Süddeutsche Zeitung

Deutschland bei der Handball-EM:Jetzt geht es um Platz fünf

  • Die deutschen Handballer besiegen Österreich souverän mit 34:22 (16:13) und spielen nun in Stockholm um EM-Platz fünf.
  • Überragender Mann ist Torwart Johannes Bitter.
  • Hier geht es zum Spielplan der Handball-EM.

Von Joachim Mölter, Wien

Die Partie war längst vorbei, aber die deutschen Fans unter den 9000 Zuschauern in der Wiener Stadthalle wollten einfach nicht gehen. Immer wieder riefen sie "Jogi! Jogi!", sie feierten den Torhüter der deutschen Handball-Nationalmannschaft noch lange, nachdem er im EM-Hauptrundenspiel gegen Österreich die Auszeichnung als "Mann des Spiels" entgegengenommen hatte. Mit einer überragenden Leistung hatte Johannes Bitter den überzeugenden 34:22 (16:13)-Erfolg über den Co-Gastgeber der Europameisterschaft gesichert. Damit hat sich die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) eindrucksvoll rehabilitiert - zwei Tage nachdem sie durch eine bittere 24:25-Niederlage gegen Kroatien ihr angestrebtes EM-Ziel, das Halbfinale, so gut wie verspielt hatte. Nun darf sie in der Finalrunde in Stockholm zumindest im Spiel um Platz fünf antreten. "Es wäre eine Enttäuschung, wenn wir das nicht erreichen", hatte der DHB-Vizepräsident Bob Hanning nach der Niederlage gegen Kroatien das neue Ziel ausgegeben.

Die ohnehin verschwindend geringe Chance, das Halbfinale am Freitag noch zu erreichen, war bereits vor der Partie gegen Österreich endgültig dahin gewesen: Mit Spaniens 37:28 über Weißrussland erlosch der letzte Hoffnungsschimmer. Der Titelverteidiger sicherte sich damit nach Kroatien einen der beiden Plätze in der Vorschlussrunde, die in Wien vergeben werden. In der zweiten Hauptrundengruppe in Malmö bleibt hingegen bis zum letzten Spieltag am Mittwoch alles offen. Spaniens Sieg ermöglichte es den Deutschen immerhin, die Reise nach Stockholm vorzeitig zu buchen, bereits vor der abschließenden Hauptrundenpartie gegen Tschechien am Mittwoch (20.30 Uhr/ZDF).

Prokops Männer spielen sich frei von allem Ballast

Hanning hatte die Partie gegen Österreich als Charaktertest deklariert: "Es ist elementar wichtig für Mannschaft und Trainer, diese EM erfolgreich zu Ende zu bringen." Und so wie Hanning seine Sätze formuliert hatte, konnte man sie so verstehen, als ob die berufliche Zukunft von Bundestrainer Christian Prokop zum Thema werden könnte. Prokop fand es nach dem Erfolg über Österreich "schon sehr bitter, dass wir gegen Kroatien mit einem Tor verlieren, und dann wird so ein Fass aufgemacht". Einige Spieler versicherten hernach, nichts mitbekommen zu haben von der Debatte, sprachen aber davon, ein Signal für den Trainer gesetzt zu haben.

Prokops Spieler brauchten allerdings rund zwanzig Minuten, um sich freizuspielen. Erst als der Bundestrainer seine Abwehr offensiver agieren ließ und Bitter für den diesmal glücklosen Andreas Wolff ins Tor beorderte, ging es voran. Mit einem abgewehrten Siebenmeter leitete Bitter den entscheidenden Zwischenspurt ein, das DHB-Team zog von 10:10 (21.) auf 16:12 (28.) davon, vor allem dank der Gegenstoß-Tore von Kastening. Der Rechtsaußen aus Hannover erzielte bereits vor der Pause fünf seiner sechs Tore; fünfmal traf auch Tobias Reichmann - jeweils vom Siebenmeterpunkt.

Unmittelbar nach dem Wechsel war es dann Johannes Golla, der für den beruhigenden Vorsprung sorgte (19:13/35.). Der Kreisläufer vom deutschen Meister SG Flensburg hatte am Samstag gegen Kroatien krankheitsbedingt gefehlt, war aber rechtzeitig wieder fit, um Patrick Wiencek zu ersetzen. Zu Beginn der Partie am Montag meldete der sich mit einer Knieverletzung ab. Golla sprang ein und füllte die Lücke in der Abwehr.

In der zweiten Halbzeit spielte die deutsche Mannschaft wie befreit auf, die Österreicher hatten kaum noch etwas entgegenzusetzen. Die Kreisläufer Hendrik Pekeler und Jannik Kohlbacher waren nicht mehr zu halten, beide kamen noch auf je vier Tore. Der Mann des Abends war aber Johannes Bitter. "Wir waren in einem Loch. Heute haben wir uns gepuscht", sagte er in der ARD mit Verweis auf die Niederlage gegen Kroatien. Und Prokop lobte: "Es war mental eine große Herausforderung. Die Mannschaft hat das konstant und konzentriert durchgezogen."

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SZ vom 21.01.2020
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