HandballDas lange Warten auf die Wende

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Erlangens Trainer Martin Schwalb weiß, dass er vom Verein die nötige Zeit bekommt: „Wir sind weit davon entfernt, uns hängenzulassen.“
Erlangens Trainer Martin Schwalb weiß, dass er vom Verein die nötige Zeit bekommt: „Wir sind weit davon entfernt, uns hängenzulassen.“ (Foto: Daniel Marr/Sportfoto Zink / Imago)

Der HC Erlangen verliert auch das Bundesliga-Heimspiel gegen Wetzlar und verpasst erneut den Befreiungsschlag. Das bringt im Verein aber keinen Entscheidungsträger aus der Ruhe – am wenigsten Trainer Martin Schwalb.

Von Ralf Tögel

Man stelle sich vor, das wäre einen Steinwurf weiter passiert. Direkt neben der Nürnberger Arena, in der bekanntermaßen die Bundesliga-Handballer des HC Erlangen ihre Heimspiele abhalten, befindet sich nämlich das Nürnberger Stadion, die Heimstatt der Club-Fußballer. Die hatten vor nicht allzu langer Zeit ein Tal zu durchschreiten, die Leistungen passten zwar oft, die Ergebnisse dagegen nicht. Und sofort wurde der Trainer angezählt. Der Club kann mittlerweile neben dem ansehnlichen Spiel auch die passenden Ergebnisse vorweisen, Miroslav Klose saß nie komfortabler auf seinem Trainerstuhl.

Auch die Erlanger Handballer durchschreiten derzeit ein Tal, die Leistungen sind nicht einmal schlecht, die Mannschaft kämpft, aber die Ergebnisse bleiben aus. Der HC Erlangen ist Drittletzter, mit zwei mickrigen Pluspünktchen auf dem Konto gleichauf mit dem ersten Abstiegsplatz. Gerade wurde das Heimspiel gegen die HSG Wetzlar 22:25 verloren, gegen einen potenziellen Konkurrenten im Kampf um den Verbleib in der ersten Liga. Und der Trainer? Martin Schwalb könnte nicht fester in seinem Sattel sitzen.

Denn während es beim Club bei der kleinsten Ergebniskrise sofort rumort im Umfeld, bekommt der HC Erlangen Zuspruch von allen Seiten. Wieder waren mehr als 6000 Menschen in der Halle, die Zuschauerzahlen sind hoch wie nie, und wieder gab es anstatt Pfiffen aufmunternden Beifall. Auch in den oberen Vereinsetagen herrscht Zuversicht, was zuvorderst für den Aufsichtsratsvorsitzenden Carsten Bissel gilt. Der Rechtsanwalt ist der starke Mann im Hintergrund, letztlich ist er es, der den Daumen senkt oder hebt. Jetzt sagt Bissel: „Die Stimmung ist trotz allem super, der Trainer wird das hinbekommen.“

Die Niederlage gegen Wetzlar ist leicht zu erklären: „Wir haben alles verballert“, sagt Trainer Schwalb

In der Tat ist der HCE weit entfernt von Aktionismus, zumal bereits getan wurde, was ein Verein zu diesem frühen Saisonzeitpunkt ändern könnte. Nach dem schwachen Start wurde Johannes Sellin Anfang Oktober von Schwalb abgelöst, ein Transfercoup, bei dem sich mancher die Augen gerieben hat. Schwalb ist einer der bekanntesten und erfolgreichsten Trainer hierzulande, hat alle relevanten Vereinstitel gewonnen inklusive Champions League, seine bisherigen Arbeitgeber waren ausschließlich Spitzenklubs. Dem 61-Jährigen gelang es sogar, Trainertalent Sellin zu überzeugen, als sein Co-Trainer zu bleiben. In Marko Bezjak wurde zuletzt ein Champions-League-Sieger aus Kroatien geholt, die Mannschaft hat ein paar Nationalspieler in ihren Reihen wie den Polen Maciej Gebala, Silbermedaillengewinner Christoph Steinert sowie das Torhüter-Duo Klemen Ferlin (Slowenien) und Khalifa Ghedbane (Algerien).

Warum aber bleiben trotz allem die Ergebnisse wie jüngst gegen Wetzlar aus? „Also, so deutlich war das noch nie zu beantworten“, sagt Schwalb, „wir haben einfach alles verballert.“  Einer von neun Versuchen von rechts außen fand ins Ziel, ausgerechnet von jener Position, auf der Senkrechtstarter Tim Gömmel zuletzt so überzeugte. Der erst 19-jährige Gömmel hat sich mit seinen zuletzt gezeigten Leistungen sogar die Nominierung für den vorläufigen Kader zur Weltmeisterschaft im Januar verdient. Und Hampus Olsson, dem erweiterten schwedischen Nationalkader angehörig, machte es nicht besser.

Am Sonntag hielt der ehemalige Nationaltorhüter Till Klimpke im Tor der HSG, was zu halten war – darunter drei Siebenmeter. Egal, ob Routinier Bezjak, Newcomer Gömmel oder der schwedische Rückraumscharfschütze Jonathan Svensson – Klimpke war zur Stelle. „Er hat uns das Spiel gewonnen“, wusste HSG-Trainer Frank Carstens, bei wem er sich zu bedanken hatte.

Lediglich Marek Nissen (7 Tore) und Antonio Metzner (5) hatten passable Quoten, zu wenig für ein Spiel in der so stark besetzten Liga. „13 freie Würfe“ sah der Trainer entweder in den Armen von Klimpke oder am Tor vorbeisausen, in einem Spiel, „das wir gewinnen müssen“. Natürlich halle diese Niederlage noch nach, aber weitreichende Sorgen müsse sich niemand machen, sagt Schwalb.

Warum? „Wenn wir als kopfloser Sauhaufen ziellos herumirren würden, wäre das anders. Aber die Jungs kämpfen wie die Löwen, die Abwehr steht gut, jeder gibt alles. Wir sind weit davon entfernt, uns hängenzulassen.“ Schwalb glaubt, dass es nur eines Schlüsselerlebnisses bedarf, dann würde der Knoten schon platzen. Jetzt gelte es, daran zu glauben und ruhig weiterzuarbeiten: „Wir schaffen den Turnaround, da bin ich sicher.“ Und er weiß auch, dass er die Zeit dafür bekommt.

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