Hawaii:Der Ironman muss sich vom Mythos verabschieden

Ironman Hawaii Sebastian Kienle

Sieger 2014: Sebastian Kienle, der sich offensiv gegen Doping positioniert.

(Foto: dpa)

Noch gelingt dem Ironman auf Hawaii die Verklärung der Qual. Dabei braucht der Triathlon dringend eine offensive Haltung gegen Doping.

Von Volker Kreisl

Der Ironman auf Hawaii ist mehr als ein Rennen, er ist ein Phänomen. Da wird nicht nur 3,86 Kilometer geschwommen, 180 km geradelt und 42,195 km gelaufen, da wird gelitten. Es geht durch die aufgewühlte See, dann vorbei an den tückischen Ho'o-Mumuku-Seitenwinden und zu Fuß durch eine glühende Lavawüste. All das ist berüchtigt, legendär, mythisch. Wer das übersteht, der ist ein Eisenmann.

Die besten Eisenmänner waren zuletzt Deutsche und das ist das zweite Phänomen von Hawaii. 16 Podiumsplätze haben sie seit dem Jahr 2000 bei den Männern errungen. Australien kam auf 13, die USA nur auf sechs. Diese beiden Länder waren früher führend. Heute ist die Konkurrenz aus Germany stärker, dessen Triathleten bei Olympia zuletzt fast verschwanden, wohl auch, weil Olympias kürzerer Triathlon weniger mythisch ist als Hawaii. 2014 siegte dort Sebastian Kienle, 2015 Jan Frodeno, am Samstag ist Frodeno wieder Favorit.

Das dritte Phänomen ist die Tatsache, dass der Ironman immer noch ein Phänomen ist, bei dem sogenannte übermenschliche Leistungen bewundert werden. Dabei ist dieser Wettkampf die Vereinigung der am meisten dopingbelasteten Sommersportarten: Zweifel an der Übermenschlichkeit der besten Schwimmer und Dauerläufer gibt es nicht erst seit Aufdeckung des russischen Systemdopings. Und der Mythos der Tour de France als Tour der Leiden ist auch entzaubert. Nur beim Ironman gelingt die Verklärung der Qual noch.

Wie alle Konditionssportarten hat auch der Ausdauer-Dreikampf ein Dopingproblem, jedenfalls seit Triathlon populär und der Anti-Doping-Kampf in den Neunzigern verschärft wurde. Die Liste der Positiv-Fälle ist beachtlich, anfangs handelte es sich um Anabolika, dann um Epo, heute sind es wohl die kaum aufspürbaren Minimaldosen. Umso wichtiger ist es, dass die deutschen Favoriten Frodeno und Kienle, die mit Mitte 30 auf der Höhe ihres Schaffens sind, sich weiterhin offensiv gegen Doping positionieren.

Frodeno fordert lebenslange Sperren für Ersttäter, zunehmend geht es auch um Zusammenarbeit mit Ermittlern und um Transparenz über die Ursachen des Erfolges. In Deutschland steckt ja neben der einsamen Trainingsarbeit auch eine Menge Tüftelei an gutem Material, kluger Saisongestaltung und auch an erlaubter Anwendung von Wissenschaft dahinter.

Am Ende ist auch ein ehrlicher Langdistanzathlet kein Übermensch, sondern ein erfolgreicher Sportler. Damit der Ironman in einer skeptischen Öffentlichkeit überleben kann, muss er sich wohl von seinem Mythos verabschieden.

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