Es ist Tradition beim HC Erlangen, dass sich der Handball-Bundesligist beim Formulieren des Saisonziels in Zurückhaltung übt. Trainer Johannes Sellin, bekanntermaßen neu an verantwortlicher Stelle, hat das genauso gehalten: Er ließ wissen, dass man besser abschneiden wolle als in der Vorsaison. Gemessen an den Leistungen der vergangenen Spielzeit, die die Erlanger nur knapp in der Erstklassigkeit beendet haben, eine scheinbar sehr realistische Vorgabe. Die Leistungen in den beiden ersten Saisonspielen allerdings wurden dem nicht gerecht: Der 28:42-Abreibung beim Titelmitfavoriten in Flensburg, die als verunglückte Standortbestimmung bei einem übermächtigen Gegner durchgehen konnte, folgte eine unansehnliche 24:28-Heimniederlage gegen Eisenach. Ein Gegner, der in einem ähnlichen Leistungsbereich vermutet wurde und gegen den in eigener Halle Punkte geholt werden sollten.
Weil sie in Mittelfranken selten zu Panikreaktionen neigen, geht der Blick zunächst streng nach vorn. Am kommenden Freitag gastiert der TVB Stuttgart in Erlangen, ein Kontrahent, der ebenfalls mit zwei Niederlagen in die noch junge Spielzeit gestartet ist; zudem haben auch die Schwaben bereits mit der Flensburger Klasse Bekanntschaft gemacht, einem 24:33 in Leipzig folgte gegen die Nordlichter eine 25:39-Packung in eigener Halle. Blickt man auf die Tabelle, empfängt der Vorletzte den Letzten, besondere Brisanz will Geschäftsführer René Selke aber auch diesem Vergleich nicht beimessen. Natürlich habe man sich in Flensburg mehr vorgenommen, und natürlich „hat uns die Heimniederlage gegen Eisenachs sehr geärgert“, sagte Selke, gleichwohl wisse man um die Umstände: „Eisenach ist ein Gegner auf Augenhöhe, da muss für uns alles passen, das hat es bisher nicht.“
Spielmacher Bezjak wartet noch auf seine Spielerlaubnis, die EHF prüft, ob seine Sperre in Kroatien auch in der Bundesliga greift
Womit Selke auf die verletzt fehlenden Kreisläufer Sebastian Firnhaber und Maciej Gebala anspielte, gleichzeitig ein kompletter Innenblock. In der Partie gegen Eisenach sei Zugang Sander Överjordet in der Schlussphase auch anzumerken gewesen, dass ihn die Kräfte verließen. Denn dem Spielmacher fehlt derzeit ein Backup: Nico Büdel ist verletzt, und Zugang Marko Bezjak wartet auf die Spielfreigabe des europäischen Verbands EHF, der noch prüft, ob seine Sperre in Kroatien auch in der Bundesliga greift. Allein der Champions-League-Sieger würde das Spielniveau der Erlanger wohl schlagartig anheben.
Dennoch verlangt Trainer Johannes Sellin von den zur Verfügung stehenden Akteuren, endlich jene Verunsicherung abzustellen, die das Spiel schon vergangene Saison lähmte. Im Rückraum werde nur quer gespielt, anstatt mit Druck aufs Tor zu gehen. Ein Lichtblick immerhin war Marek Nissen, der sich kraftvoll in die gegnerischen Abwehrreihen warf. Sellin jedenfalls kündigte schnelle Besserung an, auch von Kreisläufer Tobias Wagner; der österreichische Nationalspieler war kurzfristig für den polnischen Internationalen Gebala verpflichtet worden, von ihm dürfe man bald mehr erwarten.
Das Saisonziel bleibt gleich, schnellstmöglich Punkte für den Klassenerhalt zu sammeln, wie Selke betont. Und: Egal, wie das Spiel gegen Stuttgart ausgeht, „wir werden auch nach dem dritten Spieltag nicht in Panik verfallen“.