Handball:Ungünstige Prognose

Handball: Schlüsselspieler vor dem Abschied: Johannes Stumpf wird seine Handballkarriere nach der Saison beenden.

Schlüsselspieler vor dem Abschied: Johannes Stumpf wird seine Handballkarriere nach der Saison beenden.

(Foto: Günther Reger/Günther Reger)

Nach der klaren Niederlage gegen Aue sind Fürstenfeldbrucks Hoffnungen auf den Ligaverbleib wohl nur noch rechnerische - und die ersten Weggänge stehen fest.

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Im Nachgang mussten sich Fürstenfeldbrucks Handballer ein wenig so fühlen, als wäre ihre Halle gekapert worden: von Handballspielern aus der sächsischen Kleinstadt Aue, die erst die beiden Punkte, die es zu gewinnen gab, an sich rissen, danach noch eine Weile auf ein Bierchen zusammensaßen und später in der Kabine weiterfeierten, wie sie stolz in einem Video in den sozialen Medien zeigten. Sie hatten die Gastgeber vom TuS Fürstenfeldbruck mit einem 33:21-Sieg regelrecht demontiert. Für die Brucker war es die zweithöchste Niederlage in der Zweitliga-Saison, und obwohl noch sechs Partien ausstehen, hält auch Trainer Martin Wild den Klassenerhalt des Tabellenletzten "wahrscheinlich nur noch rechnerisch" für möglich.

Nie hatte man von den Brucker Panthern eine so schwache Leistung gesehen wie an diesem Samstagabend. Es wollte nahezu nichts gelingen. "Heute hat gar nichts gepasst", befand Spielmacher Falk Kolodziej. Die Art und Weise, wie man verloren habe, "war schon bitter". Vor allem die erste Halbzeit geriet zum Desaster für die Panther, gerade sieben Mal trafen sie binnen 30 Minuten ins gegnerische Tor - Minusrekord. Der langjährige Zweitligist aus dem Erzgebirge, der sich nur ein einziges Jahr in der dritten Liga verdingen musste - 2011/12 war das -, war in allen Belangen überlegen und gestaltete seinem Interimstrainer Runar Sigtryggsson den perfekten Abschied. Der ehemalige isländische Nationalspieler, der den EHV Aue von 2012 bis 2016 trainiert hatte, war Anfang Dezember kurzfristig eingesprungen, nachdem Cheftrainer Stephan Swat schwer an Covid19 erkrankt war. Der 43-Jährige lag sieben Wochen auf der Intensivstation und zwölf Tage im künstlichen Koma. Trotz schwieriger Monate - im November und Dezember waren neben Swat 14 Auer Spieler positiv auf Corona getestet worden, das Team war insgesamt dreimal in Quarantäne - gelang es Sigtryggsson so rechtzeitig die Weichen für eine weitere Zweitliga-Saison zu stellen, dass er am Tag nach dem Sieg in Fürstenfeldbruck zu seiner Familie nach Island zurückkehren konnte und dem Co-Trainer den Rest der Saison überlassen wird.

Man habe zusehen können, "wie von Minute zu Minute das Selbstvertrauen flöten ging"

Bei den Brucker Panthern indes lief nichts zusammen. Man habe zusehen können, "wie von Minute zu Minute das Selbstvertrauen flöten ging", beobachtete Trainer Martin Wild. Nie lagen die Gastgeber, die kurz vor Jahresende ausgerechnet in Aue beim 27:26 ihren ersten von zwei Auswärtssiegen in der zweiten Liga gefeiert hatten, in Führung. Bis zur achten Minute hielten sie den Gleichstand (4:4), fortan gelangen ihnen nur noch drei weitere Tore bis zur Pause, während die Gäste trafen und trafen. Symptomatisch waren zwei aufeinander folgende Szenen in der 21. Minute: Die Brucker vertändeln ihren Angriff, Aues Torhüter Erik Töpfer reagiert und wirft den Ball zur 13:6-Führung ins leere TuS-Tor, noch ehe TuS-Keeper Michael Luderschmid zurückkehren kann. Nächster Angriff: wieder vergeben, wieder trifft Aue ins leere Tor. Die Brucker patzten in Abwehr und Angriff und standen zudem einem überragenden Auer Torhüter gegenüber: Töpfer parierte insgesamt 23 Würfe - eine Quote von 59 Prozent. Bereits zur Halbzeit war die Partie zugunsten der Gäste entschieden, ein 7:19-Rückstand nicht mehr aufholbar.

Sie dürften "nach so einer Packung nicht die Köpfe hängen lassen", riet Gästetrainer Sigtryggsson. Darin dürften Fürstenfeldbrucks Handballer einige Übung haben, hatten sie doch im Verlauf der Saison bewiesen, nach Negativerlebnissen immer wieder aufzustehen. Es sei gut, dass man nicht allzu lange über die Niederlage nachdenken könne, sagte Martin Wild. Schon am Mittwoch geht es mit einem Heimspiel gegen Ferndorf weiter. Und dennoch hat der ehrgeizige Trainer begonnen, sich in das wohl Unvermeidliche zu fügen. Die Zeichen stehen auf Abschied aus der zweiten Liga, und Wild zieht schon ein kleines Resümee: "Die Saison war für uns ein Erlebnis. Wir haben uns sehr respektabel verkauft." Mit sieben Siegen, einem Remis und 22 Niederlagen ist sein Team Schlusslicht, ein Nichtabstiegsplatz fünf Punkte entfernt.

Spielmacher Falk Kolodziej, 27, wird den Verein verlassen. Wo er künftig spielen wird, wollte er noch nicht sagen. Nach SZ-Informationen soll es sich um einen anderen Zweitligisten handeln. Rückraumpartner Johannes Stumpf, ebenfalls 27, wird seine Handballkarriere beenden. Und so werden den Bruckern im nächsten Jahr "zwei Schlüsselspieler" fehlen, wie Trainer Wild bedauert. Auch Torhüter Stefan Hanemann, 25, vor der Saison vom Erstligisten Eulen Ludwigshafen gekommen, wird sich wieder verabschieden. Seinen Platz wird künftig Nachwuchsspieler Louis Oberosler einnehmen. Der 18-Jährige, der es in dieser Saison mit der A-Jugend des TSV Allach bis ins Viertelfinale um die deutsche Meisterschaft geschafft hatte, durfte in der letzten Viertelstunde gegen Aue zwischen die Pfosten und gab mit drei blitzsauberen Paraden binnen kürzester Zeit einen Vorgeschmack auf das, was er drauf hat.

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