Wie Martin Kind so ist, hat er gleich zwei Trainernamen herausgehauen, mit denen bei Hannover 96 alles besser werden könnte. Nur wenige Stunden, nachdem der Fußball-Zweitligist am Mittwoch das Missverständnis mit Coach André Breitenreiter beendet hatte, verkündete der mächtige Aufsichtsratschef, dass er sich eine Zusammenarbeit mit Lukas Kwasniok (SC Paderborn) oder dem früheren 96-Kapitän Steven Cherundolo (Los Angeles FC) vorstellen könne.
Bei Kwasniok gibt es aber bereits einen Haken: Dieser stehe „mit ganz oben auf der Liste“, verriet Kind der Neuen Presse, der Paderborner Coach möchte aber lieber in die erste Liga wechseln. Und in Hannover wird in der kommenden Saison mit ziemlicher Sicherheit kein Erstligafußball gespielt.
Damit zurück zu André Breitenreiter, der im Winter die Mission auferlegt bekam, den Verein nach sechs schweren Zweitligajahren zurück in die Bundesliga zu führen. Kurz vor Silvester kam der Klub deshalb gremienübergreifend zum Schluss, sich vom bis dato verantwortlichen Trainer Stefan Leitl zu trennen, obwohl der sich mit der Mannschaft in Schlagdistanz der Aufstiegsplätze befand. Und es zur allseitigen Überraschung lieber mit Breitenreiter zu versuchen. Das stärkste Argument für den neuen Coach lag in der Vergangenheit: Breitenreiter hatte 96 schon einmal zum Aufstieg geführt, das war im Sommer 2017. Unter Breitenreiter kehrte Hannover damals als Tabellenzweiter zum bislang letzten Mal in die Bundesliga zurück. Eine Nostalgiewelle schwappte durch die Arena am Maschsee, als Breitenreiter beim ersten Heimspiel gegen Preußen Münster wieder auf der Trainerbank saß.
Leider passierte das Gegenteil, in den 115 Tagen mit Breitenreiter wurde nichts besser für Hannover 96, schon gar nicht in der Tabelle. Als Vorgänger Leitl kurz vor Silvester geschasst wurde, lag der Klub auf Rang sieben, zwei Punkte von einem direkten Aufstiegsplatz entfernt. Das Team agierte heimstark, hatte leichte Probleme im Angriff und bei Auswärtsspielen. Doch der Aufstiegstraum war intakt, der Dreijahresplan mit Leitl, den Kind damals ersonnen hatte, hätte noch aufgehen können.
Hannover plant bereits für die neue Saison – in der zweiten Liga
Doch dann der Trainerwechsel. Nur drei Siege sammelte Hannover unter Breitenreiter, dafür sieben Unentschieden. Seit fünf Spielen ist die Mannschaft sieglos, zuletzt gab es drei Niederlagen nacheinander. Mittlerweile ist der Klub Zehnter, liegt sechs Punkte hinter dem Relegationsrang und gar zehn Punkte hinter einem direkten Aufstiegsplatz. Insbesondere die Heimbilanz, die unter Leitl noch ausgesprochen gut aussah (neun Spiele, sieben Siege), hat sich unter Breitenreiter rapide verschlechtert (kein Sieg). Vier Spieltage vor Schluss ist die Aufstiegschance praktisch vertan. Hannover plant ab sofort für die neue Saison.
Böses Blut mit Breitenreiter gebe es jedoch nicht, die Trennung sei einvernehmlich erfolgt, teilte der Klub mit. „André und ich hatten ein sehr offenes und gutes Gespräch“, sagte Geschäftsführer Marcus Mann. Breitenreiter habe die Ansicht geteilt, „dass es unter diesen Vorzeichen richtig ist, jetzt einen Schnitt zu machen“. Der Versuch des Trainers, nach glücklosen Engagements in Hoffenheim und beim englischen Zweitligisten Huddersfield wieder im deutschen Profifußball Fuß zu fassen, ist zunächst gescheitert. Die Trennung in Hannover sei trotzdem „logisch und konsequent“, erklärte Breitenreiter.

Hannover 96:So lange gestritten, dass es um die Lizenz geht
Der Aufsichtsrat von Hannover 96 kann sich nicht auf einen neuen Geschäftsführer einigen. Dieser wird dringend benötigt: Er muss die Lizenzunterlagen für die DFL unterschreiben.
Noch deutlichere Worte fand Kind: Die Trennung von Leitl sei im Nachhinein ein Fehler gewesen. „Die Meinung war von allen Verantwortlichen: Wir müssen neue Impulse haben. Es hat sich nicht bestätigt.“ Kind betonte, wie sehr es ihn ärgere, „dass wir wieder ein ganzes Jahr verloren haben und uns noch einmal komplett neu aufstellen müssen“. Der vermögende Hörgeräte-Unternehmer ist 80 Jahre alt, in näherer Zukunft will er sich aus seinem Klub zurückziehen. Jedoch am liebsten, wenn Hannover wieder in der ersten Liga spielt.
Das wird ein schweres Unterfangen, denn den Niedersachsen steht zunächst ein Neuaufbau ins Haus. Vor wenigen Wochen erst hat der Klub den stets brüchigen inneren Vereinsfrieden durch die Bestellung zweier neuer Geschäftsführer wiederhergestellt (und damit kurz vor knapp auch die Lizenz gesichert). Jetzt muss Marcus Mann als Verantwortlicher für den sportlichen Bereich einen neuen Trainer suchen, dem er den Aufbau eines Teams anvertraut, das dann wirklich um den Aufstieg mitspielen soll. In den verbleibenden Saisonspielen wird der bisherige Co-Trainer Lars Barlemann die Mannschaft trainieren, unterstützt von U-19-Coach Dirk Lottner und U-17-Trainer Christian Schulz. Im Sommer soll dann ein neuer Übungsleiter kommen.
Da auch der Wechsel von Leitl zu Breitenreiter letztlich vom Sportchef Mann verantwortet wurde, sollte sein nächster Versuch besser sitzen. Sein Job ist aktuell zwar nicht in Gefahr, doch auch Mann wird vernommen haben, dass der Klub in der Vergangenheit die Sportchefs fast so gerne gewechselt hat wie die jeweiligen Trainer. Aufsichtsratsboss Kind schickte bereits eine kleine Warnung vorweg: „Wir müssen einfach nochmal professioneller werden, das ist für mich ganz deutlich geworden.“