Handball-Weltmeister Niklas Landin:"Er war heute einfach wunderbar"

Handball-Weltmeister Niklas Landin: Hält einfach alles: Dänemarks Torhüter Niklas Landin hat auch die WM-Trophäe sicher im Griff, was seine Mitspieler Mathias Gidsel und Mikkel Hansen (rechts daneben) sichtlich freut.

Hält einfach alles: Dänemarks Torhüter Niklas Landin hat auch die WM-Trophäe sicher im Griff, was seine Mitspieler Mathias Gidsel und Mikkel Hansen (rechts daneben) sichtlich freut.

(Foto: Anne-Christine Poujoulat/AFP)

Dänemarks Torhüter Niklas Landin raubt Schweden im Finale der Handball-WM den letzten Nerv und kassiert dafür selbst vom Gegner viel Anerkennung. Der WM-Zweite tröstet sich mit einem Blick in die Zukunft.

Von Joachim Mölter

Das WM-Endspiel der Handballer am Sonntagabend hat einen alten Sportler-Spruch bestätigt: In großen Spielen spielen große Spieler groß auf. Die Schweden waren mit einer aufstrebenden Mannschaft und einem berauschenden Tempo ins Finale von Kairo gestürmt, gleich drei ihrer Akteure waren ins All-Star-Team des Turniers gewählt worden, in die Auswahl der Besten: Spielmacher Jim Gottfridsson, Torwart Andreas Palicka, Linksaußen Hampus Wanne. Endspielgegner Dänemark hielt mit zwei Welthandballern dagegen, Torjäger Mikkel Hansen (2011, 2015, 2018) und Torhüter Niklas Landin (2019). Und die machten den Unterschied aus beim 26:24 (13:13) des Titelverteidigers.

Hansen, 33, erzielte im Finale die Tore, die Gottfridsson, 28, dort nicht gelangen. Bei den zwölf Würfen des Dänen zappelte der Ball siebenmal im Netz, so oft wie bei keinem anderen; bisweilen laserte er den Ball regelrecht durch eine Lücke der schwedischen Abwehr, die sich nur für Sekundenbruchteile aufgetan hatte. Der Schwede hingegen traf bei zehn Versuchen nur zweimal. Und Landin, 32, wehrte nach der Pause die Bälle ab, die sein Pendant Palicka, 34, nicht mehr hielt. Der bis dahin weltmeisterlich agierende Keeper der Rhein-Neckar Löwen bekam in der zweiten Halbzeit keinen Ball mehr zu fassen, an Landin hingegen kam kaum noch einer vorbei.

Bei der Siegerehrung wurde Hansen als "Most valuable player" des Turniers ausgezeichnet, als wertvollster Spieler. Landin nahm als Teamkapitän den WM-Pokal in Empfang, die zweite Trophäe, die er innerhalb eines Monats in Händen hielt: Ende Dezember hatte er bereits dem THW Kiel zum Champions-League-Gewinn verholfen.

"Wenn Du einen Torwart hast wie ihn, ist es immer einfacher", lobt Dänemarks Trainer

"Wir haben so viele Würfe gegen Landin vergeben", haderte Gottfridsson später, "er war heute einfach wunderbar." Der Däne Lasse Svan, sein Teamkollege bei der SG Flensburg, sagte: "Am Ende hatten wir das Gefühl, dass die Schweden nicht mehr treffen konnten, und ich glaube, dieses Gefühl hatten sie auch." Dänemarks Coach Nikolaj Jakobsen bescheinigte Landin ebenfalls einen "riesigen Anteil" am Erfolg: "Wenn du einen Torwart hast wie ihn, der am Ende der Partie alles dichtmacht, ist es immer einfacher."

Der einst in der Bundesliga als Spieler in Kiel und als Trainer bei den Rhein-Neckar Löwen erfolgreiche Jakobsen hatte freilich mit einem taktischen Kniff den entscheidenden Drall gegeben, um das Duell zweier lange ebenbürtiger Gegner in die gewünschte Richtung zu lenken. Weil Teamsenior Svan, 37, nach einer Viertelstunde wegen einer Wadenzerrung ausfiel und kein weiterer Rechtsaußen im Kader war, versetzte er seinen Jüngsten auf den Außenposten, Mathias Gidsel, 21. Das sah zunächst wie eine doppelte Schwächung aus: Auf der halbrechten Position im Rückraum war Gidsel die Entdeckung der WM gewesen und sogar ins All-Star-Team berufen worden.

"Im Grunde ist er sowieso zu leicht und zu klein, um auf dem Niveau zu spielen, auf dem er es tut", fand Gidsels Rückraumkollege Henrik Mollgaard, 36. "Wenn es sehr körperlich zugeht, ist es schwierig für ihn", sagt auch Trainer Jakobsen über den mit 86 Kilo vergleichsweise schlanken WM-Neuling: "Aber er ist taktisch schon sehr gut, er kann auch Rechtsaußen spielen und dadurch haben wir andere Möglichkeiten auf dem Flügel."

210131 Jim Gottfridsson of Sweden looks dejected after losing the 2021 IHF World Handball Championship final between De

Im Angriff verheddert: Schwedens Spielmacher Jim Gottfridsson hadert mit der Final-Niederlage.

(Foto: Mathias Bergeld/Bildbyran/Imago)

Obwohl Nikolaj Oris, Gidsels Vertreter auf Halbrechts, seine Sache sehr gut machte mit fünf Toren, stellte Jakobsen Mitte der zweiten Halbzeit seinen Rückraum radikal um und besetzte ihn mit drei Rechtshändern - im Handball für gewöhnlich nur eine Notfallmaßnahme. Dabei verschob der Trainer ausgerechnet Hansen von seiner bevorzugten halblinken Position auf halbrechts; an dessen Stelle stürmte Jacob Holm, 25, von den Füchsen Berlin. "Mit Hansen auf Halbrechts hatten wir ein Problem", gab Gottfridsson zu. Für ein paar Minuten war die schwedische Abwehr verunsichert ob der ungewohnten Konstellation, sie verlagerte ihr Gewicht auf Hansens Seite, Holm nutzte das auf der anderen Seite für "vier wirklich wichtige Tore" nacheinander, wie Jakobsen lobte. Binnen fünf Minuten hatte Holm aus einem 18:19-Rückstand (42.) einen 22:20-Vorsprung (47.) gemacht.

Den Rest erledigte Landin, er wehrte danach noch sieben Würfe ab und erstickte beim Stand von 25:23 zwei Minuten vor Schluss Schwedens letzte Hoffnung auf eine Wende: Da vereitelte er einen Siebenmeter des ansonsten so sicheren Hampus Wanne, immerhin drittbester Torschütze des Turniers. Am Sonntag stockte er sein Konto mit fünf Treffern auf insgesamt 53 auf.

"Das ist nur der Anfang", sagt Schwedens Coach, "diese Mannschaft hat eine große Zukunft"

Die Dänen blicken nun auf eine erfolgreiche Zeit zurück, sie haben das zweite WM-Turnier nacheinander ohne Niederlage und ohne Punktverlust überstanden; "das ist eine große Leistung", fand Jakobsen. Sein Kollege Glenn Solberg, der aus Norwegen stammende Coach der Schweden, blickt indes lieber in die Zukunft. "Das ist nur der Anfang", sagte er nach dem Turnier, "diese Mannschaft hat eine große Zukunft. Wir werden in den nächsten zwei, drei, vier Jahren hart arbeiten, und dann stehen wir auch oben auf dem Podium." So sieht das auch Abwehrchef Max Darj: "Das war so etwas wie ein Neustart für uns mit einem neuen Coach und neuen Spielern. Aber wir haben etwas, auf dem wir aufbauen können."

Die Schweden bauen nicht nur auf für die nächste WM, deren Organisation sie sich in zwei Jahren mit Polen teilen; sie denken auch an die Olympia-Qualifikation Mitte März. In Berlin sind sie dabei der erste Gegner der deutschen Auswahl.

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