Hertha BSC und Ex-Trainer Babbel:"Das hätten wir hinbekommen"

Vor dem entscheidenden Abstiegsspiel stichelt Markus Babbel gegen Berlins Manager Michael Preetz. Babbel kommt als Trainer von 1899 Hoffenheim nach Berlin - und ist wild entschlossen, seinen früheren Verein endgültig in die zweite Liga zu befördern.

Boris Herrmann, Berlin

Wenn man die deutsche Medienlandschaft in diesen Tagen nach dem Stichwort "Babbel" durchsucht, dann liest man sehr viel von tief sitzenden Stacheln, von üblem Nachgetrete sowie von fiesen Giftpfeilen mit der Flugrichtung Berlin. Dort herrscht bekanntlich Endzeitstimmung, zumindest in jenem blau-weißen Teil der Stadt, der mit dem schwer abstiegsbedrohten Fußballklub Hertha BSC sympathisiert. Klar, dass alles, was da im Entferntesten nach einem Giftpfeil aussieht, besonders schlecht ankommt.

Der langjährige Hertha-Spieler Pal Dardai hat Babbel einem Medienbericht zufolge zum "Hassobjekt" erklärt. Die Agenturen tickern mit ungewohnt dadaistischer Note vom "täglichen Babbel-Gebrabbel", gleichzeitig heißt es, Hertha habe seinem ehemaligen Trainer einen anwaltlich geprüften "Maulkorb" verpasst, ihn mithin an seine Verschwiegenheitspflicht aus dem aufgekündeten Vertrag erinnert. Der Rosenkrieg zwischen dem Berliner Manager Michael Preetz und seinem einstigen Aufstiegskumpel Babbel scheint endgültig zu eskalieren.

Zunächst einmal ist dazu zu sagen: Markus Babbel, 39, ist ein höflicher Mann. Höflich genug jedenfalls, um auch angesichts der gegenwärtigen Nachrichtenlage noch pünktlich zum lange vereinbarten Termin anzurufen, ein wohlerzogenes "Grüß Gott" zu wünschen und dann in aller Ruhe Fragen zu Hertha BSC zu beantworten. Von einem Maulkorb weiß er nichts. Er sagt: "Ich kann im Moment eh' wenig ernst nehmen, von dem, was ich lese und höre."

Was er liest und hört, das sind vor allem Interpretationen dessen, was andere wiederum von ihm gelesen und gehört haben. Markus Babbel hat zuletzt in mehreren Interviews betont, dass er mit seinem neuen Klub, der TSG Hoffenheim, am Samstag in Berlin "mit aller Macht gewinnen" wolle und dass er keine Rücksicht auf die Lage von Hertha BSC nehmen werde. Die Berliner müssen gegen Hoffenheim bekanntlich gewinnen, um noch eine Chance auf den Klassenerhalt zu haben, die sich ohnehin nur dann böte, wenn der FC Bayern gleichzeitig beim 1. FC Köln punkten würde.

Babbel sieht natürlich auch ein, dass es sich um eine unfassbare Gemeinheit des Spielplans handelt, wenn er, der Verjagte, nun ins Olympiastadion zurückkehrt, um seinen alten Kameraden den mutmaßlich letzten Stoß in den Abgrund zu versetzten. Was Babbel nicht einsieht, ist, wo denn jetzt hier der Giftpfeil sein soll. "Was erwartet man von mir eigentlich? Das ich nach Berlin fahre und sage: Bitte gewinnt gegen uns! Und dass ich am besten noch mit der 1c-Aufstellung spiele?"

Babbel sagt, er wolle dieses Spiel gewinnen, weil er Angestellter der TSG Hoffenheim sei, und nicht, weil er mal ein Angestellter bei Hertha war. Und noch ein Punkt ist ihm wichtig: "Ich habe auch eine Verpflichtung der Bundesliga und dem 1. FC Köln gegenüber. Die setzen auch die Hoffnung in uns, dass wir uns in Berlin nicht abschlachten lassen."

Das hat bislang weiß Gott auch keiner verlangt. Vielleicht ist es auch weniger der Inhalt als der Zeitpunkt seiner Redebeiträge, der ihn Berlin für helle Aufregung sorgt. Babbel wiederum ist der Ansicht: Wenn man gefragt wird, gebietet es die Höflichkeit, dass man antwortet.

"Das hätten wir hinbekommen"

Auch das könnten nun wieder einige als versteckte Spitze deuten, denn Babbel hat ja immer wieder betont, der ganze Schlamassel mit ihm und Berlin habe damit begonnen, dass man ihm sein Recht auf eine ehrliche Antwort bezüglich seiner Zukunft nehmen wollte. Und am Ende stand er als "Lügenbaron" da. Inzwischen ist es Babbel leid, seine Version des Tathergangs vom November und Dezember 2011 zu rezitieren. Fast schon versöhnlich klingt es, wenn er sagt: "Man hat sich getrennt, weil man Gespräche verschieden interpretiert hat."

Weniger versöhnlich klingt sein sportlicher Rückblick auf diese Hertha-Saison, in der unter dem Trainer Babbel 20 und unter allen vier anderen Trainern insgesamt acht Punkte zustande kamen. Babbel sagt: "Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass Hertha mit mir nicht abgestiegen wäre. Das wäre einfach nicht passiert." Weil er die Berliner Medienlandschaft inzwischen zu kennen glaubt, merkt er schnell an: "Aber auch das ist kein Angriff auf den Verein. Das ist einfach meine Überzeugung. Ich konnte mich mit dem Trainerteam einschätzen, ich konnte die Mannschaft einschätzen. Das hätten wir hinbekommen."

In Hoffenheim und um Hoffenheim herum wird berichtet, Babbel habe Interesse, es bei der TSG im kommenden Jahr mit den Herthanern Pierre-Michel Lasogga und Christian Lell hinzubekommen. Der SZ sagte er in aller Höflichkeit: "Wir sprechen keine Spieler an, die mitten im Abstiegskampf sind. Danach müssen wir schauen, was uns sportlich weiterbringt und ob da jemand von Hertha mit dabei ist."

Auf dem Berliner Gerüchtemarkt bahnt sich derweil schon die nächste Pointe an. Angeblich soll Babbels Vorgänger in Hoffenheim ein heißer Kandidat sein, um in Berlin Babbels Nachfolger zu werden. Seine Name: Holger Stanislawski. Babbel hat davon gehört. "Ich traue es dem Stani in höchstem Maße zu", mehr will er dazu allerdings nicht sagen. Schlechter Zeitpunkt.

Babbel hat dann noch so eine Art Friedensangebot für seine Berliner vorbereitet: "Hertha war froh, dass sie mich los waren. Ich bin froh, dass ich jetzt bei der TSG bin. Also sind ja alle zufrieden." Wärend dieser Satz nachklingt, entsteht der Gedanke, ob es nicht langsam ein guter Zeitpunkt wäre, dass sich die Herren Preetz und Babbel einfach mal auf ein Bier träfen. Der Gedanke ist dann aber schnell wieder verflogen. Babbel sagt: "Ich suche mir die Leute schon aus, mit denen ich Bier trinke."

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