Handball:Karriereplanung nach Gidsel-Art

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Noch längst nicht vor dem Abflug, im Gegenteil: Welthandballer Mathias Gidsel (links) hat sein Engagement bei den Füchsen Berlin verlängert. (Foto: Andreas Gora)

Der dänische Welthandballer wird von den größten und erfolgreichsten Klubs umworben: Doch er bleibt bei den Füchsen Berlin, sogar bis 2029. Denn er hat ein großes Ziel.

Von Carsten Scheele

Wie jeder andere Handballer aus Dänemark hat Mathias Gidsel früher nach Flensburg geschielt. In der dänischen Håndboldligaen ist das Leben, was die Größe der Liga und der Hallen angeht, eher beschaulich. Aber nebenan in Flensburg, in der größten und stärksten Liga der Welt, geht die Post ab. Viele dänische Talente wechseln zunächst wenige Kilometer von der Grenze entfernt nach Flensburg und von da in die weite Welt. Auch Gidsel, 25, sagte einmal, dass Flensburg für ihn ein „Traumverein“ sei.

Dieser Satz hat Gidsel in den vergangenen Monaten eingeholt, als in der Branche mehr laut als leise getuschelt wurde, dass die SG Flensburg-Handewitt den größten Transfercoup ihrer Vereinsgeschichte plane: die Verpflichtung von Mathias Gidsel, dem Welthandballer, der in der Bundesliga seit 2022 für die Füchse Berlin spielt. Das ergäbe Sinn, ein Däne beim „Traumverein“ in Flensburg, oder? Er könne die Gerüchte verstehen, sagte Gidsel.

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Dennoch hat er kurz nach der WM seine Zukunft anderweitig geklärt. Die Traumehe kommt nicht zustande, der Däne bleibt bei den Füchsen, bis 2029 sogar. Das ist zuallererst für die Berliner eine hervorragende Nachricht, aber auch für die Bundesliga: Der Welthandballer, also der Beste seines Fachs, bleibt der Liga erhalten. Ein Transfer innerhalb der Bundesliga wäre aus Marketingsicht ja verschmerzbar gewesen, nicht aber ein Wechsel zu einem der finanzstarken Großklubs ins Ausland, zu Paris Saint-Germain oder zum FC Barcelona. Dieses Szenario ist erst mal abgewendet.

Einen begehrteren Handballer als Gidsel gibt es derzeit nicht

Er freue sich extrem, dass „der beste Handballer der Welt von sich aus alle Spekulationen beendet hat“, sagte Füchse-Geschäftsführer Bob Hanning. Das Arbeitspapier hatte ohnehin eine Gültigkeit bis 2028, jetzt wurde es vorzeitig um ein Jahr verlängert, mit Sicherheit zu noch attraktiveren Bezügen. Gidsel ist gerade als Weltmeister und „MVP“ (wertvollster Spieler) des WM-Turniers zurückgekehrt; bei Olympia hatte er sich diesen Doppelpack auch schon geschnappt (Olympia-Gold und MVP). Einen begehrteren Handballer als Gidsel gibt es derzeit nicht.

Dass der 25-Jährige damit nicht automatisch zu einem der größten Handballklubs wechselt, überrascht nur auf den ersten Blick. Er wisse, dass „Berater von allen Klubs dieser Welt dem Jungen persönlich das Ohr abkauen“, sagte Füchse-Sportvorstand Stefan Kretzschmar vor einigen Monaten. Aber Gidsel schätzt zum einen die Anonymität in der Riesenstadt Berlin; daheim in Dänemark (oder in Flensburg oder Kiel) könnte er wohl kaum ungestört in den Supermarkt gehen, ohne erkannt zu werden. Außerdem stellt sich Gidsel bewusst der Herausforderung, dass er die Berliner zum ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte führen will, obwohl andere Klubs ein größeres Budget zur Verfügung haben. Er habe „großes Vertrauen in dieses Projekt“, sagte Gidsel. In vier Jahren ist er 29 Jahre alt, dann bliebe immer noch Zeit, einen anderen Verein oder eine andere Liga kennenzulernen.

Was die Meisterschaft angeht, läuft alles nach Plan: Die Füchse sind Tabellenzweiter; gerade ist der Wiedereinstieg in den Ligaalltag mit einem 36:19-Sieg gegen den Tabellenletzten Potsdam gelungen. Der Rückstand auf Tabellenführer MT Melsungen beträgt aktuell vier Punkte. Ein Nachteil für Berlin: die erhöhte Belastung durch die Champions League, hier sind die Füchse noch im Wettbewerb. Ein Vorteil: Sie haben Mathias Gidsel.

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