Hertha siegt 2:0:Drei Punkte für die Europareise

Beim Tabellenletzten gewinnt Berlin erstmals in diesem Jahr auswärts. Der Erfolg in den ungeliebten pinken Trikots bringt die Hertha ihrem großen Saisonziel ganz nahe.

Von Tobias Schächter, Darmstadt

Wer in der nächsten Saison in der zweiten Liga antreten muss und wer auf Europapokal-Spiele hoffen darf, das war an diesem Samstagabend in Darmstadt nicht zu erkennen. Die Fans des SV Darmstadt 98 feierten ihre Mannschaft trotz des feststehenden Abstiegs und der 0:2-Niederlage gegen Hertha BSC Berlin. So als ob diese in ein paar Monaten nicht gegen Heidenheim, sondern den FC Arsenal spielt. "So etwas habe ich auch noch nicht erlebt", gestand Hertha-Trainer Pal Dardai: "Das war ein Fußballfest, Kompliment für diese Mentalität."

Aber auch die Berliner strahlten. Mit dem Sieg sicherten sie sich vor dem letzten Spieltag als Fünfter die beste Ausgangsposition im Kampf um die direkte Europa-League-Qualifikation. Ein Sieg am kommenden Wochenende gegen Leverkusen würde alle Rechenspiele obsolet machen: Freiburg als Sechster hat aktuell einen Punkt weniger als die Hertha, der 1. FC Köln als Siebter drei Punkte weniger - aber das bessere Torverhältnis. "Wir werden gegen Leverkusen noch einmal alle Reserven mobilisieren", versprach Dardai. Schließlich erinnert sich der Trainer noch genau an das vergangene Jahr, als seine Mannschaft im Saisonfinale auf den Qualifikationsplatz abgerutscht war. Nun baut Dardai vor dem letzten Spieltag auf eine Qualität, auf die die Berliner sich zuletzt verlassen konnten: ihre Heimstärke.

Darmstadt 98 - Hertha BSC

Ball und Gegner im Blick: Der Berliner Marvin Plattenhardt (l.) ist dem Darmstädter Marcel Heller auf den Fersen.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

In der Fremde war ja bis zum Abpfiff in Darmstadt im Kalenderjahr 2017 nichts zu holen gewesen. Neun Auswärtsspiele in Serie hatten die Berliner verloren - oft in den von den Fans ungeliebten pinkfarbenen Trikots. "Nur echt in Blau-Weiss" hatten die Hertha-Fans daher auf ein riesiges Banner in Darmstadt geschrieben. Doch es waren die rosa Shirts, in denen die Berliner ihre bittere Serie beendeten.

Dardai baut groß um für den ersten Auswärtssieg 2017

"Diesen Rekord habe ich wohl ewig", haderte Trainer Dardai über die Pleitenserie in fremden Stadien. Der Ungar erklärte, er habe in Darmstadt wegen der Erfolglosigkeit "etwas Neues" probiert. Statt der gewohnten 4-2-3-1-Grundordnung ließ Dardai seine Elf in einem 4-4-2 mit Salomon Kalou und Vedad Ibisevic als Doppelspitze auflaufen. "Wir wollten lauern und bei Balleroberungen schnell nach vorne spielen", erklärte der Trainer.

Dardai hatte zudem aufgrund vom Sperren und Verletzungen auf wichtigen Positionen umstellen müssen. Für die beiden etatmäßigen Innenverteidiger Sebastian Langkamp und Jonathan Brooks verteidigten der zuvor lange verletzte Niklas Stark und Talent Jordan Torunarigha. Letzterer köpfte nach einer Freistoß-Flanke von Marvin Plattenhardt sogar das frühe 2:0 (28.). Zuvor hatte Salomon Kalou per Kopf nach Hereingabe von Mittelfeldmotor Vladimir Darida die Führung besorgt (14.). Besonders Stark, 22, ("Er hat seine Gesundheit riskiert, das ist gut für die Mentalität der ganzen Mannschaft") und Torunarigha, 19, ("Er ist ein wunderschönes Vorbild für die Jugendspieler und zeigt, wie schnell es gehen kann") erhielten ein Lob von Dardai. Der Trainer glaubt vor dem Saisonfinale gegen Leverkusen: "Wir sind bereit."

Darmstadt 98 - Hertha BSC

Gefühlt der glücklichste Absteiger aller Zeiten: Die Darmstädter Spieler, vorne Hamit Altintop, verabschieden sich nach dem Abpfiff von den Fans.

(Foto: Frank Rumpenhorst/dpa)

Darmstadt wird dagegen absteigen. Um die Leistungsträger Aytac Sulu, Jerome Gondorf oder Hamit Altintop auch in der zweiten Liga zu halten, "bieten wir mehr als wir können", sagte Trainer Frings. Aufhören wird übrigens Darmstadts Pressesprecher Tom Lucka. Er geht nach drei Jahren im Profifußballzirkus auf Weltreise. Die Hertha würde sich schon über eine Reise durch Europa freuen.

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