Hannover 96:Wie Horst Heldt sich in der Causa Köln verpokerte

Pressekonferenz Hannover 96

"Denkprozess" mit Fremdhilfe beendet: Manager Horst Heldt bleibt in Hannover.

(Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa)
  • Der geplante Wechsel von Manager Horst Heldt von Hannover 96 zum 1. FC Köln wird nicht stattfinden.
  • Köln beendete am Donnerstag die Verhandlungen.
  • Kölns Trainer Peter Stöger setzt dem Klub derweil ein Ultimatum. Er möchte Klarheit, was seine Person angeht.

Von Carsten Scheele, Hannover

Man muss vielleicht ein diplomierter Kommunikationsstratege sein, um zu verstehen, was den Fußballmanager Horst Heldt am Donnerstag zu seinem seltsamen Auftritt im Keller des Stadions von Hannover 96 bewogen hat. Zu verkünden hatte Heldt, 47, im Grunde nichts. Doch weil er trotzdem sprach, hat er sich wohl endgültig die Chance verbaut, zu seinem Herzensverein, dem 1. FC Köln, zu wechseln.

Eine Viertelstunde redete Heldt über die aktuellen Verhandlungen mit 96-Boss Martin Kind, obwohl beide Männer noch zu keinem Ergebnis gekommen waren. Heldt gab bloß Bekanntes wieder, konkreten Fragen wich er aus. So richtig in die eine oder andere Richtung, pro Hannover oder pro Köln, wollte oder konnte er sich nicht positionieren.

Heldt druckst, Köln beendet die Gespräche

Ein Szenario, das sie sich beim 1. FC Köln anders vorgestellt hatten. Es dauert jedenfalls nur wenige Stunden, bis der Klub sämtliche Unklarheiten bereinigte und von sich aus die Gespräche für beendet erklärte. Heldt war der Wunschkandidat der Kölner für die Nachfolge von Sportchef Jörg Schmadtke gewesen, man hatte sich auch bereits getroffen und ein "sehr positives" Gespräch geführt, wie FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle erst am Donnerstag im Stadt-Anzeiger berichtet hatte.

Klubpräsident Werner Spinner sagte nun: "Voraussetzung für weitergehende Gespräche war jedoch immer, dass Horst Held eine angemessene Möglichkeit findet, sein bis 2020 laufendes Vertragsverhältnis bei Hannover 96 zu beenden." Dies sei bis zum Donnerstag nicht gelungen, "aus Respekt vor Hannover 96" habe man entschieden, einen Schlussstrich zu ziehen, "um die gegenseitigen Verhältnisse nicht zu beschädigen".

Auch Kind meldete sich am Donnerstag nochmals zu Wort. Ein Wechsel Heldts sei "unwiderruflich ausgeschlossen" gewesen. Und es sei "nur konsequent, dass der 1. FC Köln dies nun anerkennt."

Gut möglich, dass sich Heldt verspekuliert hat. Er hatte nie verheimlicht, dass ihn das Angebot des 1. FC Köln, für den er schon in der Jugend spielte und später als Profi 130 Bundesligaspiele bestritt, persönlich sehr berührt hat. Weniger berührt hatte ihn die klare Absage von 96-Boss Kind, der "noch mal klipp und klar" untermauert habe, dass ein Weggang "nicht in Frage kommt", wie Heldt am Donnerstag einräumte. Hannover pochte auf die Erfüllung des Vertrags, der noch bis 2020 läuft. Er habe dies zu akzeptieren, sagte Heldt, ein Bekenntnis der Marke "Ja, ich bleibe" verweigerte er aber erneut. "Ich komme hier jeden Tag gerne zur Arbeit", sagte Heldt immerhin, mehr konnte er sich nicht abringen. Es wirkte, als hoffe er klammheimlich, dass sein Wunschwechsel nach Köln noch nicht vom Tisch ist.

Stöger spricht in unerwarteter Offenheit

Das ist er nun aber - wahrscheinlich auch, weil sich der FC nicht noch eine zweite prominente Hängepartie leisten wollte. Es ging in Köln zuletzt nicht nur um die Personalie Heldt, sondern auch um Trainer Peter Stöger, der trotz des letzten Tabellenplatzes und nur zwei Pünktchen nach 13 Spielen noch immer im Amt ist. Zumindest am Samstag auf Schalke darf Stöger noch auf der Bank sitzen, bei einer weiteren Niederlage wohl zum letzten Mal.

In unerwarteter Offenheit hat Stöger am Donnerstag selbst erklärt, dass er die Verlängerung seiner Gnadenfrist von Spieltag zu Spieltag für einen unzumutbaren Zustand hält: "Wir haben uns schon von ein paar Werten, die wir in den letzten Jahren gelebt haben, wie zum Beispiel Vertrauen, Respekt und Verantwortung ein Stück weit losgelöst", klagte der sonst diskrete Stöger.

Wehrle hatte zuletzt nach Krisengesprächen mit dem Präsidium erklärt, er wolle "von Spiel zu Spiel" denken. Stöger betonte nun, er könne mit jeder Entscheidung leben: "Aber es muss eine her! Das wäre auch für mich wichtig. Entscheidend sind aber die Spieler und der Staff, dort herrscht richtige Unsicherheit. Zu sagen: 'Das nächste Spiel darf er noch' - das ist keine klare Aussage!" Das klang fast wie ein Ultimatum des vom Rausschmiss bedrohten Trainers. Die Diskussion um Stöger bleibt trotzdem vertagt, nicht so die Frage, wer künftig als Sportchef die Geschicke leiten soll. Spinner bestätigte, dass Heldt zwar einer der Kandidaten gewesen sei, "aber nicht der einzige". Man werde nun wie geplant die Gespräche mit den anderen Kandidaten fortsetzen.

Für Heldt ist die Situation unangenehm, ganz tief fallen wird er wohl nicht. In den Gesprächen mit Kind dürfte es auch darum gegangen sein, Heldts Macht im Verein auszubauen. Der Manager könnte zum Geschäftsführer aufsteigen, inklusive eines Gehaltssprungs. Schließlich sucht Kind einen Nachfolger, dem er langfristig die Geschicke in Hannover übergeben kann.

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