Süddeutsche Zeitung

Handball-WM:Deutschland verliert Spiel um Platz drei in letzter Sekunde

  • Deutschland hat in der letzten Sekunde das Spiel um Platz drei gegen Frankreich verloren.
  • Bester Deutscher war Torwart Andreas Wolff - doch auch er konnte sein Team nicht vor der knappen Niederlage bewahren.

Bundestrainer Christian Prokop saß mit leerem Blick völlig konsterniert an der Seitenlinie, seine Spieler kämpften mit den Tränen: Nach einem Gegentreffer von Superstar Nikola Karabatic in der Schlusssekunde standen die deutschen Handballer unter Schock und es reifte nach dem 25:26 (13:9) im kleinen Finale gegen Frankreich die bittere Erkenntnis: Blech statt Bronze, das Warten auf die erste WM-Medaille seit zwölf Jahren geht weiter.

"Das ist brutal, das ist bitter", sagte Prokop nach der zweiten großen Enttäuschung neben der schmerzhaften Halbfinal-Niederlage gegen Norwegen innerhalb von 48 Stunden. Sieben Sekunden vor dem Abpfiff hatte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) im dänischen Herning selber die Chance zum Siegtreffer, doch Hendrik Pekeler bekam den Ball am Kreis nicht unter Kontrolle und Karabatic bestrafte dies im Gegenzug eiskalt.

"Das war sehr bitter. Wir spielen wir in den Schlusssekunden einen Harakiri-Pass, anstatt das Ding runterzuspielen. Wir haben sehr gut gespielt, haben uns mit eigenen Dummheiten aber um die Medaille gebracht", sagte ein enttäuschter Torhüter Andreas Wolff im ZDF. "Der Schmerz ist sehr groß", fügte Prokop an. Daran änderten auch sieben Tore von Kapitän Uwe Gensheimer nichts. Die WM-Durststrecke geht weiter. Die letzte Medaille gab es beim goldenen Wintermärchen 2007. Dass man insgesamt "eine tolle WM" gespielt habe, wie Wolff feststellte, war ein schwacher Trost. Ebenso das gemeinsame Abendessen im Restaurant Bone's bei Steaks und Burgern.

Zur Halbzeit sah es bei einer Vier-Tore-Führung noch alles nach einem Happy End der emotionalen Achterbahnfahrt der vergangenen Wochen aus. "Wir waren in der ersten Halbzeit viel besser als die vier Tore Vorsprung. Unsere Abwehr stand bombig", sagte Gensheimer. Doch im zweiten Durchgang offenbarten sich nach der Roten Karte gegen Abwehrchef Patrick Wiencek (38./dritte Zeitstrafe) auch hinten Lücken. "Das Ende war verrückt. Sowas tut halt weh", sagte Gensheimer, stellte aber fest: "Wir haben trotzdem ein großes Turnier gespielt."

Im zehnten Spiel innerhalb von 18 Tagen zeigten beide Teams eine Energieleistung. Das Abwehr-Bollwerk um Wiencek fand zunächst zurück zu alter Stärke, Wolff war im Gegensatz zum Halbfinale gegen Norwegen (25:31) wieder ein starker Rückhalt. Bis zur Halbzeit verzeichnete der Kieler sieben Paraden. Im Positionsangriff hatte die DHB-Auswahl bei ihrem ersten Spiel außerhalb Deutschlands aber erneut Probleme. "Wir decken hervorragend. Vorne schmeißen wir ein paar Bälle zu viel weg", sagte Teammanager Oliver Roggisch vor den zweiten 30 Minuten. Daran änderte sich zu Beginn der zweiten Hälfte nichts. Beim 14:15 (38.) lag das DHB-Tram nach langer Zeit gegen die Franzosen, die im Halbfinale gegen Dänemark völlig chancenlos waren (30:38), wieder einmal zurück.

"Wir müssen jetzt bei uns bleiben. Wir kämpfen, derzeit schenken wir es ihnen", sagte Prokop beim Stand von 16:18 in einer Auszeit (44.) - zunächst mit Erfolg. Gensheimer glich zum 22:22 aus (54.). Es folgte eine dramatische Schlussphase - mit dem besseren Ende für den Rekordweltmeister. Die Teilnahme an einem Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio hatte das deutsche Team bereits vor dem kleinen Finale sicher - ein schwacher Trost nach dem bitteren Ende einer fantastischen Heim-WM.

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