Süddeutsche Zeitung

Hannover-Scout Schatzschneider:"Bayern ist eine Piss-Mannschaft"

  • Gut gebrüllt von Dieter Schatzschneider: Der frühere Stürmer von Hannover 96 beleidigt den FC Bayern, wie es lange keiner mehr tat - und verschafft einem lieb gewonnen Begriff ein Comeback.
  • Er empfiehlt auch, Pep Guardiola rauszuwerfen.
  • Dem Verein ist die Sache peinlich - und entschuldigt sich.

Von Carsten Eberts, Hannover

Wie Braunschweig zum "Piss-Verein" wurde

In dieser Sekunde geziemt es sich, an Torsten Lieberknecht zu erinnern. Der sympathische Coach hat es ja derzeit schwer in der öffentlichen Wahrnehmung. Nicht, weil er kein toller Typ wäre: Er trainiert zwar immer noch Eintracht Braunschweig, aber nur noch in der zweiten Liga. Den Wiederaufstieg hat er gerade verpasst.

Als Braunschweig noch Bundesliga spielte und 0:4 beim Hamburger SV verlor, echauffierte sich Lieberknecht in herrlich derber Manier über die Entscheidungen des Schiedsrichters. "Es gibt Momente, in denen du merkst, du bist dieser kleine Piss-Verein", knurrte Lieberknecht. Das Wort machte eine große Karriere, die Braunschweiger ließen es sich auf T-Shirts drucken - und bereisten fortan offensiv als stolzer "Piss-Verein" die Republik.

"Bayern ist eine Piss-Mannschaft"

Nun hat es der "Piss-Verein" als Begrifflichkeit wieder in die Nachrichten geschafft. Er ist gar nicht weit gereist, von Braunschweig nach Hannover - nur knapp 70 Kilometer. Es ist nicht überliefert, ob sich Dieter Schatzschneider vorher bei Lieberknecht nach dem Copyright erkundigt hat. Andernfalls hätte der frühere Bundesliga-Spieler von Hannover 96 das Problem geschickt umschifft: Der 57-Jährige spricht nicht vom "Piss-Verein", sondern in leichter Variation von der "Piss-Mannschaft".

Und das öffentliche Echo dürfte noch größer sein als einst bei Lieberknecht. Schatzschneider äußerte sich nämlich nicht über das kleine Braunschweig, sondern über den großen Rekordmeister aus dem tiefen Süden. "Bayern ist eine Piss-Mannschaft", sagte der 57-Jährige der Bild-Zeitung. Und damit es auch jeder verstand, wiederholte er: "Ja, eine Piss-Mannschaft." In derartiger Manier wurden die Münchner lange nicht mehr beleidigt.

Leicht zu erraten, worauf der frühere Stürmer, der die ewige Torjägerliste der zweiten Liga anführt, dabei anspielt. Die Bayern sind bekanntlich frühzeitig Meister geworden und gehen die verbleibenden Spiele in der Bundesliga seitdem nicht mehr mit dem, nun ja, allergrößten Elan an. Das mag aus Spielersicht verständlich erscheinen, da die Saison lang und hart war.

Schatzschneider hingegen empört sich, dass die Bayern ihre Spiele herschenken. Etwa gegen den SC Freiburg, der plötzlich 2:1 gegen München gewinnt - und wertvolle Punkte im Abstiegskampf sammelt, in dem bekanntlich auch Hannover knietief steckt. Am Samstag spielt 96 gegen ebenjene Freiburger. Wer gewinnt, bleibt sicher in der Liga. Auch so lässt sich in der Stadt ein wenig Stimmung generieren.

Doch nicht genug für "Schatto", so sein Spitzname. Um sich noch ein wenig mehr öffentliche Wahrnehmung zu sichern, greift Schatzschneider auch Bayern-Coach Pep Guardiola an. Den Katalanen würde er "sofort nach Hause schicken", so der Ankläger aus Hannover: "Der kann seine Mannschaft gegen Freiburg nicht motivieren. Wenn das der beste Trainer der Welt ist, dann falle ich um." Gut gebrüllt, aus fast 700 Kilometern Entfernung.

Hannover 96 distanziert sich

In Hannover weiß man natürlich, was Schatzschneider für ein Typ ist. Ein Querkopf, der häufig Dinge sagt, an denen man sich reiben kann. Offiziell arbeitet er als Scout für den Verein, er chauffiert aber auch Präsident Martin Kind zu Terminen und bespaßt Sponsoren während der Heimspiele. Er versteht sich mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder oder dem Unternehmer Carsten Maschmeyer. "Ich bin mehr der Poltergeist", sagte er einst dem Magazin 11Freunde, was eine ziemlich treffende Charakterisierung war.

So tut sich der Verein leicht, sich via Twitter von den Äußerungen zu distanzieren:

Die Äußerung im Interview sei "nach Ansicht von H96 völlig inakzeptabel", heißt es weiter - damit dürfte der große Krach mit den Bayern verhindert worden sein. Bleibt die Freude darüber, dass es der "Piss-Verein" wieder in die Medien geschafft hat. Ob als "Piss-Verein" oder als "Piss-Mannschaft", das ist nun wirklich herzlich egal.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2486567
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/ebc/jbe/dd
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.