Hertha BSC:Wie die Träume von Julian Schieber wahr wurden

Hertha BSC: Julian Schieber nach seinem Tor in der 95. Minute.

Julian Schieber nach seinem Tor in der 95. Minute.

(Foto: AP)

Der Stürmer von Hertha BSC hat seit März 2015 nicht mehr getroffen, wird gegen Freiburg eingewechselt und sieht den Ausgleich in der 93. Minute. Dann kommt sein großer Moment.

Von Javier Cáceres, Berlin

Es gibt Momente, die sind für Fußballer unbezahlbar, Julian Schieber erlebte am Sonntagnachmittag einen davon. "Für so etwas ist man Fußballer, davon träumt jeder Stürmer", sagte der Stürmer von Hertha BSC, und die Schweißperlen rannen ihm über die Stirn, als hätte er gebadet. Insgesamt neun Minuten stand Schieber gegen den Bundesliga-Aufsteiger SC Freiburg als Einwechselspieler auf dem Feld. Doch das reichte, um in der 95. Minute zur entscheidenden Figur der Partie zu werden, die von einer dramatischen Schlussphase lebte - und mit einem glücklichen, gleichwohl verdienten 2:1-Sieg für Hertha endete.

Als Schieber hineinkam, führte Hertha durch einen Treffer von Vladimir Darida aus der 63. Minute. Dann erlebte Hertha etwas, was Linksverteidiger Marvin Plattenhardt "eine gefühlte Niederlage" nannte: Der Aufsteiger glich in der dritten Minute der Nachspielzeit nach einem Eckstoß von Vincenzo Grifo durch Nicolas Höfler aus. Danach aber kam Herthas Schieber - mit einem "Stochertor", wie der Schütze selbst es nannte, beziehungsweise einem "Eigentor", wie Freiburgs Trainer Christian Streich klagte, weil ein Abwehrspieler seiner Mannschaft den Ball noch ablenkte.

Einerlei, sagten sich die Berliner ob eines Triumphs, der sogar Trainer Pal Dardai zum Jubeln auf den Platz trieb: "Dieser Sieg spricht für den Teamgeist, die Mentalität von ganz Hertha BSC", sagte Dardai. Vor allem freute er sich für den Siegtorschützen. "Wir haben die ganze Woche darüber geredet und jetzt hat es geklappt", sagte Dardai. Es war der erste Bundesliga-Treffer des lange verletzten Schiebers für Hertha seit März 2015.

Dardai selbst hatte vor der Partie mit einer personellen Überraschung aufgewartet. Erst vor zehn Tagen hatte er den Schweizer Nationalspieler Fabian Lustenberger als Kapitän entmachtet; am Sonntag stand just dieser Lustenberger in der Anfangself, als defensiver Mittelfeldmann neben Per Skjelbred. Für ihn musste Stürmer Solomon Kalou auf die Bank. Die Zugänge des Sommers saßen entweder verletzt auf der Tribüne (Ondrej Duda, von Legia Warschau) beziehungsweise neben Kalou unter den Ersatzspielern, wie im Falle des spät eingewechselten Alexander Esswein (FC Augsburg) und des vom FC Liverpool ausgeliehenen Allan Souza.

Die Hertha hatte Probleme mit der taktischen Disziplin und dem Positionsspiel der Freiburger

Mit den bewährten Kräften der Vorsaison und der gleichen taktischen Ausrichtung der vergangenen Spielzeit riss Hertha im Prinzip vom Anpfiff weg das Spielgeschehen an sich. Die Berliner ließen den Ball ruhig, fast eine Spur zu routiniert durch die eigenen Reihen laufen, insbesondere über Darida. Aufsteiger Freiburg hingegen brachte eine in unzähligen Taktik-Seminaren geschulte, gymnasiale Außenseiterstrategie zur Aufführung. Das Freiburger Spiel nach vorne geriet aber zu keimfrei, als dass sich eine attraktive Partie hätte entwickeln können.

Gleichwohl: Die Hertha stellte die taktische Disziplin und das gute Positionsspiel der Freiburger vor Probleme. Die Berliner ließen Schnelligkeit und Würze der Überraschungsmomente vermissen. Zwingende Torchancen waren Fehlanzeige - bis Rechtsverteidiger Mitchell Weiser nach knapp einer halben Stunde es einmal aus der Distanz versuchte. Sein Rechtsschuss strich allerdings am Tor vorbei. Die Freiburger kamen ihrerseits nur einmal wirklich gefährlich vors Berliner Tor, als Vincenzo Grifo in der 38. Minute im Strafraum der Berliner zum Schuss kam. Der Ball wurde jedoch abgeblockt.

Nach der Pause änderte sich das Bild insofern, als Hertha bemüht war, aggressiver zu Werke zu gehen - trotz der brutalen Hitze. Die Gastgeber multiplizierten ihre vertikalen Aktionen. Das erhöhte zunächst zwar die Fehlerquote, führte aber dazu, dass das Spiel farbenfroher wurde. Erster Ausfluss dessen war, dass Darida nach dem ersten konsequent vorgetragenen Konter der Hertha in aussichtsreicher Position zu einem von der Freiburger Abwehr geblockten Schuss kam (54.). Danach häuften sich die Gefahrensituationen. Zunächst prüfte Freiburgs Maximilian Philipp die Fäuste von Herthas Torwart Rune Jarstein; dann tat es ihm Herthas Japaner Genki Haraguchi auf der Gegenseite nach, auch Freiburgs Torwart Schwolow war auf dem Posten.

Wenige Minuten danach konnte Schwolow dem Ball nur hinterher schauen, als Kapitän Nicolas Höfler eine Kopfballabwehr derart verrutschte, dass der Ball am Querbalken landete. Dann folgte der vorentscheidende Auftritt von Darida, nach einer feinen, von Haraguchi eingeleiteten und vom neuen Hertha-Kapitän Vedad Ibisevic mustergültig begleiteten Aktion. Der Bosnier leitete Haraguchis Pass auf Darida weiter, der sich die Zeit nehmen konnte, den Ball neben den rechten Pfosten zu setzen. Doch für wirkliche Furore sorgte die Nachspielzeit, mit dem unglücklichen Ende für die Freiburger: "Wir sind in der Bundesliga angekommen", sagte Trainer Streich voller Bitternis.

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