Handball-WM:Wen trifft es diesmal?

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Tim Suton (re., gegen den Tschechen Pavel Horak) ist einer der jungen Spieler in der Handball-Nationalmannschaft, die Trainer Christian Prokop noch aus dem finalen WM-Kader streichen könnte. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • Bevor die Handball-WM in Deutschland und Dänemark los geht, muss Bundestrainer Prokop noch zwei Spieler aus dem Kader streichen.
  • Es könnte Tim Suton und Franz Semper treffen. Andere Kandidaten überzeugen beim Testspielsieg gegen Tschechien schon eher.

Von Carsten Scheele, Hannover

Brust raus, Auftritt Fabian Böhm. Der Handball-Nationalspieler verspürte wenig Lust auf Zurückhaltung nach dem Testspiel in Hannover gegen Tschechien, das die deutschen Handballer am Freitag mit 32:24 gewinnen konnten. Böhm, 29, ist einer jener Wackelkandidaten, aus deren Kreis Bundestrainer Christian Prokop noch zwei Spieler streichen muss für seinen finalen WM-Kader. Wobei der Hannoveraner Böhm dem nicht zustimmen würde. "Ich finde, ich gehöre dazu", sagte der Rückraumspieler. Er habe seine Rolle im Team, er fühle sich "voll akzeptiert". Deshalb will er bei der Heim-WM, die vom 10. bis 27. Januar in Deutschland und Dänemark stattfindet, unbedingt dabei sein. Nicht als Bankdrücker, sondern als wichtiger Spieler, findet Böhm: "Ich traue mir das zu."

Wenige Meter weiter stand Mittelmann Tim Suton, und bei ihm war die Körpersprache eine andere. Ja, das Spiel gegen die Tschechen sei nicht ganz optimal verlaufen für die deutsche Mannschaft, die sich zeitweise viele Ungenauigkeiten und Abspielfehler geleistet hatte und so lange brauchte, um die mittelklassigen Tschechen entscheidend zu distanzieren. Aber auch für Suton selbst. Der junge Lemgoer stand nicht länger als 15 Minuten auf dem Feld, und unter der Prämisse, dass Suton ohnehin nur als Mittelmann Nummer drei im Kader hinter Martin Strobel und Fabian Wiede gilt, hätte der Tag wahrlich besser verlaufen können. Ob er es ist, der am Ende nicht mit zur WM fährt? "Kann gut sein", befand Suton, mehr könne er dazu nicht sagen. Ob seine Enttäuschung riesig wäre, falls ihn der Bundestrainer streicht? "Nöööööö."

Es zeichnet sich ab, wen Prokop für die WM im Kopf hat

Suton, Böhm, dazu vermutlich Franz Semper und Steffen Fäth: Aus diesem kleinen Kreis wird Prokop seine Wahl letztlich treffen müssen. 18 Spieler hat er gerade beisammen, mit 16 darf er in die WM starten, wobei Nachnominierungen im Turnierverlauf wie immer möglich sind. Vor oder nach dem letzten Testspiel am Sonntag in Kiel gegen Argentinien (14.00 Uhr, Livestream auf zdfsport.de) wird Prokop seine Entscheidung bekannt geben. In Hannover wollte er noch keine Hinweise geben, das seien bloß "Spekulationen". Er werde sich "nicht äußern, wer wie viele Prozentchancen hat".

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Dabei zeichnet sich ab, dass Prokop seinen 16er Kader durchaus im Kopf hat. Fäth zum Beispiel, der unter Prokop selten so befreit aufspielt wie unter dessen Vorgänger Dagur Sigurdsson, durfte gegen die Tschechen im linken Rückraum von Beginn an ran. Er nutzte seine Chance, warf in der ersten Halbzeit drei einfache Rückraumtore - es sind jene Treffer, die dem Team so gut tun, weil Prokop nicht viele Spieler im Kader hat, die dazu in der Lage sind. Fäth überzeugte also, ebenfalls stellten die Torleute, die Außenspieler sowie die Kreisläufer unter Beweis, dass sie nicht weit von ihrer WM-Form entfernt sind. Torhüter Silvio Heinevetter zeigte in der zweiten Halbzeit eine starke Partie, Uwe Gensheimer wäre über Linksaußen wohl noch zahlreiche weitere Tempogegenstöße gelaufen, wenn ihm der Schlusspfiff nicht in die Quere gekommen wäre. Zehn Tore hatte der Kapitän am Ende gesammelt. Er habe ein "Super-Tempospiel" gesehen, lobte Prokop. Das gefiel dem Bundestrainer, andere Dinge eher nicht.

"Ich weiß, was ich an ihm habe", sagt Prokop über Böhm

Eine schwierige Phase hatte die Mannschaft in der zweiten Halbzeit zu überstehen, als der Vier-Tore-Vorsprung gegen die nicht für die WM qualifizierten Tschechen auf einen Treffer zusammengeschmolzen war. Da spielte die Mannschaft, wie Prokop es nicht sehen wollte: überhastet, ungenau, manchmal kopflos. Es war die Phase, in der Böhm und Semper, später auch Strobel die Rückraumpositionen bekleideten. Böhm und Semper warfen je ein Tor, verloren aber auch einige leichte Bälle. "Man hat den jungen Spielern die Nervosität angesehen", sagte Kreisläufer Hendrik Pekeler, damit meinte er wohl vor allem Suton und Semper. Es könnte darauf hinauslaufen, dass der 22-Jährige und der 21-Jährige, die beiden Jüngsten im Kader, am Ende nicht mit zur WM fahren.

Vor allem, wenn man Prokop zugehört hat, was er über Fabian Böhm gesagt hat, der in Hannover quasi ein Heimspiel erlebte, da er für den TSV Hannover-Burgdorf in der Bundesliga spielt. Prokop erklärte, dass Böhm "etwas Pech" gehabt habe. Er sei "in einer Stresssituation" ins Spiel gekommen, habe außerdem kürzer gespielt als ursprünglich geplant. "Ich weiß, was ich an ihm habe", sagte Prokop: "Er ist ein Spieler, der sehr wichtig ist." Das klang nicht danach, als müsste Böhm ernsthaft bangen.

Dieser stand weit nach Spielschluss immer noch auf dem Spielfeld. Mit Söhnchen Otto auf dem Arm. Locker plaudern mit Dominik Klein, dem Weltmeister von 2007. Auch hier sah Fabian Böhm entspannt und zuversichtlich aus.

© SZ vom 06.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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