Kai Havertz und der FC Bayern:Das große Wettbieten beginnt jetzt

Kai Havertz beim Spiel Hertha BSC gegen Bayer Leverkusen

Hört aufmerksam zu, wenn es um seine Ablösesumme geht: Leverkusens Spieler Kai Havertz, 20.

(Foto: Andreas Gora/dpa)
  • Leverkusens Sportchef Rudi Völler kündigt mehr oder weniger an, dass Kai Havertz den Klub im kommenden Sommer verlassen wird.
  • Europas Top-Klubs stehen Schlange, um Havertz zu verpflichten. Die Ablöse wird ziemlich sicher mehr als 100 Millionen Euro betragen.
  • Der FC Bayern hat schon sein Interesse bekundet. Aber könnte sich der Klub in einem Sommer Havertz und Coutinho leisten?

Von Philipp Selldorf, Leverkusen

Rudi Völler hat jetzt ein Geheimnis verraten, das kein Geheimnis war. In der Sendung "Wontorra unterwegs" sagte Bayer Leverkusens Sportchef, dass sich vor einigen Wochen Bayern Münchens Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bei ihm gemeldet und nach Kai Havertz erkundigt habe. Das Gespräch sei "freundschaftlich und korrekt" gewesen; Rummenigge habe verständnisvoll reagiert, als er hörte, "dass wir das erstmal nicht machen", berichtete Völler. Die Formulierung "erstmal" besagte, dass Bayer Leverkusen definitiv entschieden hatte, Havertz in diesem Sommer nicht freizugeben. Dass dies aber schon im nächsten Sommer ganz anders aussehen kann.

Man darf annehmen, dass Rummenigge nicht nur deshalb die Fassung bewahrt hat, weil er ein höflicher Mensch und mit Völler seit Jahrzehnten bekannt ist. Die Auskunft dürfte ihm im Grunde recht gekommen sein: Der FC Bayern hätte den offensiv versierten Mittelfeldspieler Havertz zwar auch jetzt schon brauchen können, aber andere Positionen im Kader hatten nach dem Fortgang von Arjen Robben und Franck Ribéry Vorrang. Die Grundsatzentscheidung der Leverkusener bedeutet für die Bayern, dass sie Havertz in diesem Sommer nicht an die Konkurrenz in England oder Spanien verlieren und sie zudem ein Jahr Zeit haben, um den Transfer vorzubereiten, der auch für sie eine wirtschaftliche Herausforderung darstellt.

In Leverkusen erwarten sie, dass der Verkauf von Havertz wenigstens 100 Millionen Euro einbringt. Der Vorteil für Bayer besteht darin, dass der bis 2022 geltende Vertrag, den Völler und Manager Jonas Boldt vor zwei Jahren ausgehandelt haben, keine Ausstiegsklausel enthält. Was damals ein geschickter Zug und keine Selbstverständlichkeit war: Bereits im Alter von 17 Jahren war Havertz' herausragendes Talent nicht nur im Rheinland bekannt. Inzwischen ist klar, dass der aus Aachen stammende Havertz zugunsten der Karriere bereit ist, die Heimat zu verlassen. Fürs "nächste Jahr" sehe er Bayer "als richtige Adresse für mich", hat er im Juli im SZ-Gespräch festgestellt, "doch ich weiß auch, dass ich irgendwann den nächsten Schritt gehen will, da braucht man nicht drumherum zu reden".

Während Havertz also verkündet, dass Angebote für die nächste Saison willkommen seien, gibt Bayer mehr oder weniger offen zu, sich mit der Trennung im kommenden Sommer bereits abgefunden zu haben. Man sei "überzeugt, dass es nicht nur für uns, sondern auch für Kai wichtig ist, dass er noch ein Jahr bei Bayer Leverkusen bleibt", sagte Völler jetzt. Der Verein hat offenbar schon begonnen, die zu erwartende Einnahme in die Kalkulation aufzunehmen. In diesem Sommer gab er auf dem Transfermarkt deutlich mehr Geld aus, als er einnahm, rund 25 Millionen Euro. Mit den aus Hoffenheim geholten Mittelfeldspielern Kerem Demirbay und Nadiem Amiri ist das personelle Repertoire bereits vorausschauend ausgestattet.

Die Strategen in Europas Großklubs dürfen sich nun herausgefordert fühlen, einen mittelfristigen Plan für Kai Havertz zu entwickeln, der zwar in der Nationalmannschaft noch keinen Stammplatz hat, aber international bereits einen Ruf besitzt. Nicht allein die Bayern hätten angerufen, enthüllte Völler als weiteres Geheimnis, das keins mehr war. Der FC Barcelona und Manchester United sollen zu den Interessenten gehört haben, doch die Namen der Millionärsklubs sind im Grunde austauschbar. Der FC Bayern mag bei Havertz einen gewissen Startvorteil haben, weil in München der sogenannte nächste Schritt ein wenig leichter fallen könnte als in einer ausländischen Liga. Aber der FC Bayern hat in diesem Sommer nicht nur den Tagesordnungspunkt Havertz, sondern auch andere Themen beim Kaderumbau auf 2020 verschoben. Für Philippe Coutinhos Bleiben müssten die Bayern 120 Millionen Euro an Barcelona abtreten. Es wäre der teuerste Sommer der Vereinsgeschichte, wenn sich die Münchner auch noch Havertz leisten wollten.

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