Hertha - Hoffenheim (15.30 Uhr):Lehrling fordert Lehrmeister

Links Trainer Huub Stevens VfB Stuttgart rechts Cheftrainer Pal Dardai Hertha BSC Berlin VfB

Wiedersehen alter Bekannter: Hoffenheim-Trainer Huub Stevens (l.) (im Bild noch bei Stuttgart) und Berlins Coach Pal Dardai.

(Foto: imago)

Pal Dardai hat unter Huub Stevens gelernt, nun treffen sie als Trainer aufeinander.

Von Korbinian Eisenberger, Berlin

Wenn der Lehrling seinen Lehrmeister trifft, ist das meist eine zweischneidige Angelegenheit. Ein bisschen Ehrfurcht wird erwartet, angesichts der lehrreichen Jahre. Andererseits gibt es kaum bessere Gelegenheiten, um es dem einstigen Vorgesetzten zu beweisen. Welche Motivation bei Pal Dardai, Cheftrainer von Hertha BSC Berlin, überwiegt, lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Vor dem Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim an diesem Sonntag gab sich der Ungar jedenfalls betont höflich. "Das ist eine Mannschaft mit guter Qualität, Schnelligkeit, Spielintelligenz", sagte Dardai und fügte hinzu: "Und einem guten Trainer." Gemeint war damit der Tabellenletzte der Bundesliga - und dessen Chefcoach Huub Stevens.

Am Sonntag, ab 15.30 Uhr, sind die beiden Trainer zum zweiten Mal Gegner, das erste Aufeinandertreffen zwischen Dardei und Stevens (damals noch beim VfB Stuttgart) am 6. März endete 0:0. Eine tragende Rolle bei Dardais Analyse spielt jene Zeit, in der sie gemeinsam bei Hertha BSC angestellt waren. Von Juli 2002 bis Dezember 2003 wirbelte und pflügte Dardai im Trikot der Berliner durchs Mittelfeld - und Stevens saß auf dem blauen Stuhl, auf dem heute Dardai bei Heimspielen Platz nimmt. "Er war schon als Profi ein Teamspieler, der immer das Ganze im Blick hatte", sagte Stevens jüngst: "Solche Spieler denken schon ein bisschen wie ein Trainer." Nach einer starken ersten Saison und Platz fünf in der Ligatabelle konnte aber auch Dardai seinen Chef nicht mehr retten. Im Sommer 2003 verlor die Hertha ein Spiel nach dem anderen - und Stevens verlor seinen Job.

"Ich nenne ihn heute noch Trainer!"

Eindruck muss der Niederländer bei Dardai, 39, dennoch hinterlassen haben. Neben Hans Meyer und Jürgen Röber nennt er stets auch Stevens, 61, als prägende Persönlichkeit seiner Profi-Laufbahn: "Ich nenne ihn heute noch Trainer!"

Dardai steht jetzt mit seiner Hertha weit oben in der Bundesliga-Tabelle. Im November 2015 scheint der Ungar jenem sportlichen Auftrag gerecht werden zu können, für den der einstige Manager Dieter Hoeneß ehedem Stevens zur Hertha lotste. Ambition damals war das Erreichen der Champions League - was später folgte, war der Absturz in die zweite Liga. Womöglich hat auch Dardai ein bisschen die Absturzgefahr im Hinterkopf, wenn er prophezeit, dass es "ein schwieriges Spiel" gegen die Stevens-Hoffenheimer werde. Eine Warnung ist ja noch aktuell: Jenes 0:5 vor elf Monaten, als Hoffenheim die Berliner im Olympiastadion auseinandernahm.

Hoffenheim gelang in dieser Saison erst ein Sieg

Derzeit verbreitet die Hoffenheimer Offensive allerdings wenig Schrecken, das letzte Bundesligator wurde vor mehr als einem Monat erzielt. Es spricht momentan tatsächlich nur wenig für Stevens und seine Elf, und viel für Dardai und dessen Hauptstadt-Auswahl. Bei Hoffenheim fehlt der gesperrte Kapitän Pirmin Schwegler, Hertha muss vermutlich nur auf den am Außenband verletzten Mitchell Weiser verzichten, für ihn könnte Tolga Cigerci ins Team rücken. Allerdings hat Hertha das letzte Heimspiel verloren, mit 1:4 gegen Mönchengladbach. Den Hoffenheimern gelang an zwölf Spieltagen erst ein Sieg - es war ein 3:1 beim FC Augsburg. Favorit ist also Dardai, der Lehrling. Außenseiter ist der Lehrmeister.

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