Hertha BSC im Abstiegskampf:Boatengs Blaupause

Hertha BSC im Abstiegskampf: Der Berliner Kevin Prince Boateng (vorne) im Zweikampf mit Freiburgs Kiliann Sildillia.

Der Berliner Kevin Prince Boateng (vorne) im Zweikampf mit Freiburgs Kiliann Sildillia.

(Foto: Philipp von Ditfurth/dpa)

Die Hertha-Profis nehmen das 1:1 in Freiburg zum Anlass, etwas zuversichtlicher in die Zukunft zu blicken. Das Ergebnis ist aber vor allem deshalb "Gold wert", weil Schalke und Stuttgart verlieren.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Kevin-Prince Boateng hatte genau mitgezählt und war dementsprechend gut vorbereitet auf die Unterstellung eines Berliner Reporters, er habe beim 1:1 seiner Hertha in Freiburg "mehr als eine Stunde" auf dem Platz gestanden. "Es waren 67 Minuten", konterte er. Und diktierte daraufhin einen enthusiastischen Satz nach dem anderen in die Blöcke: "Die Jungs sind super die Wege gegangen, die ich vielleicht nicht mehr so gehen kann", sagte der 36-Jährige, der zuvor sieben Monate nicht mehr in der Startelf gewesen war. Und überhaupt: "Wir hatten uns vorgenommen, dass wir so ein Spiel wie gegen Hoffenheim nie mehr zeigen dürfen."

Damals, beim vorletzten Auswärtsspiel, hatte man sich wehrlos in eine Niederlage gegen einen direkten Abstiegskonkurrenten gefügt. Diesmal reichte ein solider, konzentrierter Auftritt, um in einem insgesamt schwachen Spiel einen Punkt zu holen, den Boateng "Gold wert" fand. Schließlich hatten Schalke 04 und der VfB Stuttgart parallel gerade ihre Spiele verloren.

Es ist allerdings fraglich, ob die Hertha an diesem Nachmittag gepunktet hätte, wenn Freiburgs Jonathan Schmid sich beim Ausgleichstreffer durch Jessic Ngankam nicht so hilfsbereit gezeigt hätte. SC-Trainer Christian Streich sprach das nach der Partie auch genauso deutlich an, wie er bereits bei der Kommentierung des Ergebnisses - "das ist Scheiße, aber verdient für Hertha" - gewesen war: "Er ist vorne dran, was soll sein Gegenspieler da machen? Aber er lässt sich abkochen."

Man hätte im Falle einer Berliner Niederlage möglicherweise auch gefragt, ob es wohl nur Pech ist, wenn ein Stürmer wie Dodi Lukebakio gleich drei große Chancen liegenlässt. Zumal, wenn er dabei einmal allein auf den gegnerischen Keeper Mark Flekken zuläuft und später so frei zum Kopfball kommt, wie das in der Bundesliga eigentlich nicht üblich ist.

Nach dem Rückstand gingen die Blicke diesmal nicht nach unten

Und vielleicht hätte man sich auch den Freiburger Treffer zum 1:0 mit Stirnrunzeln angeschaut: Der Sportclub steht schließlich auch wegen seiner Stärke bei Standards so gut in der Tabelle da. Genau das war von Berliner Seite vor dem Spiel auch thematisiert worden. Und tatsächlich schien Trainer Sandro Schwarz, der nach dem Foul von Boateng an Eggestein sehr nachdrücklich den Kopf schüttelte, das Unheil schon vorauszusehen: Vincenzo Grifo, der Freistoßspezialist beim SC, schloss diesmal flach ab und traf, abgefälscht von Tolga Cigerci, zum Freiburger 1:0.

Doch nach solchen Kritteleien stand nach diesem Spiel keinem Berliner der Sinn. Denn genau diese sogenannten Basics, die man bei der Hertha bei so vielen Spielen zuletzt vermisst hatte, die stimmten diesmal: Der dezenten Freiburger Feldüberlegenheit begegnete man mit defensiver Disziplin und konsequenter Zweikampfführung. Und, noch wichtiger: Nach dem 0:1-Rückstand gingen diesmal die Blicke nicht in Richtung Boden, stattdessen wurde auf den Ausgleich hingearbeitet. "Geil, sehr geil", fand das Boateng, der versprach, dass der Freiburger Auftritt die Blaupause für die nähere Zukunft sein werde: "Das heute ist das Hertha-BSC-Gesicht für die nächsten acht Spiele."

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