Handball:Und dann: bumm!

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So kann es weitergehen: Erlangens norwegischer Nationalspieler Petter Overby feiert einen seiner drei Treffer. (Foto: Wolfgang Zink/imago)

Der HC Erlangen schlägt Minden nach einer starken Leistung mit 30:22 und bestätigt die guten Ergebnisse der ersten beiden Spiele - obwohl erneut Potenzial ungenutzt bleibt.

Von Ralf Tögel

Carsten Lichtlein hat viele schöne Momente in der Nürnberger Arena erlebt. Torhüter stehen ja allein wegen ihrer Paraden oft im Mittelpunkt. Lichtlein rettete den Erlangern nicht selten Punkte oder Siege. Im Erlanger Trikot knackte der mittlerweile 40-jährige Routinier einen ganz besonderen Rekord, als er im Dezember 2019 mit seinem 626. Spiel in der Handball-Bundesliga (HBL) der Profi mit den meisten absolvierten Spielen wurde. Die Marke hat er seither ordentlich ausgebaut, aktuell allerdings beim GWD Minden, Lichtlein steht seit zwei Jahren im Tor der Nordrhein-Westfalen. Als solcher stand er auch am Samstagabend in der Nürnberger Arena, früher als gedacht, denn nach zwölf Minuten hatte sich Kollege Malte Semisch bei einer Parade gegen einen Unterhandwurf von Christoph Steinert verletzt und blieb auf der Bank.

Aber dieses Mal erlebte Lichtlein keinen schönen Abend an seiner ehemaligen Wirkungsstätte: Immer wieder flogen ihm die Geschosse von Steinert, der mit elf Treffern (vier per Siebenmeter) bester Schütze des Abends war, oder Simon Jeppsson (4) um die Ohren, oft stemmte sich Lichtlein alleine einem heranstürmenden Erlanger entgegen. Der HCE gewann das Spiel letztlich so deutlich wie verdient mit 30:22 (10:15) Toren und feierte gleichzeitig eine Premiere, denn ein Sieg gegen diesen Gegner war den Mittelfranken zu Hause noch nie gelungen.

Nach dem dritten Spiel in der laufenden Saison kann man langsam eine erste Tendenz ableiten, wo die Erlanger Reise hinführen kann. Der ebenfalls überzeugende Heimsieg gegen Leipzig, der Punktgewinn beim Meisterschaftsmitfavorit Flensburg und nun dieser Erfolg bringen 5:1 Punkte, somit kommt es am kommenden Wochenende gegen Meister THW Kiel zum Spitzenspiel zweier ungeschlagener Kontrahenten. Ein Satz, den wohl niemand bei diesem Programm prognostiziert hätte, der aber gleichzeitig die neue Qualität des HC Erlangen verdeutlicht. Denn erneut war nicht alles makellos, was die Mittelfranken boten, erneut blieb vor allem im Angriff Potenzial ungenutzt. Die Chancenverwertung und der Spielfluss wären zu nennen, oft baute der Rückraum vor der gegnerischen Abwehr zu wenig Druck auf, oft fehlten die Ideen, den Mindener Abwehrriegel zu knacken, der freilich der beste gegnerischer Mannschaftsteil war und sehr ruppig zupackte.

Natürlich zieht Trainer Michael Haaß ein positives Fazit, noch bleibt aber Potenzial ungenutzt

Das Resümee von Trainer Michael Haaß fiel entsprechend positiv aus: "Ich bin natürlich hochgradig zufrieden mit diesem Spiel, weil es einfach ein souveräner und kontrollierter Auftritt meiner Mannschaft war." Grundlage für den Sieg war erneut die starke Abwehr der Erlanger, mit dem famosen slowenischen Nationaltorhüter Klemen Ferlin als Rückhalt. In Kapitän Nikolai Link, dem norwegischen Nationalspieler Petter Overby, Sebastian Firnhaber und Neuling Tim Zechel kann der Trainer auf den wichtigen Innenblockpositionen variieren, Haaß erkannte auch Fortschritte im Offensivspiel: "Ich finde, dass unser Angriffsspiel heute deutlich verbessert war und wir eine gute Spielsteuerung hatten. Es hat Spaß gemacht, heute den Jungs zuzuschauen, weil sie mit Begeisterung und Konzentration dabei waren. Das ist der Weg, den wir weitergehen wollen." Auf diesem Weg werden sich dem ehemaligen Weltmeister ein paar zusätzliche Optionen erschließen, so benötigt Spielmacher Patrik Leban noch Zeit zur Integration, Antonio Metzner, seines Zeichens im erweiterten Nationalkader, wird nach langer Verletzungspause langsam herangeführt.

Haaß hat einen qualitativ wie quantitativ starken Kader zur Verfügung, der zusätzlich davon profitiert, dass er eingespielt ist. In Leban und Kreisläufer Zechel sind nur zwei Akteure wirklich neu, Steinert ist ja Rückkehrer aus Leipzig - und Steinert zeigt Woche für Woche, dass er keine Eingewöhnungsphase benötigt. Ein großer Vorteil, wie gerade gegen Minden zu sehen war. Die Gäste haben einen großen Umbruch zu bewältigen. Trainer Frank Carstens hat sieben neue Spieler einzubauen, entsprechend schwer taten sich die Gäste mit der bissigen Erlanger Abwehr. Gleichwohl hat Minden viel Qualität im Team, der letzte Tabellenplatz nach drei Niederlagen ist nur als Momentaufnahme zu sehen.

Was auch für die Erlanger gilt, deren Saisonstart indes nicht viel besser hätte gelingen können. Die Handschrift von Trainer Haaß ist zusehends zu erkennen. Der Weltmeister befehligte das deutsche Nationalteam zu seinen besten Zeiten. Den letzten Spielzug im Übrigen gab Haaß höchstselbst in einer Auszeit vor: "Jeppsson auf Metzner, auf Büdel, zurück und dann: bumm!" Kurz darauf zappelte der Ball exakt nach dieser Anweisung im Netz.

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