Deutsche Handballerinnen bei der EM:Endspiel schon in der Vorrunde

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So hatten sie sich das nicht vorgestellt: Alina Grijseels (links) und Xenia Smits nach dem 22:29 gegen die Niederlande. (Foto: Marco Wolf/dpa)

„Komplexes Thema“: Die deutschen Handballerinnen geben bei der EM ihrer Neigung nach, unter Stress den Faden zu verlieren. Gegen Island müssen sie nun gewinnen – oder nach der Gruppenphase nach Hause fahren.

Von Ulrich Hartmann

Am 1. September hat Ingo Meckes sein Amt als Sportvorstand des Deutschen Handballbundes (DHB) angetreten. Für den 48 Jahre alten Nachfolger von Axel Kromer ist die Europameisterschaft der Handballerinnen das erste Großereignis. Über die deutschen Nationalspielerinnen hatte Meckes vor dem EM-Auftakt gewusst, dass es in der jüngeren Geschichte dieser Mannschaft immer wieder „gewisse Einbrüche“ gegeben hatte. Deshalb sagte er: „Ich bin gespannt, wie die Mannschaft in Stresssituationen reagiert.“

Der 30:17-Auftaktsieg gegen die Ukraine war da noch kein Maßstab. Die deutsche Mannschaft geriet erst gar nicht unter Stress. Schon im zweiten Spiel gegen die Niederlande aber war das ganz anders. 10:4 hatten sehr stark beginnende deutsche Frauen nach zwölf Minuten geführt, doch dann kam der Stress auf. Bereits zur Pause lagen sie 14:15 hinten, am Ende verloren sie 22:29.

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Ab sofort ist der Stress aber erst richtig groß. Gewaltig. Im Fall einer Niederlage zum Vorrundenabschluss gegen Island an diesem Dienstag (20.30 Uhr, sportdeutschland.tv) müssten die deutschen Spielerinnen am Mittwoch bereits wieder abreisen. Im Fall eines Sieges zögen sie trotzdem nur mit enttäuschenden 0:2 Punkten und gemeinsam mit den Niederlanden in die Hauptrundengruppe ein, wo sie unter anderem auf die Topnationen Norwegen und Dänemark träfen – und nur noch limitierte Chancen aufs Halbfinale besäßen.

Das Spiel gegen Island werde ein „Charaktertest“, sagt Sportvorstand Meckes

Wie es um die Entwicklung dieser Mannschaft stehe, war der Bundestrainer Markus Gaugisch vor der EM gefragt worden und hatte geantwortet: „Das werden wir auf dem Feld sehen in jenen Momenten, in denen wir unter Druck geraten, wenn wir in Trouble kommen.“ Zwei Spiele hat es nur gedauert – schon ist die Mannschaft in erheblichem Trouble.

Am Montag saßen Gaugisch und Meckes in einer digitalen Pressekonferenz. „Das Spiel gegen Island wird ein kleines Endspiel“, sagte Meckes. Er stilisierte das Alles-oder-nichts-Spiel um den Einzug in die Hauptrunde zum „Charaktertest“. Es ist aber eher nicht zu erwarten, dass solche Begrifflichkeiten die Mannschaft positiv provozieren. In den vergangenen Jahren haben Trainer wie Heine Jensen, Jakob Vestergaard, Michael Biegler und Henk Groener mit unterschiedlichen Spielerinnen und allen Mitteln versucht, Konstanz ins Team zu bringen. Für ein Halbfinale hat es trotzdem nie gereicht.

„Das ist ein sehr komplexes Thema“, sagte Trainer Gaugisch über die Neigung dieser Mannschaft, allzu leicht den „Faden zu verlieren“. Dass gegen die Niederlande Viola Leuchter und Annika Lott ausgefallen waren, lässt er nicht als Entschuldigung gelten. Offen ist, ob beide gegen Island zurückkehren. Letztlich findet Gaugisch, dass Topnationen wie Norwegen, Frankreich, Dänemark, Schweden und Niederlande in ihren Kadern über mehr Erfahrung auf hohem Niveau verfügen. „Wir sind noch im Wachsen“, sagt er, „aber wir werden nicht aufgeben, immer wieder einen neuen Anlauf zu nehmen.“

In einem Jahr findet die Weltmeisterschaft in Deutschland und den Niederlanden statt. „Bis dahin ist noch Zeit, eine Euphorie zu entfachen“, sagt Sportvorstand Meckes. Es wäre trotzdem hilfreich, die deutsche Mannschaft würde schon an diesem Dienstag damit beginnen.

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