Handball-WM:Einbruch nach der Aufbruchsstimmung

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Formen der Fassungslosigkeit: Julia Behnke (links) und Ina Großmann nach der 24:35-Niederlage im Spiel um Platz sieben gegen Schweden.

(Foto: Charly Triballeau / AFP)

Das schlechteste Spiel zum Abschluss: Die deutschen Handballerinnen verpassen die Olympia-Qualifikation.

Von Ulrich Hartmann, Kumamoto/München

Das olympische Frauen-Handballturnier findet im kommenden Jahr zum dritten Mal nacheinander ohne deutsche Mannschaft statt. Das ist für die deutsche Mannschaft schlimmer als für das Turnier. Im nächsten August in Tokio hätten die Spielerinnen sich und der Welt beweisen wollen, dass der darbende deutsche Frauen-Handball auf dem Weg der Besserung ist, und als sie bei der Weltmeisterschaft in Japan kürzlich in jenes Spiel gegen Serbien zogen, in dem ein Sieg für das WM-Halbfinale und zur Wahrung der Olympia-Chance ebenso genügt hätte wie ein Sieg anschließend im Spiel gegen Norwegen, da hatte man auch noch das Gefühl, diese positive Entwicklung erkennen zu können.

Doch dann gingen beide Spiele verloren, man verpasste dadurch das Halbfinale, außerdem wurde ein Sieg im abschließenden Spiel um Platz sieben gegen Schweden unerlässlich. Dieser Sieg hätte wenigstens das Erreichen einer Olympia-Ausscheidung im kommenden März bedeutet. Doch im neunten WM-Spiel binnen 14 Tagen war nun erst recht alle Luft aus der deutschen Mannschaft entwichen. Sie verlor 24:35 (13:18) und muss ihr ersehntes Comeback im Kreis der Besten verschieben. Wieder einmal. Im Dezember 2020 findet in Norwegen und Dänemark die Europameisterschaft statt.

Damit bleibt dem Deutschen Handball-Bund nur noch die Hoffnung, dass die Männer die Versetzung nach Tokio schaffen. Die Mannschaft von Bundestrainer Christian Prokop spielt im Januar ihre Vorrundengruppe bei der Europameisterschaft in Trondheim/Norwegen, und wenn sie weiterkommt, dann bestreitet sie ihre EM-Hauptrundengruppe in Wien. Sollten sie Europameister werden oder in ein mögliches Finale gegen den bereits qualifizierten Weltmeister Dänemark gelangen, wären sie direkt für Olympia qualifiziert. Wenn nicht, müssten sie in eine Olympia-Ausscheidung, die sie im April immerhin in der Berliner Max-Schmeling-Halle austragen dürften. Bei den Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro hatten die deutschen Männer Bronze gewonnen.

Von solchen Erfolgen und solcher Aufmerksamkeit können die deutschen Handballerinnen weiter nur träumen. In Japan war dieser Traum ziemlich lange lebendig nach drei leidenschaftlichen Auftaktsiegen und einer bedeutungslosen Niederlage gegen die früh ausgeschiedenen Französinnen. Doch als es richtig ernst wurde, als fortan jedes Spiel immer tiefer im Zeichen des möglichen Halbfinaleinzugs und der Olympiaqualifikation stand, da versagten den Spielerinnen die Kräfte und die Nerven. Einziger Hingucker im fortgeschrittenen Turnier-Stadium war noch ein Sieg gegen den späteren Finalisten Niederlande. Gegen Serbien, Norwegen und Schweden setzte es zum Abschluss drei Niederlagen nacheinander.

"Ich bin fassungslos", sagte die Kreisläuferin Julia Behnke nach der klaren Niederlage gegen Schweden. "Ich habe selten ein schlechteres Spiel von uns gesehen", sagte die Torhüterin Dinah Eckerle. "Die Luft war raus", sagte der Bundestrainer Henk Groener mit einem Gesichtsausdruck, der keiner weiteren Erklärung bedurfte. Nicht einmal der Verbands-Sportchef Axel Kromer, der sonst gern alles Positive herausfiltert, vermochte seine massive Enttäuschung noch zu verbergen. Er sagte: "Das ist eine sportliche Tragödie für die Mädchen und für den Deutschen Handballbund. Das tut uns als Sport weh. Wir hatten gute Gründe für unsere Zuversicht - aber jetzt sind wir total enttäuscht."

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