Handball:Wahrheitswoche

Lesezeit: 2 min

Diesmal ohne Raute: Kapitän Uwe Gensheimer überreicht der Kanzlerin ein Handballer-Plakat. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die überraschende Testspielniederlage im März gegen die Schweiz soll nur ein kleiner Unfall für das gerade erst wiedererstarkte deutsche Team gewesen sein. DHB-Vizepräsident Bob Hanning ruft vor den nächsten Aufgaben ein klares Ziel aus.

Von Carsten Scheele, Gliwice/München

Jetzt ist es raus: Die Bundeskanzlerin hat im Januar auch Handball geschaut. Zumindest das Spiel um Bronze, das für die deutschen Handballer in dramatischen Schlusssekunden mit 25:26 gegen Frankreich verloren ging. In diesen Sekunden hätte ihr Blutdruck "einige Ausschläge gehabt", berichtete Angela Merkel beim Empfang für die deutsche Nationalmannschaft aus ihrem persönlichen TV-Erlebnis. Merkels Sympathien für die deutschen Fußballer sind seit Jahren verbrieft, doch auch die Handballer haben bei der Bundeskanzlerin während der Heim-WM Eindruck hinterlassen. "Weil sie so sympathisch, bodenständig an die Sache rangegangen sind und vor allem so viel Leidenschaft gezeigt haben", lobte Merkel die Delegation um Bundestrainer Christian Prokop, der im Kanzleramt direkt neben Merkel stand und bei den Ausführungen der Regierungschefin selig lächelte.

Über Berlin ging es für die deutschen Handballer in dieser Woche direkt nach Gliwice (Gleiwitz) nahe der polnisch-tschechischen Grenze, wo das Team am Mittwoch (18 Uhr/ARD) vor bis zu 10 000 Zuschauern das erste von zwei richtungsweisenden Qualifikationsspielen zur EM 2020 in Schweden, Norwegen und Österreich bestreitet. Richtungsweisend insofern, als dass das Prokop-Team mit zwei Siegen in Gliwice und drei Tage später in Halle/Westfalen (Samstag, 14 Uhr, ZDF) vorzeitig die EM-Teilnahme sichern könnte. Polen sei "der schwerste Gegner in der Gruppe", erklärte Kapitän Uwe Gensheimer, der beim Merkel-Foto vor drei Jahren noch aus der Reihe fiel, als er seine Hände beim offiziellen Foto frech zu einer Merkel-Raute formte; diesmal hielt er die Hände grinsend hinter dem Rücken. Aktuell steht die deutsche Mannschaft mit 4:0 Punkten an der Tabellenspitze, die Verfolger Polen und Israel haben schon je eine Partie verloren. Selbst bei einer Niederlage wären die Chancen immer noch ausreichend gut, doch so weit soll es nicht kommen.

Prokop hat für die Kräftemessen mit Polen all seine WM-Spieler nominiert

"Zwei Siege" müssten das Ziel sein, erklärte DHB-Vizepräsident Bob Hanning, der die beiden Polen-Spiele prompt zur "Woche der Wahrheit" ausrief. Die überraschende Testspielniederlage im März gegen die handballerisch mittelprächtige Schweiz (27:29) soll nur ein kleiner Unfall für das gerade erst wiedererstarkte Team gewesen sein. Bundestrainer Prokop ließ entsprechend durchblicken, dass er keinerlei Konsequenzen plant: Prokop hat für die Kräftemessen mit Polen all seine WM-Spieler nominiert; lediglich Abwehrhüne Finn Lemke (erkrankt) wird vom Mindener Marian Michalczik vertreten.

Zwei Spielern, die aktuell eher raus sind aus dem engsten Kreis des Teams, hat Prokop zudem Rückkehrmöglichkeiten eingeräumt. Spielmacher Martin Strobel, obwohl schon 33 Jahre alt, darf nach seinem Kreuz- und Innenbandriss während der WM mit einer erneuten Nominierung rechnen. Und auch Rechtsaußen Tobias Reichmann, zur Heim-WM noch unehrenhaft entlassen, weil er seine Nichtnominierung zum Anlass nahm, verärgert in die USA zu reisen, anstatt sich als Nachrücker bereit zu halten, soll für die Partien im Juni gegen Israel und Kosovo ins Team zurückkehren. Reichmann bekomme seine Chance, "vorausgesetzt er ist fit und bringt seine Leistung", erklärte Prokop.

Noch einer, der für Schlagzeilen sorgte, ist dabei: Torhüter Silvio Heinevetter, der gerade bekannt gab, dass er die Füchse Berlin nach mehr als zehn Jahren verlässt und zur MT Melsungen wechselt. Doch nicht sofort, erst 2020, im Jahr der Europameisterschaft, für die nun die Qualifikation geschafft werden soll.

© SZ vom 10.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: