Süddeutsche Zeitung

Handball:Kiel ist Meister

Durch die Niederlage des Hamburger SV hat der THW Kiel die deutsche Meisterschaft im Handball gewonnen - wirklich freuen kann sich darüber niemand.

Der THW Kiel ist wieder Meister - und kann sich doch nicht richtig freuen. Zu groß sind die Schatten, die die Manipulationsvorwürfe über die sportlich fantastische Saison geworfen haben. Nach der 28:32 (14:15)-Niederlage von Verfolger HSV Hamburg am Dienstag bei der SG Flensburg-Handewitt können die Kieler an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) gegen die HSG Wetzlar mit ihren Fans vorzeitig den 15. Meistertitel bejubeln, dann aber werden sie ihren Blick wieder nach vorn richten.

Denn trotz aller Vorwürfe: Die Titeljagd der "Monopolisten des Erfolgs" soll auch im DHB-Pokal und in der Champions League fortgesetzt werden. "In diesem Jahr haben wir auch davon profitiert, dass Flensburg, Lemgo und Hamburg nicht so stark waren", kommentierte Welthandballer Nikola Karabatic die Kieler Dominanz in der Liga.

Nach 29 Spielen bereits den Titel in der Tasche, noch dazu erst eine Niederlage: Das gab es in der Geschichte der Bundesliga noch nie. Vor der überraschenden Pleite in Lemgo, mit der die Kieler ihren ersten Matchball vergeben hatten, war der THW saisonübergreifend seit 47 Partien unbesiegt. Nur im ersten Saisonspiel gegen den TSV Dormagen hatte es ebenfalls lange Gesichter gegeben. Ein 28:28 war für den neuen Trainer Alfred Gislason alles andere als ein Einstand nach Maß. Der Schatten seines Vorgängers Zvonimir Serdarusic schien für den Isländer zu lang zu sein.

Doch das erwies sich zur Freude der Kieler als Trugschluss. Denn Gislason, der mit dem SC Magdeburg bereits die Champions League gewonnen hatte, erwies sich als Glücksgriff des inzwischen zurückgetretenen Managers Uwe Schwenker. Gislason setzt das fort, was Serdarusic begonnen und aufgebaut hatte. Dabei konnte er sich auf ein eingespieltes, homogenes Team verlassen, das zwar mit zahlreichen Stars gespickt ist, das aber immer harmonierte: egal ob in der Meisterschaft, im Pokal oder in der Champions League.

"Die Mannschaft, die jetzt zusammen ist, ist das Ergebnis einer langen Arbeit mit Stefan Lövgren als Kapitän. Wir sind alles clevere Leute und machen unseren Job sehr gut", sagte Karabatic am Sonntag der Internetausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Dabei gehörte der Franzose mit zu den Auslösern der Unruhen im seit Jahren besten deutschen Club, als er bekanntgab, seinem Ex-Coach Serdarusic zum Konkurrenten Rhein-Neckar Löwen folgen zu wollen. Doch dann kam alles anders - und die angebliche Manipulations-Affäre wurde bekannt.

Kontinuierlicher Erfolg

"Es ist schade, dass unsere Leistung so wenig zur Geltung kommt und nur über die Bestechungsvorwürfe gesprochen wird", sagte Nationalspieler Christian Zeitz. Auch nach dem Rückzug des langjährigen Machers Schwenker geht das Hauen und Stechen abseits des Parketts weiter. Die Staatsanwaltschaft ermittelt und auch die Gesellschafter des THW kommen angesichts immer weiterer Details in Erklärungsnot.

Umso erstaunlicher ist es, wie die Mannschaft kontinuierlich am sportlichen Erfolg arbeitet. "Es ist leider so, dass von der Schiedsrichter-Affäre und von irgendwelchen Pressekonferenzen gesprochen wird, nicht von unseren Siegen. Wir lesen das, und wir müssen weitermachen. Am Ende werden die Leute sagen, eine Mannschaft, die das aushält, ist richtig stark", meinte Karabatic, der sich dennoch über den Titel "ein bisschen freut. Und dann am 6. Juni richtig, wenn die Saison vorbei ist. Dann hast du alles hinter dir."

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dpa/jüsc
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