Hertha und Köln verlieren:Acht Gegentore im Abstiegskampf

Sowohl Hertha BSC als auch der 1. FC Köln präsentieren sich am 33. Spieltag nicht erstligareif. Nun entscheidet sich in den letzten 90 Minuten, wer von beiden in die Relegation darf - und wer absteigen muss. Für die Schalker bedeutet das 4:0 die direkte Qualifikation für die Champions League. Huntelaar trifft doppelt und führt nun die Torschützenliste vor Gomez an - und auch Raúl verabschiedet sich nicht ohne ein Geschenk.

Martin Anetzberger

Nach einer halben Stunde schickte Schalkes Stürmer Klaas-Jan Huntelaar eine erste ernstgemeinte Warnung auf das Tor der akut abstiegsbedrohten Hertha. Den Kopfball auf die linke untere Ecke wehrte der ehemalige Bayern-Keeper Thomas Kraft jedoch stark ab. Doch schon wenig später zeigten seine Vorderleute, dass sie die Warnung des Holländers nicht ernst genommen hatten: Joel Matip durfte zwanzig Meter vor dem Tor quer zum Strafraum laufen und diagonal auf Huntelaar passen. Der lief frei auf Kraft zu und machte diesmal Ernst: Mit einem kräftigen Flachschuss aus zentraler Position ließ er dem Berliner keine Chance - Saisontor Nummer 26.

Von Anfang an hatten sowohl die Schalker auf den Rängen als auch auf dem Platz viel dafür getan, Raul den Abschied in seinem letzten Heimspiel besonders schwer zu machen. Die Fans sorgten für großartige Stimmung und Schalke setzte die Hertha von Beginn an unter Druck, um den dritten Platz - er bedeutet die direkte Qualifikation für die Champions League - vor Verfolger Borussia Mönchengladbach zu verteidigen.

Hertha konnte zunächst nur kontern, war dabei aber alles andere als ungefährlich. Nach einem starken Distanzschuss von Ronny (4. Minute) konnten die Schalker nur zur Ecke klären. Der Brasilianer war für Andreas Ottl in die Mannschaft gerückt, weil Otto Rehhagel zuletzt mit dessen Kämpferqualitäten nicht zufrieden war. Lewan Kobiashwili und Peter Niemeyer waren wegen einer roten beziehungsweise gelb-roten Karte gesperrt.

Die Führung der Schalker spielte dem ebenfalls stark abstiegsgefährdeten und zwei Punkte vor den Berlinern auf dem Relegationplatz liegenden 1. FC Köln in die Karten. Doch der hatte nicht lange Grund zur Freude.

Nach kämpferisch starkem Beginn spürte das Team um den geschwächten Lukas Podolski (Nebenhöhleninfekt) die hohen Temperaturen an der Dreisam - der Kommentator hatte vor Spielbeginn hochsommerliche 34,5 Grad vermeldet. Die gastgebenden Freiburger gingen wohl auch aufgrund ihrer sicheren Tabellenposition etwas spielerischer zu Werke und kamen erst von der zwanzigsten Minute an gefährlich vor das Tor von Michael Rensing. Und dieser andere ehemalige Bayern-Torwart leistete sich nur kurz nach der Schalker Führung gegen die Hertha einen üblen Schnitzer (36.).

Daniel Caligiuri brachte den Ball bei einem Konter des Sportclubs nach vorne und legte dann auf die rechte Seite zu Mensur Mujdza. Der wurde von einem Kölner Verteidiger abgedrängt und konnte den Ball nur noch mit der Pike auf das Torwarteck bringen. Rensing ließ den harmlosen Schuss jedoch im Fallen unter der Schulter durch: 1:0 für Freiburg.

In der Halbzeitpause waren die Hertha-Fans auf Schalke und die Anhänger des 1. FC Köln in Freiburg somit genauso schlau wie vor Anpfiff. Es stand 1:1 im Fernduell zwischen dem FC und den Berlinern - nach Gegentoren.

