Fußball:Hannover-Präsident Kind droht der Abstieg

Martin Kind

Martin Kind könnte sein Amt als Präsident von Hannover 96 verlieren.

(Foto: dpa)
  • Für Hannover-Präsident Martin Kind wird es eng, was den Machterhalt angeht.
  • Denn der Klub wird aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr eine außerordentliche Mitgliederversammlung erleben, bei der ein neuer Aufsichtsrat gewählt werden soll.
  • Die Opposition ist gut organisiert und die Situation für Kind prekär.

Von Carsten Scheele, Hannover

Dass es in dieser Bundesligasaison wohl gegen den Abstieg gehen wird, hat die Mannschaft von Hannover 96 nach einigem Zögern zuletzt eingestanden. Zu einer ähnlichen Einsicht könnte Präsident Martin Kind gelangen, was seine eigene Zukunft an der Vereinsspitze betrifft. Es wird jedenfalls eng, was den Machterhalt angeht, denn der Klub wird aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr eine außerordentliche Mitgliederversammlung erleben, bei der ein neuer Aufsichtsrat gewählt werden soll.

Das ist prekär für Kind, da das Gremium den Vorstand beruft, und sollten Kinds Gegner im Aufsichtsrat die Mehrheit übernehmen, wäre es ihnen ein besonderes Fest, den ungeliebten Vorstandsboss aus dem Amt zu befördern.

Eigentlich war die Wahl erst für März 2019 vorgesehen, doch nun haben Mitglieder der Vereinsopposition, die sich "Pro Verein 1896" nennt, eine Liste mit 1310 notariell beglaubigten Anträgen von Mitgliedern vorgelegt, die vorgezogene Wahlen fordern. Laut Paragraf 12, Punkt 2b der Satzung wären sogar nur 1100 Stimmen (fünf Prozent der Mitglieder) nötig gewesen, die Opposition spricht vom "größten einhelligen Mitgliedervotum in der 122-jährigen Vereinsgeschichte". Wird die Versammlung nun satzungsgemäß binnen fünf Wochen einberufen, könnte es also ungemütlich werden für Kind. Aus dem fünfköpfigen Aufsichtsrat möchte die Opposition jene drei Mitglieder abberufen, die als Kind-nah gelten: Valentin Schmidt, Michael Beck und Veronika von Lintel. Schon jetzt sitzen zwei Oppositionsvertreter im Gremium - nur knapp, mit 3:2 Stimmen, hält Kinds Gefolgschaft seit 2016 die Mehrheit.

Folgt nun der Showdown? Der Streit in Hannover hat sich zum derzeit verbissensten Fankonflikt der Liga entwickelt. Auf der einen Seite steht der Hörgeräte-Unternehmer Kind, 74, der seit Jahren nach der Mehrheit im Verein strebt - gegen den Willen vieler Fans, die ihm die Allmachtsfantasien übel nehmen. Zuletzt hat die Deutsche Fußball-Liga (DFL) seine Pläne abgelehnt, weil Kind den Verein nicht 20 Jahre oder länger "erheblich" gefördert habe, wie beispielsweise Dietmar Hopp in Hoffenheim. Im Oktober kündigte Kind daraufhin an, dass er durch alle Instanzen gehen wolle: "Bis zum EU-Recht, da bin ich kompromisslos". Aktuell liegt der Fall beim Ständigen Schiedsgericht.

Kind verweist, wo immer möglich, auf seine Verdienste im Verein. Ohne ihn wäre der Klub 1997 wohl in die Insolvenz gegangen; anschließend gelang es, Hannover wieder als Bundesligisten zu etablieren. Auch nach dem Abstieg 2016 hielt Kind 96 die Treue. Doch die Mehrheitsverhältnisse scheinen zu seinen Ungunsten zu kippen. Schon vor einem halben Jahr, bei der vorerst letzten Mitgliederversammlung, präsentierte sich die Opposition gut organisiert und verlor keine einzige Abstimmung. Sie scheiterte nur mit einem Antrag, für den eine besondere Zweidrittelmehrheit nötig gewesen wäre.

Die Kind-Opposition wähnt sich vor einem großen Sieg

Kommt es nun zur Wahl der Aufsichtsräte, genügen einfache Mehrheiten. Dann könnten noch mehr Übernahmegegner in das Gremium gewählt werden - und Kinds Macht im Verein deutlich beschränken. Oder ihn gleich ganz aus dem Vorstand drängen.

Die Opposition wähnt sich jedenfalls vor einem großen Sieg. Was als Stimmungsboykott bei den Ultras in der Nordkurve angefangen hatte, hat sich zu einer größeren Bewegung entwickelt. Eine "ärgerliche Randerscheinung", wie Altkanzler Gerhard Schröder geunkt hatte, ist die Opposition längst nicht mehr. Zuletzt fuhr "Pro Verein" wieder scharfe Angriffe, behauptete, Kind habe mit einer Satzungsänderung die Lizenz für die Bundesliga in Gefahr gebracht und plane den "Ausverkauf" der Mannschaft, da der Verein auf einen neuen Rekordverlust zusteuere.

Dagegen wehrte sich der Klub am Freitag entschieden. Die jüngsten Angriffe seien "Stimmungsmache fernab der Tatsachen", hieß es in einer Mitteilung. "Ohne sportliche und wirtschaftliche Kenntnis" werde hier "mit den Ängsten der Fans" gespielt. Auf der anstehenden Mitgliederversammlung werde "die Mehrheit entscheiden, welche Mitglieder die Zukunft des Vereins gestalten sollen".

Der Verein gab allerdings auch bekannt, dass die Aufsichtsräte Schmidt, Beck und von Lintel, die dem Kind-Lager zugerechnet werden, bei der Wahl nicht mehr antreten.

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