Dass sich ein hochklassiges Umfeld positiv auf die eigene Leistungsfähigkeit auswirken kann, ist kein Geheimnis. Schwieriger ist es da schon, sich ein solches Umfeld zu organisieren – und oft ein langer Weg. Bei den WWK Volleys Herrsching wird man die Länge dieses Weges am Donnerstag so gut veranschaulicht sehen, wie es im Profisport selten vorkommt. Denn der Volleyball-Erstligist empfängt zum Achtelfinale des europäischen Challenge Cups Ankara. Allerdings wird nicht im bereits belegten BMW Park gespielt, sondern in der Herrschinger Nikolaushalle; an jenem Ort also, an dem die Reise auf die große europäische Bühne vor zehn Jahren mit dem Aufstieg einer Studententruppe in die erste Liga und frechen Sticheleien gegen die Etablierten begann.
Herrsching ist mittlerweile längst selbst etabliertes Mitglied der oberen Tabellenhälfte. Dabei, den Anschluss nach ganz oben zu schaffen, soll der europäische Wettbewerb helfen. Geschäftsführer Max Hauser schätzt die Auswirkungen der Europacup-Teilnahme dafür als überaus relevant ein. Es sei in der Vereinsentwicklung „der nächste logische Schritt für uns gewesen, dass wir in Europa aufschlagen und sowohl bei anderen Teams als auch bei Spielern an Prestige gewinnen“, sagt er. „Es hat viel mit Ansehen zu tun, wenn man international vertreten ist, und natürlich noch mehr, wenn man erfolgreich vertreten ist.“
Gegen Teneriffa hatten sich die Oberbayern dank einer starken Leistung im Rückspiel vor heimischer Kulisse durchgesetzt. Trainer Thomas Ranner war froh, „dass wir sportlich gezeigt haben, dass wir es verdient haben, weiterzukommen“. Das Team habe die Chance, „die wir uns in der vergangenen Saison erarbeitet haben“, genutzt. Er sei stolz auf das „für den Verein historische Weiterkommen“, würdigte es aber nicht nur als sportlichen Erfolg, sondern auch als Nachweis dafür, dass das gesamte Umfeld der Aufgabe gewachsen war.
Der europäische Wettbewerb ist materiell betrachtet bis zum Halbfinale ein reines Zuschussgeschäft
Ganz nebenbei hatte Herrsching den stets auf Spektakel erpichten Europäischen Volleyballverband (CEV) mit seinem LED-Boden beeindruckt. Ob die CEV auch deshalb überraschend bereitwillig eine einmalige Sondergenehmingung für das Achtelfinal-Hinspiel in der eigentlich zu niedrigen und zu kleinen Nikolaushalle erteilte, weiß niemand. Ranner fragte vorsichtshalber nicht nach, sondern war froh über die unkomplizierteste Ausweichvariante: „Wir haben danke gesagt, weil alle anderen Optionen sehr aufwendig gewesen wären.“
Der europäische Wettbewerb ist materiell betrachtet ohnehin bis zum Halbfinale ein reines Zuschussgeschäft, wie Hauser bestätigt, „und mit dem Achtelfinallos Ankara ist es jetzt noch mal deutlich kostenintensiver geworden“. Noch schlage sich der Mehrwert des Wettbewerbs nicht in pekuniärem Gewinn nieder, der erwünschte Werbeeffekt hatte sich hingegen schon nach dem ersten Spiel auf Teneriffa eingestellt, als Herrsching vier Trikot-Sätze im Lederhosen-Stil nach Spanien verschickte.
Zuspieler Eric Burggräf bestätigt zudem die Bedeutung des Wettbewerbs für die Athleten. „Der Challenge Cup war einer der Gründe, warum ich in Herrsching verlängert habe“, sagt er. Auch in puncto potenzieller Zugänge geht es gegen Ankara also um mehr als ein Spiel. Das Standing auf dem Transfermarkt hängt immer stärker am internationalen Auftritt. „Für viele ist es ein Kindheitstraum, international zu spielen und ihr Land zu vertreten – denn es kann nicht jeder in die Nationalmannschaft“, sagt Hauser und fügt hinzu: „Aber man kann es zumindest als Verein schaffen.“ Und manchmal reicht für die ganz große Bühne sogar eine eigentlich zu kleine Halle.