In der Premier League ließ sich in der laufenden Saison der Eindruck gewinnen, dass es sich die Vereine mehr oder weniger gemütlich gemacht haben auf ihren jeweiligen Tabellenplätzen. Jeder der Klubs findet sich bisher in etwa auf einer Position wieder, die seinem Leistungsvermögen entspricht. Im Vergleich zur Vorsaison, in der zehn Vereine ihre Trainer bis Weihnachten entließen, dauerte es daher nun bis in den November hinein, ehe sich der FC Fulham als erster Verein entschied, das Traineramt neu zu besetzen: Mit dem 67 Jahre alten Claudio Ranieri, dem Meistercoach 2016 von Leicester City, vertraute sich Fulham einer in England bewährten Fachkraft an. Auf der Insel werden die Abstiegskandidaten vorwiegend von den erfahrensten Trainern der Liga geführt: vom 65 Jahre alten Manuel Pellegrini (West Ham United), dem 70 Jahre alten Neil Warnock (Cardiff City) und dem 71 Jahre alten Roy Hodgson (Crystal Palace).
Das Durchschnittsalter aller derzeit tätigen Cheftrainer lag am Wochenende in der Premier League bei knapp über 53 Jahren - das ist der Höchstwert im Vergleich zu den restlichen europäischen Topligen. Der FC Southampton widersetzt sich nun als erster Klub diesem Trend, um den Abstieg aus der ersten Liga zu verhindern.
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Mit der Verpflichtung des bislang nur in Deutschland tätigen Trainers Ralph Hasenhüttl präsentiert Southampton keinen jener altgedienten Soforthelfer, die darauf spezialisiert sind, in die Abstiegszone geratene Teams zu retten. Nach der Entlassung des walisischen Trainers und Ex-FC-Bayern-Profis Mark Hughes, dessen Siegesquote mit 13,6 Prozent die mieseste aller länger tätigen Trainer in Southampton war, steht Hasenhüttl vor der Aufgabe, den Klub aus dem Schlamassel zu führen - und ihm wieder eine Identität zu geben.
Southampton wirtschaftete lange seriös - bis der Substanzverlust zu groß wurde
Wie der Klub am Mittwoch mitteilte, erhält Hasenhüttl einen Vertrag bis Sommer 2021 und wird schon am Samstag das für Southampton wegweisende Duell im Tabellenkeller gegen Cardiff leiten. Das Auswärtsspiel bei Tottenham Hotspur am Mittwochabend übernimmt noch Interimscoach Kelvin Davis, der Hasenhüttl dann künftig assistieren wird. Genauso wie Torwarttrainer Dave Watson und der Sportwissenschaftler Alek Gross.
Entgegen den Gerüchten um eine mögliche Tätigkeit beim FC Bayern hatte Hasenhüttl nach seinem Abschied aus Leipzig ein Engagement in England anvisiert. Sein lebhafter Spielstil und seine mitreißende Art brachten ihm in Deutschland den Rufnamen "Alpen-Klopp" ein, in Anlehnung an den Liverpool-Coach.
Bei der Wahl für Hasenhüttl half, dass der Klub mit dem in Kanada geborenen Ralph Krueger, einem ehemaligen Eishockeyspieler und -trainer, einen Vorsitzenden hat, der Innovationen ohne Skepsis begegnet. In England haben sich die Saints, die Heiligen, einen Namen gemacht für ihre Cleverness bei sportlichen Entscheidungen. Mit einer klugen Personalpolitik und einer der besten Jugendakademien des Landes ärgerte Southampton über Jahre die wesentlich reichere Konkurrenz. Die Transferbilanz der Premier-League-Klubs in den vergangenen fünf Saisons weist einzig bei Southampton eine positive Bilanz aus.
Mit Krueger an der Spitze des zu 80 Prozent dem chinesischen Geschäftsmann Gao Jisheng gehörenden Vereins präsentiert sich Southampton als seriös wirtschaftender Klub. In den besten Spielzeiten gelang es dem Verein aus der Hafenstadt am Ärmelkanal, die Abgänge an Spielern und Trainern mit jeweils noch besseren Zugängen zu ersetzen - bis der Substanzverlust vor einem Jahr zu groß wurde.
Nach dem Rekordtransfer des zuvor für ein halbes Jahr in den Streik getretenen Abwehrchefs Virgil van Dijk nach Liverpool für etwa 80 Millionen Euro fiel die Mannschaft in Southampton zusammen. Der Wiederaufbau gelang weder unter dem argentinischen Trainer Mauricio Pellegrino noch unter Hughes. Selbst die Sommer-Investitionen, als der Verein für 60 Millionen Euro neue Spieler holte, darunter Jannik Vestergaard aus Gladbach, konnten den Negativlauf nicht aufhalten.
In anderthalb Spielzeiten gewann Southampton bloß acht von 52 Ligaspielen, am letzten Spieltag der Vorsaison retteten sich die Saints gerade so über die Ziellinie. Für die Ergebnisse verantworten mussten sich Vizeklubchef Les Reed und der technische Direktor Martin Hunter, die beide vor einem Monat entlassen wurden. Am Stehvermögen von Ralph Hasenhüttl, der einst beim FC Ingolstadt vom letzten Platz aus den Abstieg verhinderte, will sich Southampton nun aufrichten. Sofern das gelingt, könnten die Rivalen im Keller in Zugzwang geraten, diesem Beispiel zu folgen.