Doch keine 120 Sekunden nach Wiederanpfiff ließ Lukas Podolski die Kölner mit seinem 18. Saisontor wieder auf den sicheren Relegationsplatz hoffen. Von der halbrechten Seite zog er fünf Meter vor dem Strafraum in die Mitte und traf mit einem flachen Linksschuss zum Ausgleich.

Doch die Freiburger Antwort ließ nur kurz auf sich warten: Zuerst traf Rosenthal noch den Pfosten, doch dann brachte Caligiuri eine Volley-Flanke fast von der Eckfahne auf den Fuß von Karim Guedé, der den Ball an Rensing vorbei ins kurze Eck drückte (54.). Auf der anderen Seite vergab der zur Pause eingewechselte Milivoje Novakovic freistehend vor Baumann (57.).

Huntelaar schenkt Hertha den zweiten Joker

Auf Schalke hatte sich nur kurz zuvor Huntelaar daran erinnert, dass er der Hertha pro Halbzeit einen Joker gewährt und nach starker Vorarbeit von Lewis Holtby eine hundertprozentige Chance verdaddelt (50.). Doch Schalke blieb auch in den Minuten danach überlegen und hatte durch einen Kopfball von Raul (60.) eine weitere Chance. Entlastung gelang der Hertha jetzt kaum mehr. Holtby nutzte schließlich die nächste gute Gelegenheit (73.), als er nach einem langen Ball und einer Brustvorlage von Huntelaar mit einem satten Linksschuss Kraft zum zweiten Mal überwand.

Die Partie auf Schalke war damit gelaufen. "Es waren zu viele Spieler auf dem Platz, die keine Körpersprache haben, die zu still sind. Kobiaschwili und Niemeyer hätten uns sehr geholfen. Am Ende mussten wir aufpassen, dass wir nicht abgeschossen werden", sagte Rehhagel nach dem Spiel.

Die entscheidende Frage lautete nur noch: Kann der FC sich gegen Freiburg wenigstens noch einen Punkt erkämpfen?

Nein, er konnte es nicht. Als wollten die Freiburger sich jetzt auf keinen Fall nachsagen lassen, den Abstiegskampf in irgendeiner Weise zugunsten Kölns beeinflusst zu haben, sorgte Caliguri mit einem schön gezirkelten Schuss ins rechte Eck für die Entscheidung (84.). Kölns Coach, Frank Schaefer, sagte hinterher: "Wir haben verdient den Ausgleich erzielt. Dann haben wir uns aber selber um diesen Schwung gebracht. Nach dem 1:3 war es dann natürlich gegen eine euphorisierte Freiburger Mannschaft sehr schwer für uns."

Dass Raul sich auf Schalke noch mit einem Stocher-Tor von den Fans verabschiedete, Huntelaar seiner zweiten Warnung noch ein zweites Tor folgen ließ (Treffer Nummer 27) und Freiburg noch das 4:1 erzielte (Sebastian Freis, 90.), änderte nichts mehr daran, dass erst am letzten Spieltag entschieden wird, ob Hertha oder Köln direkt in die erste Liga absteigt und wer in die Relegation darf. Dürfen deswegen, weil der FC Augsburg durch ein 0:0 bei Borussia Mönchengladbach nun fünf Punkte Vorsprung vor dem 1. FC Köln hat und damit sicher im Oberhaus bleibt.

Schalke ist der Champions-League-Platz nicht mehr zu nehmen und Klaas-Jan-Huntelaar liegt jetzt in der Torschützenliste vor Bayern-Stürmer Mario Gomez.

Köln spielt am letzten Spieltag gegen die nur noch an das Champions-League-Finale denkenden Bayern. Hertha empfängt die TSG 1899 Hoffenheim mit dem einst in Berlin entlassenen Trainer Markus Babbel. Der hatte in einem Interview mit dem Tagesspiegel verlauten lassen, dass Hertha BSC mit ihm als Trainer "hundertprozentig nicht abgestiegen wäre".

Am nächsten Samstag wird sich zeigen, ob sich die Berliner gegen den ehemaligen Coach die Chance für den Nichtabstieg in der Relegation erhalten.

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