Nachruf auf Heinz Kluetmeier:Der Mann, der Bilder sprechen ließ

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Ein Schnauzbart als Weltereignis: Nach einer seiner sieben Goldmedaillen wird US-Schwimmer Mark Spitz von seinen Teamkollegen bei den Olympischen Spielen 1972 in München auf Schultern getragen. Und wirkt doch zerbrechlich. (Foto: Heinz Kluetmeier / Sports Illustrated via Getty Images)

Seine Aufnahmen prägten den Blick auf die Olympischen Spiele 1972 in München: Weil sie kurze Momente zwischen Triumph und Tragödie zu Zeugen ihrer Zeit machten. Ein Nachruf auf den Sportfotografen Heinz Kluetmeier.

Von Holger Gertz

Die Olympischen Spiele von München 1972 waren Bilderspiele. Fernsehen total, 1200 Sendestunden, „kein Lauf, kein Sprung, kein Wurf, der nicht live übertragen oder gefilmt wird“, schrieb der Spiegel. Die TV-Leute hielten das Aufregende dieser Spiele fest – und auch das Erschütternde, nach dem Attentat im olympischen Dorf. München ’72 ist, in seinem Glanz und in seinen Abgründen, noch heute gegenwärtig, weil so viele Bildermacher da waren, die weltbesten Filmer und die weltbesten Fotografen. Einer von ihnen war Heinz Kluetmeier.

Heinz Kluetmeier. (Foto: Paul J Sutton/PCN via Imago)

Seine Bilder überleben in den Archiven. Der spätsommerlich blaue Münchner Himmel. Und das goldene Licht, wie es abends ins Stadion fällt. Kluetmeier fotografierte den Sprinter Walerij Borsow in diesem Licht, er fotografierte in der Olympiahalle die Turnerin Olga Korbut, genannt „Der Spatz von Grodno“ – und er trug dazu bei, sie zum Gesicht der Spiele zu machen. Und einen Schnauzbart zum Weltereignis: Er fotografierte den Schwimmer Mark Spitz, den er gut kannte, als Triumphator. Auf den Schultern seiner Staffelkollegen thronend, eine seiner sieben Goldmedaillen um den Hals. Aber in Kluetmeiers Nahaufnahme – Bilder können sprechen – erkennt man die Fragilität und Durchlässigkeit des Seriengewinners Spitz. Er reckt die Siegerfaust nur linkisch, er strahlt nicht wie ein Dominator. Eher wie ein Junge, der den Moment genießt. Aber auch ganz froh ist, wenn die anderen ihn wieder auf dem sicheren Boden absetzen.

Dem Rest der Welt entrückt: Sebastian Coe siegt bei den Sommerspielen 1980 in Moskau über 1500 Meter. (Foto: Heinz Kluetmeier / Sports Illustrated via Getty Images)

Der Sportfotograf Kluetmeier hat immer mit den Organisatoren der Events geredet, um sich eine ideale Position für seine Kamera zu sichern. In München fiel ihm das besonders leicht, denn er sprach Deutsch. 1942 wurde er in Berlin geboren, 1952 ging die Familie nach Milwaukee, USA. Kluetmeier fotografierte schon als junger Mann, das Amerika der Sechzigerjahre hatte genug Abbildenswertes anzubieten, nicht nur in den Arenen. Die Sportfotografie wurde schließlich Kluetmeiers Domäne, seine olympische Geschichte fing für Sports Illustrated in München an, danach begleitete er die IOC-Karawane bis 2012 durch die Welt. Er experimentierte mit Remote-Kameras und konservierte den Moment, als der Brite Sebastian Coe 1980 in Moskau Gold über 1500 Meter gewann. Die Arme von sich gestreckt, das Gesicht jesushaft entrückt, ein Mann im Grenzbereich zwischen Erschöpfung und Ekstase. Jeder kennt das Bild. Kluetmeier hielt den sensationellen Olympiasieg der US-Eishockeyspieler 1980 fest, das Miracle on Ice. Und fand später unter Wasser die angemessene Position für Beobachtungen von Schwimmern und Schwimmerinnen.

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1972 feierte er mit Mark Spitz und ein paar Freunden im Restaurant, als die Terroristen des Schwarzen September sich im Dorf daranmachten, die friedlichen Spiele zu zerstören. Am nächsten Morgen griff er sich die Kamera und fotografierte unter anderem einen Polizisten, der zum olympischen Dorf hinüberblickt, wo alles ruhig zu sein scheint, unter dem spätsommerlich blauen Münchner Himmel. Aber das war eine Illusion.

Am Dienstag ist Heinz Kluetmeier, Fotograf und Zeitzeuge, gestorben. Er wurde 82 Jahre alt.

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