Hertha BSC:Windhorst macht Schluss

Hertha BSC: Könnte eine teure Scheidung werden: Lars Windhorst und Hertha BSC.

Könnte eine teure Scheidung werden: Lars Windhorst und Hertha BSC.

(Foto: Matthias Koch/Imago)

Nach der Spionage-Affäre bietet Investor Lars Windhorst Hertha BSC den Rückkauf seiner Anteile für 374 Millionen Euro an - und erhebt massive Vorwürfe gegen Klubpräsident Kay Bernstein.

Von Javier Cáceres, Berlin

Investor Lars Windhorst hat sein Engagement beim Fußball-Bundesligisten Hertha BSC für beendet erklärt. Wie es in einer am Mittwoch von seiner Finanzholding "Tennor Group" verbreiteten Erklärung heißt, bietet er Hertha BSC den Rückkauf seiner Anteile "zum damaligen Kaufpreis" von 374 Millionen Euro an. Nur wenige Stunden später ließ die Hertha erkennen, dass sie diese Offerte nicht annehmen werde. Der Bundesligist bot Tennor bloß "die Unterstützung bei der Käufersuche in einem geordneten Investorenprozess im besten Interesse von Hertha BSC und Tennors Investoren und Gläubigern an". Windhorst erwarb seit seinem Einstieg im Sommer 2019 knapp 65 Prozent an der Profiabteilung der Hertha.

Der Entschluss, bei der Hertha auszusteigen, bildet den vorläufigen Höhepunkt einer seit Tagen die Schlagzeilen nährenden Spionageaffäre rund um Windhorst und die Hertha. Ende vergangener Woche hatte die Zeitung Financial Times (FT) über einen Rechtsstreit vor einem israelischen Gericht berichtet, der nahelegte, dass Windhorst mit Hilfe einer israelischen Sicherheitsfirma namens Shibumi Strategy Ltd. den Sturz des ehemaligen Hertha-Präsidenten Werner Gegenbauer betrieben haben könnte. Im Kern ging es um angeblich ausstehende Honorare.

Doch aus den als Beweismitteln vorgelegten Dokumenten des inzwischen offiziell für "geschlossen" erklärten Falles ging vor allem dies hervor: dass bei der Operation angeblich nachrichtendienstliche Methoden angewendet wurden.

Der mit Windhorst unversöhnlich zerstrittene Gegenbauer war im Mai 2022 nach 14 Jahren als Hertha-Präsident zurückgetreten. Windhorst hat die Darstellung der FT als "Unsinn" bezeichnet. Hertha BSC übergab die Angelegenheit einer Anwaltskanzlei - zur Prüfung und Bewertung. Im Raum steht zudem ein Ausschluss von Windhorst als Hertha-Mitglied.

Windhorst attackiert Gegenbauers Nachfolger Kay Bernstein: "Vorverurteilungen"

In seinem Statement erhebt Windhorst nun massive Vorwürfe gegen Kay Bernstein, Gegenbauers Nachfolger als Hertha-Präsident. "Statt gemeinsam mit uns an der Aufklärung zu arbeiten, hat Präsident Bernstein entschieden, sich ohne Prüfung der Beweislage den Vorverurteilungen anzuschließen", schreibt Windhorst. Bernstein habe überdies "in einem Gespräch mit uns als Ziel seiner Aktivitäten den 'Break' mit Tennor und Lars Windhorst benannt. Unter diesen Voraussetzungen ist eine weitere Zusammenarbeit zum Wohle von Hertha BSC ausgeschlossen", fügt Windhorst hinzu.

Spannend wird nun die Frage sein, was mit Windhorsts Anteilen geschieht. Der Bundesligist dürfte zwar daran interessiert sein, die Anteile wieder unter seine Kontrolle zu bekommen. Doch um dieses Ansinnen umzusetzen, fehlt es an etwas Elementarem: nämlich an 374 Millionen Euro. Hertha lässt seit vergangener Woche eine Kanzlei prüfen, wie die Spionageaffäre rechtlich zu bewerten ist.

Dabei dürfte es letztlich auch um die Frage gehen, ob man eine juristische Grundlage dafür findet, die Anteile Windhorsts einzuziehen. Die Hürden dafür gelten aber als hoch. Daneben bliebe auch die Möglichkeit eines Verkaufs an Dritte durch Windhorst. Das ist nach SZ-Informationen aber nicht ohne Weiteres möglich. Dem Vernehmen nach kann Windhorst über seine Anteile bei einem etwaigen Weiterverkauf nicht völlig frei verfügen: Demnach habe sich die Hertha angeblich für bestimmte Konstellationen vertraglich Vetorechte zusichern lassen.

Klar ist: Windhorsts Abschied ist unumkehrbar. Nach Auswertung der vergangenen drei Monate - also den ersten 100 Tagen Amtszeit von Bernstein - sei klar, dass es "keine Basis und keine Perspektive für eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen der Tennor Group und Hertha BSC geben wird", erklärt Windhorst. Das ist insofern überraschend apodiktisch, als noch am Freitag als ausgemacht galt, dass Windhorst sich an einer Medienrunde aus Anlass der ersten "100 Tage Bernstein" beteiligen würde.

Nun heißt es: "Alle Gespräche mit dem neuen Präsidenten Kay Bernstein haben uns gezeigt, dass zwischen den Erklärungen und dem dann folgenden Verhalten des Präsidenten ein großer Unterschied besteht. Es gab zu keinem Zeitpunkt eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe über wesentliche Fragen der Entwicklung von Hertha BSC." Auch sei sein Angebot, "Hertha BSC beim Aufbau weiter finanziell zu unterstützen" und also neue Mittel zuzuschießen, abgelehnt worden, schreibt Windhorst. "Präsident Kay Bernstein ist erkennbar an einer vertrauensvollen und seriösen Zusammenarbeit nicht interessiert." Auch diese Darstellung wies Hertha scharf zurück. Es habe vielmehr direkte Kontakte zwischen Vertretern der Hertha und Windhorst gegeben. Auch habe es eine Verabredung für ein weiteres Treffen gegeben, das nun hinfällig sein dürfte.

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