Kleine Leseprobe aus der Hauptstadtpresse vom Montag: "Gegen 17 Uhr verließen beide ihre Suite im Hotel Kempinski. SIE in edler Silber-Jacke mit feiner Hose und schwarzer Tasche. ER im schlichten schwarzen Anzug mit weißem Hemd und roter Streifen-Krawatte. In Ottos Luxus-Limousine fuhren sie an den schönen Tegeler See . . ." - Herrlich, nicht?
Seit Berlin zur Fußball-Monarchie zurückgekehrt ist, kann auch im Sportteil endlich wieder mit angemessener Bewunderung über die herrschende Klasse berichtet werden. Schon deshalb ist es ein Geschenk, dass Hertha BSC den greisen Otto I. aus dem Exil zurückgeholt hat. Wann wurde je über Ottos bürgerliche Vorgänger Markus Babbel ("Mit fiebrigem Blick verließ er das Tattoo-Studio am Ku'damm . . .) oder Michael Skibbe ("Mürrisch und mit zu viel Gel in den Haaren verließ er die Sky-Kneipe an der Ecke . . .) mit so leichter Poesie berichtet wie nun über Otto Rehhagel, der am Sonntag samt Gemahlin Beate vom Außenminister zum Abendessen in die Borsig-Villa geladen wurde?
Man kommt nicht umhin, feierlich festzustellen, dass rund um die Hauptstadtrepräsentanz des deutschen Fußballs seit Ottos Ankunft ein fast aristokratisch anmutender Ton eingezogen ist, der sogar abfärbt ins nahe Regierungsviertel hinein.
Es begann damit, dass der Grüne Jürgen Trittin im Gesellschaftsmagazin Superillu Rehhagels Tapferkeit lobte ob der Tatsache, dass der nun eine Mannschaft betreue, "die in ihrem Management derart suizidal veranlagt ist wie Hertha BSC". Diese hübsch formulierte Alltagsbeobachtung reicherte Trittin mit einem Aperçu an: "Der Fisch stinkt immer am Kopf, so ist das mit Hertha." Das hatte bereits ein Niveau, da konnte der Hertha-Präsident Werner Gegenbauer natürlich nicht mit einer normalen Pressemitteilung reagieren. Sondern mit einer Pressemitteilung, in welcher er empfahl, Trittin solle "einfach Mal die Fresse halten".
Nun also Joschka Fischer: "Was hindert die Leute bei Hertha daran, mal einen finanziellen und sportlichen Fünfjahresplan aufzustellen? Das müssten die doch eigentlich hinbekommen." Sagte Fischer dem Kicker. Fasziniert fragt man sich, was wohl als nächstes kommt.
"Weit nach Mitternacht verließ SIE das Kanzleramt. All die Nöte hatte SIE hinter sich gelassen, den Rösler, den Euro, den Putin, die Verkehrssünderdatei. In fliederfarbenem Frühlingsmantel und voller Vorfreude bestieg SIE den Rücksitz ihres Dienstwagens, dem Fahrer zuraunend: "Hotel Kempinski!"