Handball-WM:Gislason motzt, Wolff pariert, Deutschland gewinnt

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Bester deutscher Spieler gegen die Schweiz: Torhüter Andreas Wolff. (Foto: Tilo Wiedensohler/camera4+/Imago)

Die deutschen Handballer erwischen bei der WM einen schlechten Tag und besiegen die Schweiz nur knapp 31:29. Die Hauptrunde ist vorzeitig erreicht – spätestens dort muss sich das Team aber dringend steigern.

Von Carsten Scheele, Herning

„Deutschland? So langsam habe ich es satt“, sagte der Schweizer Nationaltrainer Andy Schmid. Das war lustig gemeint, beim Treffen mit den deutschen Reportern vor wenigen Tagen, wobei: so lustig auch wieder nicht. „Die Deutschen liegen uns nicht“, referierte Schmid, zweimal habe man zuletzt „auf die Nuss“ bekommen gegen den großen Nachbarn. 14:27 zum Start der EM vor einem Jahr,  26:35 in der EM-Qualifikation. Er hätte bei dieser Handball-WM in der Vorrundengruppe „lieber eine andere Mannschaft gehabt“. Doch dieser Wunsch wurde ihm nicht erfüllt.

Schmid, 41, hat sein halbes Handballleben in Deutschland als Spieler bei den Rhein-Neckar Löwen verbracht; und er war hoch erfreut, wie gut seine Schweizer diesmal mithielten gegen den großen Nachbarn. Zum Sieg reichte es aber wieder nicht, die deutschen Handballer gewannen eine lange Zeit hart umkämpfte Partie knapp 31:29 (15:14) und stehen damit vorzeitig in der Hauptrunde. Das war die beste Nachricht an diesem Abend.

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Richtig freuen konnte sich nach einem arg durchwachsenen Auftritt niemand. Trainer Alfred Gislason war „erleichtert, dass wir gewonnen haben“, gab aber auch zu, „dass wir größtenteils nicht gut gespielt haben“. Ein kleiner Euphemismus, wie Torhüter Andreas Wolff sogleich am ZDF-Mikrofon klarstellte: „Wir haben uns schwergetan und standen lange mit dem Rücken zur Wand.“

Deutschland startet wiederum schlecht und läuft lange einem Rückstand hinterher

Der erste Jubel ertönte, als die deutsche Mannschaft 45 Minuten vor dem Anpfiff in die Halle einlief – mit Juri Knorr. Nach seinem Ausrutscher auf nassem Hallenboden zum Auftakt gegen Polen hatte es Zweifel am Mitwirken des Mittelmanns gegen die Schweiz gegeben, das Knie war leicht gestaucht. Eine Möglichkeit wäre gewesen, Knorr zumindest in dieser Partie zu schonen für die richtig großen Aufgaben bei dieser Weltmeisterschaft.

Doch Knorr spielte mit – und der Spielmacher brachte viel Tempo und Wucht ins deutsche Spiel. Nicht sofort, es begann sein Vertreter Luca Witzke, aber nach zehn Minuten beorderte Bundestrainer Gislason seinen Regisseur erstmals aufs Feld. Da war dem deutschen Team der Start – wie schon zum Auftakt gegen Polen – deutlich missraten. Julian Köster vollstreckte zwar einen Kempa-Pass von Timo Kastening, leistete sich danach aber ein paar technische Unzulänglichkeiten. Damit war er nicht allein, auch die Kollegen patzten oder trafen aus guten Wurfsituationen nur den Schweizer Torhüter Nikola Portner. Die Eidgenossen führten erst 5:2, dann 7:4, dank der Paraden von Torhüter Wolff blieb der Rückstand im erträglichen Rahmen. Dennoch wurde Gislasons Laune am Spielfeldrand zusehends schlechter.

Der Bundestrainer sah, dass sich bei seinen Spielern allmählich ein strukturelles Problem manifestiert: Das deutsche Team findet nicht ins Spiel, die ersten Minuten gleichen im Angriff einem Fehlerfestival und das Team rennt einem Rückstand hinterher. Nimmt man die beiden Testspiele vor der WM gegen Brasilien hinzu, war dies das Muster der vierten Partie in Serie. „Jungs, im Angriff machen wir einen Fehler nach dem anderen, das ist das Problem“, motzte Gislason in der Auszeit und hatte das Grundproblem damit erfasst.

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Das Spiel beruhigte sich erst, als der Isländer auf der Mittelposition abermals umstellte und Nils Lichtlein brachte. Der junge Berliner führte jetzt druckvoll Regie, Knorr agierte auf Halblinks daneben, der Vorsprung der Schweizer schmolz. Renars Uscins, der einen mäßigen Tag erwischte, traf zur ersten Führung seit den Anfangsminuten (9:8), Lichtlein erhöhte direkt danach. Bis zur Halbzeit hatten die deutschen Handballer den Anfangsschaden halbwegs repariert.

In der zweiten Halbzeit wurde es zunächst noch schlimmer, als die Schweizer manchmal nicht fassen konnten, wie groß die Löcher waren, die sich in der deutschen Abwehr auftaten. Kastening traf bei einem Torversuch den Schweizer Torwart Portner frontal im Gesicht und kassierte dafür eine Zweiminutenstrafe. Doch die deutschen Handballer besannen sich, dass es vielleicht doch keine so gute Idee wäre, schon im zweiten Vorrundenspiel dieser WM eine unerwartete Pleite zu kassieren. Unter erheblicher Kraftanstrengung drehte das DHB-Team die Partie noch einmal, unterstützt vom überragenden Andreas Wolff im Kasten. Im Angriff machte Köster seine schwachen Anfangsminuten wett und erzielte nun Tor um Tor. So reichte es am Ende knapp, die Hauptrunde ist erreicht – dort aber eine Steigerung unbedingt empfehlenswert.

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