Benjamin Henrichs:DFB-Verteidiger macht Hetze öffentlich

Benjamin Henrichs: Benjamin Henrichs nach dem Pokal-Spiel gegen Dortmund.

Benjamin Henrichs nach dem Pokal-Spiel gegen Dortmund.

(Foto: Titgemeyer/Osnapix/Imago)

Nach dem Pokalspiel gegen Dortmund zeigt Leipzigs Nationalspieler Henrichs, wie er in sozialen Netzwerken rassistisch und antisemitisch beleidigt wird.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Manchmal erkennt man das Klima, das in einer Mannschaft herrscht, auch an kleinen Details. Am Mittwochabend zum Beispiel an der sogenannten Rudelbildung, die in der Schlussphase des Viertelfinalspiels von RB Leipzig gegen Borussia Dortmund nach einem Disput zwischen RB-Profi Dominik Szoboszlai und seinem Dortmunder Kollegen Donyell Malen entstand. "Bei der Rudelbildung hat man gesehen: Jeder war da! Jeder wollte für den anderen einspringen!", sagte RB-Nationalspieler Benjamin Henrichs.

Henrichs verwies damit vielleicht auch unbewusst auf eine ähnliche Szene, die sich im Spiel gegen Mainz zugetragen hatte. Dort kam er selbst Dani Olmo zu Hilfe, als der bei einer Keilerei Unterstützung benötigte, während Timo Werner, der dem Ort des Geschehens am nächsten stand, teilnahmslos die Hände in die Hüfte stemmte.

Dass bei RB nun jeder für den anderen "da" ist, geschieht zu einem günstigen Zeitpunkt. Zumindest, wenn man zugrunde legt, dass Henrichs, 26, gerade selbst Unterstützung verdient hat.

In der Nacht zum Donnerstag machte der DFB-Verteidiger in einem sozialen Netzwerk einige "DMs" öffentlich, die er nach dem 2:0 gegen Dortmund erhalten hatte - direkt an ihn adressierte Nachrichten also. "Was geht ab?", fragte Henrichs in einem 40-sekündigen Kurzvideo ins eigene Handy, und reihte dann ein paar dieser Mitteilungen aneinander: "Viel Spaß."

Das ging ihm ironisch und unaufgeregt, und ohne erkennbare Bitterkeit oder Wut über die Lippen - obschon die Beleidigung persönliche Injurien, rassistische und antisemitische Beleidigungen und verhetzende Bemerkungen umfassten. Sie waren auch nicht nur gegen ihn selbst, sondern auch (oder vor allem) gegen seine in Ghana geborene Mutter gerichtet.

Auch sein Arbeitgeber, der in weiten Fankreisen verhasste RB Leipzig, war Ziel der Anfeindungen. Um mal nur die Attacken zu dokumentieren, die noch am ehesten unter das Rubrum jugendfrei fallen könnten: Ein "Robin" drohte Henrichs, dass er ihn und seine Familie finden werde, ein anderer bezeichnete Henrichs als einen "H****sohn", ein dritter User bezeichnete ihn als "fetten Juden", der zusammen mit seiner Familie hoffentlich "vergast" werde.

Auf dem Internetbild, das Henrichs postete, war zu sehen, dass der Letztgenannte offenbar auch nichts dabei fand, Henrichs per Videotelefonat direkt zu kontaktieren. Was zumindest auch dokumentiert, wie sicher sich ein Nazi im Jahre 2023 zu fühlen glaubt.

Wie die SZ am Donnerstag erfuhr, will sich Henrichs derzeit nicht weiter zu dem Vorgang äußern. Dem Vernehmen nach war es mitnichten das erste Mal, dass ihn derartige Mitteilungen erreichten. Auch andere Spieler von RB seien regelmäßig von Schmähungen betroffen. Henrichs soll sich in diesem Fall entschlossen haben, die Beleidigungen per Video öffentlich zu machen, weil er über das Ausmaß der Anfeindungen erschrocken war.

RB Leipzig meldete sich auf seinen sozialen Netzwerken zu Wort, verurteilte "jede Form von Rassismus, Antisemitismus" und betonte, "keinerlei Diskriminierung" zu dulden. Der FC Bayern und die deutsche Nationalmannschaft teilten die Botschaft. Und wenngleich unter den Anfeindungen auch mutmaßlich BVB-Anhänger waren, meldeten sich im Laufe des Donnerstages auch Dortmunder Fans zu Wort und sprachen Henrichs Mut zu. Nach SZ-Informationen prüft Henrichs, rechtliche Schritte gegen die Absender der Hass-Botschaften einzuleiten.

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