläne zu erfüllen, ist seit den Wechseln der früheren Dortmunder Pierre-Emerick Aubameyang und Ousmane Dembélé ein meist mit Empörung kommentiertes Thema. In der Bundesliga war der frühere Augsburger Caiuby so ein Fall, gerade ist es Neymar von Paris St.-Germain. Und Hinteregger?

Er hat nicht gestreikt, aber er hat sich so verhalten, dass wenig Zweifel daran blieben, dass er in Augsburg nicht mehr spielen wollte. Und so ist er auf seine ganz persönliche Art und Weise zum Beispiel einer Branche geworden, für die er ursprünglich kein Beispiel sein wollte.

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