Hannover 96:Manager Heldt vor dem Rauswurf

Horst Heldt

Unter Druck: Hannovers Manager Horst Heldt (Archivbild).

(Foto: dpa)
  • Obwohl der Abstieg näher rückt, sieht Hannover 96 wohl von einem erneuten Trainerwechsel ab.
  • So darf Thomas Doll trotz der erneuten Niederlage gegen Schalke bleiben - für Manager Horst Heldt wird es dagegen eng.
  • "Herr Heldt hatte ja schon zweimal den Gedanken, Hannover zu verlassen", sagt Geschäftsführer Martin Kind.

Von Jörg Marwedel, Hannover

Es fühlte sich fast so an, als wären die ehemaligen Angestellten Jörg Schmadtke (jetzt Sportvorstand in Wolfsburg), Mirko Slomka und Peter Neururer (beide Trainer ohne Job) zur sportlichen Beerdigung ihres früheren Arbeitgebers Hannover 96 ins Stadion gekommen. Dabei ist es zumindest sportlich gar nicht mehr so aufregend in der Arena am Maschsee. Ein früher Abstieg hat ja auch etwas Gutes: Die Nerven werden geschont, weil es keine wirklich dramatischen Spiele mehr gibt. Nach dem wohl vorentscheidenden 0:1 gegen Schalke 04 am Sonntag - der siebten Niederlage im achten Spiel unter Coach Thomas Doll - und einem Rückstand von nun elf Punkten auf einen Nicht-Abstiegsplatz, hat die Mannschaft die eigenen Fans beklatscht. Denn die Anhänger hatten die diesmal ordentlichen Bemühungen nicht mit Unmut begleitet, sondern mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Solidarität. Hannovers Spieler sind schon dankbar, wenn sie nicht beschimpft werden.

Torwart Michael Esser, der ja meist der beste Spieler beim designierten Absteiger ist, hat eine ehrenwerte Parole formuliert: Man habe für die letzten sieben Spiele "eine Verantwortung für den Verein und die Fans". Und so hat das Team, unabhängig von der insgesamt fehlenden Qualität, diesmal auch gespielt. Hätte nicht Schalkes Keeper Alexander Nübel mehrmals "phänomenal" gehalten, wie Schalkes Interimstrainer Huub Stevens hervorhob, hätte es nochmal nervenaufreibend werden können. Zumindest ein bisschen. So aber sagte Thomas Doll resigniert, man könne sich "nichts kaufen für den couragierten Auftritt". Er sitze seit Wochen vor der Presse und erzähle etwas von Hoffnung - das werde er jetzt einstellen, weil es ihm sowieso keiner mehr glauben würde.

Auch Martin Kind, der kein Präsident, sondern nur noch Geschäftsführer der Profiabteilung ist, hat aufgegeben. Anders ist nicht zu erklären, dass er zumindest bis zum Niedersachsen-Derby am Samstag in Wolfsburg auf einen weiteren Trainerwechsel verzichtet. Zumindest in diesem Punkt ist er mit Manager Horst Heldt einig. Der lehnt einen weiteren Austausch auf diesem Posten ab, weil es nach seiner Erkenntnis keinen Sinn mehr ergebe. Immerhin müsse es nach diesem Spiel "keine Charakter-Debatte" geben, fand Heldt.

"Die teuerste Mannschaft, die wir je hatten"

Doll weiß trotz seines bis 2020 gültigen Trainervertrages, dass er nicht derjenige sein wird, der in der zweiten Liga ein neues Team aufbauen wird (über seine Zukunft "entscheiden andere", wie er sagte). Und natürlich weiß auch Heldt, das für ihn die Tage in Hannover gezählt sind. Denn anders als Doll bekam er von Kind kein Bekenntnis. Im Interview mit dem NDR-Sportclub sagte der Geschäftsführer, "eine umfassende und ehrliche Analyse der aktuellen Situation ist zwingend erforderlich".

Manager Heldt wurde von Kind erst kürzlich wegen der Kaderzusammenstellung öffentlich gerügt: "Die teuerste Mannschaft, die wir je hatten" sei "kaputt, schlecht zusammengestellt und gescheitert". Indirekt wurde Heldt für das Minus von 18 Millionen Euro in diesem Spieljahr verantwortlich gemacht; sein Kontrakt ist bis zum 30. Juni 2021 befristet. Nach Heldts Verhandlungen mit dem 1. FC Köln (im Herbst 2017) und dem VfL Wolfsburg (Frühjahr 2018) über einen neuen Job vermied Kind die Trennung; nun sagt er ein bisschen spät: "Herr Heldt hatte ja schon zweimal den Gedanken, Hannover zu verlassen". Auch hier werde man nun "ganz offen mit ihm sprechen".

Womöglich ist Heldt aber auch unter anderen Voraussetzungen im Frühjahr 2017 nach Hannover gekommen. Damals lockte ihn Kind mit der Aussicht, er könne ordentlich investieren, wenn die von ihm angestrebte Ausnahmeregelung des 50+1-Paragrafen in Kraft trete und ihm die totale Macht im Klub beschere. Dann könne er viel Geld von Investoren bereitstellen. Doch Kinds Plan ging bisher nicht auf. Die Deutsche Fußball Liga (DFL) hat seinen Antrag bisher nicht akzeptiert. Und die Mitglieder des Vereins Hannover 96 haben jetzt mit Sebastian Kramer einen Präsidenten gewählt, der wie die neuen Aufsichtsratsmitglieder gegen Kinds Absichten ist.

Immerhin hat die Wahl für etwas weniger Politik im Stadion gesorgt. Die obligatorischen "Kind-muss-weg"-Plakate der Ultras fehlten gegen Schalke. Doch die Debatte über Kinds Macht ist noch nicht beendet.

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