Süddeutsche Zeitung

Hertha und Gladbach spielen Unentschieden:Spannendes Projekt zum Einschlafen

In einem "Topspiel" mit wenigen Highlights trennen sich Hertha BSC und Borussia Mönchengladbach 0:0 - und sind am Ende dennoch zufrieden. Auf den Hauptstadtklub wartet nun möglicherweise eine Winterpause mit einem personellen Umbruch.

Von Javier Cáceres

Im Grunde war alles gesagt, als Matthias Ginter nach dem vermeintlichen "Topspiel" des Samstags vor die Journalisten getreten war und seinen Eindruck der letzten 90 Minuten Dienstzeit des Jahres 2019 zum Besten gab. "Zum Einschlafen - also für die Zuschauer" sei die Partie bei Hertha BSC gewesen, sagte Nationalverteidiger Ginter voller Aufrichtigkeit. Die Visite beim "spannendsten Fußballprojekt Europas", wie der Berliner Trainer Jürgen Klinsmann seine Hertha apostrophierte, als er Aufsichtsrat und noch nicht Trainer war, endete für die Gladbacher mit einem 0:0-Unentschieden - und die Hinserie der Saison 2019/20 mit einem respektablen zweiten Platz, den die Gladbacher mit einiger Zufriedenheit quittierten. Denn dass RB Leipzig Herbstmeister sein würde, das stand schon vor der Partie aufgrund der Tordifferenz weitgehend fest; jenseits davon habe man "eine sehr gute Hinrunde" gespielt, sagte Trainer Marco Rose. Hertha wiederum beschließt das Kalenderjahr im Mittelfeld der Tabelle, fünf Punkte vor dem Relegationsplatz (Werder Bremen, 14 Zähler), aber mit einem Makel: Der Stadtrivale aus Köpenick, der 1. FC Union, wird das Ende in jedem Fall vor der Hertha beschließen.

Bei Hertha laben sie sich dennoch an den Resultaten der letzten Wochen. Die Partie gegen die Gladbacher war die dritte ohne Gegentor nacheinander und die vierte Partie ohne Niederlage. Und: Sie entsprach vollends dem Muster der Spiele der letzten Wochen. Die Herthaner wandten wieder den größten Teil ihrer Konzentration dafür auf, um so koordiniert wie möglich Räume zu verengen, die Physis im erlaubten Rahmen einzusetzen, im Fall von Kontermöglichkeiten ins Tempo zu kommen. Die Mönchengladbacher kamen nicht einmal ansatzweise ins Spiel, die Herthaner hingegen schafften es gleich einige Male gefährlich vor das Tor von Yann Sommer. Einmal flog der Ball von Außenstürmer zu Außenstürmer, also von Javairo Dilrosun zu Dodi Lukébakio, letzterer aber bekam die Stirn nicht richtig auf den Ball, er flog übers Tor (19.). Dann wieder jagte der frühere Nürnberger Eduard Löwen einen direkten Freistoß auf die Querlatte (22.), sieben Minuten später strich ein Schuss von Lukébakio (29.) knapp am Tor vorbei. Auf der anderen Seite hatten die Gladbacher gerade eine Chance zu bieten - doch Marcus Thuram scheiterte im Strafraum an Herthas Torwart Rune Jarstein (39.).

Nach der Pause sortierte sich das Spiel neu. Die Gladbacher beschworen durch einen größeren Mut zu individuellen Aktionen auch mehr Gefahr herauf. Aber: Thuram (53.), Denis Zakaria (55.), Alassane Pléa (59.), Breel Embolo (61./64.) scheiterten allesamt. Danach hielt das Spiel kaum noch Nachrichten parat - was wohl auch daran liegt, dass die Gladbacher noch die frischen Enttäuschungen verarbeiteten. In der Europa League gegen Baskasehir Istanbul und in der Bundesliga in Wolfsburg hatten sie jeweils letztminütige Treffer kassiert, die Niederlagen bedeuten. "Wir lernen dazu", sagte Christoph Kramer.

In Berlin wird über Personalfragen bei der Hertha diskutiert

Auf die Hertha wartet absehbar ein interessanter Winter, mit Gerüchten rund um interessante Personalien. Am Samstag ließ Spielmacher Ondrej Duda in der Zeitung Berliner Kurier erkennen, dass er gewillt sei, den Verein zu verlassen. Zuvor hatte Salomon Kalou ähnliche Gedanken geäußert, denn so wie Duda ist auch Kalou offenbar keine Option für Klinsmann. Zuletzt bekam auch Pascal Köpke, der Sohn des Bundestorwarttrainers Andreas Köpke, als Einwechselspieler den Vorzug vor Vedad Ibisevic, immerhin Hertha-Kapitän. Umgekehrt gibt es Gerüchte um eine Verpflichtung Mario Götzes (Borussia Dortmund) sowie des früheren Gladbachers Granit Xhaka vom FC Arsenal. Doch ob die "Gunners" ihn wirklich ziehen lassen wollen, ist offen. Einerseits, weil Mikel Arteta als Trainer beim FC Arsenal neu ist und noch nicht erkennen lassen hat, ob er auf den Schweizer Xhaka zählen will oder nicht. Andererseits hat Arsenal gerade im defensiven Mittelfeld keine großen Optionen.

Trainer Klinsmann beteuerte, dass er aktuell nur mit den jetzigen Mitgliedern des Kaders plant, was dann komme, liege in den Händen von Manager Michael Preetz. Ansonsten sei er gespannt, was 2020 biete, sagte Klinsmann. Es werde ein Jahr, das "mit einem Hammer beginnt" - am 19. Januar mit dem Besuch des Rekordmeisters FC Bayern München. "Und dann holen wir uns ein Pünktchen nach dem anderen", fügte der Neu-Berliner hinzu.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4733129
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.12.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.