Auch Manuel Neuer wollte sich das nicht entgehen lassen: Den Start des runderneuerten HC Erlangen in die Rückrunde der Handball-Bundesliga, in der die Mittelfranken gedenken, den Klassenverbleib möglichst schnell zu realisieren. Neuer hat bekanntermaßen familiäre Bande zu den Erlanger Handballern, also verfolgte er mit Frau und Schwiegervater das Spiel gegen die SG Flensburg-Handewitt und bekam somit sieben frisch gebackene Handballweltmeister zu sehen. Schwiegervater Carsten Bissel ist Aufsichtsratsvorsitzender des HCE und hat als solcher in Zusammenarbeit mit der Vereinsführung und diversen Sponsoren die Rahmenbedingungen des Tabellenvorletzten verbessert, was auch den knapp 7000 Zuschauern in der Nürnberger Arena nicht verborgen blieb.
Letztlich gab es zwar eine 26:32-Niederlage gegen den Titelmitfavoriten aus dem hohen Norden, dabei aber zeigten sich die Gastgeber stark verbessert. Zur Pause war das Spiel beim 16:16 völlig offen, die Erlanger hielten nicht nur gleichwertig mit, Trainer Martin Schwalb hätte gerne gewusst, ob eine eigene Führung dem Duell vielleicht sogar eine andere Richtung gegeben hätte: „Es wäre vielleicht ein Pünktchen drin gewesen, aber das ist schon eine sehr abgezockte Mannschaft.“ Über die Qualität dieser Flensburger müsse man nicht lange reden, befand der Erlanger Coach, erwartungsgemäß waren es die dänischen Topspieler Emil Jakobsen, mit elf Treffern auch bester Werfer, Simon Pytlick, Lukas Jörgensen oder Niclas Kirkelokke, die das Flensburger Spiel prägten. „Zum Schluss haben sie uns den Stecker gezogen“, musste Schwalb anerkennen, der aber „stolz darauf war, was wir gemacht haben“.
Was seine Spieler da gemacht hatten, war umso bemerkenswerter, weil die Erlanger im Gegensatz zum Gegner einmal mehr auf wichtiges Personal verzichten mussten. Zwar bewies der serbische Nationalspieler Milos Kos in seinem Debüt auf der linken Rückraumposition sofort seine Qualitäten mit sieben Treffern und einer bisher im Angriff vermissten Torgefahr, aber der zweite neue Topspieler fehlte: Der Halbrechte Viggo Kristjansson kehrte mit einer Knieverletzung von der WM zurück und muss diese „erst richtig auskurieren“, so Schwalb, momentan benötigt ein Meniskus des isländischen Nationalspielers noch etwas Pflege. Für Torhüter Khalifa Ghedbane, der sich ebenfalls bei der WM am Knie verletzte, ist die Saison nach einer OP bereits vorbei, gegen Flensburg stand erstmals Finn Zecher, der per Blitztransfer vom Zweitligisten TuS N-Lübbecke geholt wurde, im Kader.
Spielmacher Sander Overjordet knickt in der zweiten Halbzeit um, ob er am Wochenende spielen kann, ist fraglich
Weil der polnische Nationalkreisläufer Maciej Gebala wegen einer Mandelentzündung passen musste und Kreiskollege Scheerer angeschlagen fehlte, vermisste Trainer Schwalb zwei wichtige Akteure im Innenblock, weshalb Christoph Steinert auf der für ihn ungewohnten Position deckte. Im Angriff kompensierte Martin Wagner die Lücke, der österreichische Nationalspieler zeigte eine herausragende Leistung am Kreis und traf wie Kos siebenmal – allen WM-Strapazen zum Trotz. Trotz der fehlenden Protagonisten wusste auch die Erlanger Defensive zu überzeugen, was an einer vorbildlichen kämpferischen Leistung sowie an Torhüter Dario Quenstedt lag, der sich schon vor der WM-Pause in blendender Form zeigte. Passend zum momentanen Pech der Mittelfranken knickte allerdings Spielmacher Sander Overjordet in der zweiten Halbzeit um, der Norweger kam ja erst kürzlich nach einer auskurierten Herzmuskelentzündung zurück.
Trotz der Niederlage und aller Rückschläge baute der Tabellen-Vorletzte Selbstvertrauen für die kommenden Aufgaben auf, wie Schwalb feststellte: „Wir haben mehr Sicherheit, die Spieler wissen, was sie zu tun haben, was der Nebenmann macht. Das erkennt man natürlich auch an ihrer Ausstrahlung.“ Denn in der dreiwöchigen Pause habe er „zum ersten Mal in Ruhe mit der Mannschaft arbeiten können“, erklärte der Trainer. Die Schonzeit ist nun wieder vorüber, schon am kommenden Sonntag (16.30 Uhr) gastiert der HSV Hamburg in der Nürnberger Arena. Ein Gegner, der zwar „sehr eingespielt“ ist, wie Schwalb nur zu gut aus seiner Hamburger Zeit weiß, aber nicht in die Top-Kategorie der Flensburger fällt. Denn dänische Weltmeister haben die Hanseaten keine in ihren Reihen. Vielleicht wird sich Manuel Neuer dennoch wieder blicken lassen.