Ein wenig unbehaglich war Alfred Gislason der Gedanke an das finale Testspiel vor der Zugfahrt nach Paris dann schon. Denn auf die Japaner werden die Deutschen bereits in einer Woche im olympischen Turnier erneut treffen, und zum Testen sucht man sich bevorzugt Gegner, gegen die man nicht gleich wieder im Ernstfall spielt. Die Partie war nun mal lange ausgemacht, erklärte der Handball-Bundestrainer, der nach dem 35:25-Sieg in Stuttgart gegen Japan dann doch „im Großen und Ganzen zufrieden“ war, wie er bei Sport1 mitteilte. In diese Aussage war das 33:29 gegen die Ungarn zwei Tage zuvor an gleicher Stelle bereits eingespeist – gegen einen Konkurrenten, auf den die Deutschen bei Olympia erst in der K.-o.-Runde treffen können und dessen Qualität dem Bundestrainer genauere Rückschlüsse ermöglichte als die der Japaner.
Vor allem in der ersten Halbzeit gegen die Magyaren hatte sein Team auf hohem Niveau agiert, sich in Halbzeit zwei dann einen Leistungseinbruch geleistet. Der Sieg geriet jedoch dank einer Steigerung in der Schlussphase nicht in Gefahr. Gewiss hatten beide Partien Übungscharakter, wie jene gegen Olympiasieger und Europameister Frankreich vor einer Woche. Dieses Spiel hatte Deutschland nach starker Leistung 35:30 gewonnen, allerdings fehlten den Franzosen in Nedim Remili und Dika Mem zwei Schlüsselspieler.
Vor allem Rückkehrer Franz Semper und Neuling Marko Grgic überzeugten gegen den Olympia-Gastgeber, Semper allerdings verpasste die Tests gegen Ungarn und Japan wegen einer Schulterverletzung. Gislason rotierte vor allem gegen die überforderten Japaner viel, so zeigten auch die Ersatzkräfte Justus Fischer und Rune Dahmke ihre Qualitäten auf dem Feld. Wie schnell es zum Ernstfall kommen kann, zeigt die Verletzung von Semper, für den Gislason Routinier Kai Häfner nachnominierte. Der 35-jährige Linkshänder benötigt keine Eingewöhnungsphase. Ob Semper rechtzeitig zum Olympiastart am kommenden Freitag (19 Uhr/ARD und Eurosport) gegen die Schweden fit wird, ist fraglich.
Die Männer verzichten wegen des Schweden-Spieles auf die Eröffnungsfeier, die Frauen haben spielfrei und gehen auf die Party
Egal, wie viel Experiment in diesen drei Testspielen steckte, das deutsche Team hat einen positiven Eindruck hinterlassen: „Dieses letzte Spiel war wichtig für uns. Mit den Leistungen sind wir zufrieden und können darauf aufbauen“, sagte Kapitän Johannes Golla. „Die harte Vorbereitung hat sich gelohnt und wir sind bereit für Paris.“ Wie ernst das deutsche Team das Turnier nimmt, zeigt auch die Tatsache, dass es auf die Eröffnungsfeier am Donnerstag verzichtet: „Wir haben uns in der Mannschaft klar dafür ausgesprochen, dass wir nach Paris reisen, um nicht Olympiatourismus zu machen“, sagte Golla. Trainer Gislason befürwortet das: „Ich würde lieber gegen Schweden ein richtig gutes Spiel machen, als sieben Stunden in Paris irgendwo unter freiem Himmel zu sitzen.“
Den deutschen Frauen, die ihren letzten Test gegen Brasilien 27:20 gewannen und erstmals seit 16 Jahren wieder zu Olympia reisen, ist es hingegen freigestellt, bei der Bootsparade auf der Seine mitzumachen. Es gebe die Möglichkeit einer „kürzeren Version“ der Eröffnungsfeier, wie Bundestrainer Markus Gaugisch sagte, da könnten die Spielerinnen nach der Bootsparade aussteigen: „Das wollen wir den Mädels ermöglichen.“ Anders als die Männer steigt die weibliche DHB-Auswahl bereits einen Tag vor der Eröffnungsparty am Donnerstag (16 Uhr) gegen Südkorea in das Turnier ein. Die zweite Partie gegen Schweden findet erst am Sonntag statt, der Samstag ist somit spielfrei – und geeignet, um Kräfte zu sammeln. Und auf die wird es in der schweren Gruppe, in der noch Europameister Norwegen, Slowenien und der WM-Dritte Dänemark warten, auch ankommen.