Handball-EM:"Das Ergebnis ist eine Katastrophe"

Handball EM: Spanien - Deutschland

Frust in Trondheim: Die DHB-Auswahl muss die Niederlage gegen Spanien verarbeiten

(Foto: dpa)
  • "Wir sind sehr enttäuscht über unsere Leistung", sagt Trainer Christian Prokop nach der 26:33-Niederlage der deutschen Handballer gegen Spanien.
  • Schon der Start misslingt, auch danach macht es nie den Eindruck, als könnte man Spanien einen Punkt abringen.
  • Um sicher in die Hauptrunde einzuziehen, muss am Montag ein Sieg gegen EM-Neuling Lettland her.

Von Joachim Mölter, Trondheim

Andreas Wolff hatte keine Lust auf eine Pause, der Torwart war erst gar nicht mit seinen Mitspielern in die Kabine gegangen. Während dort der Bundestrainer Christian Prokop versuchte, die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) für die zweite Halbzeit des EM-Vorrundenspiels gegen Spanien neu einzustellen, tigerte Wolff unruhig auf dem leeren Spielfeld umher, vor zum Mittelkreis, zurück ins Tor, nach rechts, nach links, immer wieder. Der einsame Wolff gab in diesen Momenten ein noch traurigeres Bild ab als es seine Mannschaft vorher und nachher getan hatte an diesem Samstagabend.

In dem mit 6500 Zuschauern besetzten Spectrum von Trondheim unterlag die DHB-Auswahl, ihres Zeichens immerhin WM-Vierter, dem Titelverteidiger Spanien 26:33 (11:14) und muss nun im abschließenden Vorrundenspiel am Montag (18.15 Uhr/ZDF) gegen den bislang erfolglosen EM-Neuling Lettland gewinnen, um sicher in die Hauptrunde nach Wien zu gelangen. Ihr Auftaktspiel hatten die deutschen Handballer am Donnerstag gegen die Niederlande gewonnen, 34:23.

"Wir sind sehr enttäuscht über unsere Leistung", gab Prokop zu: "Wir haben nie eine Lösung gegen die spanische Abwehr gefunden." Kreisläufer Hendrik Pekeler, mit fünf Treffern erfolgreichster deutscher Torschütze, fand: "Das Ergebnis ist eine Katastrophe." Johannes Bitter, der den frustrierten Wolff zwischendurch ersetzte, bilanzierte nüchtern: "Wir haben zu viele einfache Fehler gemacht, dadurch konnten wir den Plan nicht umsetzen, den wir hatten."

Es war bereits früh abzusehen gewesen, dass der Plan nicht aufgehen würden, den sich die deutschen Handballer zurechtgelegt hatten; dass es nichts werden würde mit einem Sieg oder wenigstens einem Punktgewinn gegen die favorisierten Spanier. Als Bundestrainer Prokop nach siebeneinhalb Minuten die erste Auszeit nahm, lag sein Team bereits 1:4 zurück und hatte sich schon drei Ballverluste im Angriff geleistet, mit denen sie den Spaniern zu Kontern und einfachen Toren verhalf. Auf der anderen Seite waren Kapitän Uwe Gensheimer und Kreisläufer Patrick Wiencek bei Gegenstößen freistehend am spanischen Torwart Gonzalo Perez de Vargas gescheitert. So nahm das Übel also seinen Lauf.

Es schien auch nur kurz aufzuhalten zu sein, als Prokop nämlich seine Abwehr umstellte, von einer 6-0-Formation auf eine offensivere 3-2-1-Variante, und die Spanier in dieser Phase durch zwei Zeitstrafen auch noch in doppelter Unterzahl agieren mussten. Innerhalb von sieben Minuten verkürzte die DHB-Auswahl von 4:10 auf 9:10 (22.), "da hatten wir einen kleinen Einbruch", räumte Spaniens Coach Jordi Ribera ein. Bis zur Pause blieb Prokops Mannschaft halbwegs in Reichweite, danach machte er alle Maßnahmen rückgängig, die zuvor gefruchtet hatten: Er nahm Bitter wieder aus dem Tor und schickte Wolff erneut hinein, der weiterhin nichts hielt: Von 16 Würfen wehrte der 28-Jährige nur einen ab. Außerdem zog Prokop die Abwehr wieder zurück, welche den Spaniern zeitweise Probleme bereitet hatte.

Der Angriff bereitet die größten Sorgen

Im Grunde aber hatte man nie das Gefühl, als könnten die Deutschen gefährlich werden, als könnte der Titelverteidiger die Partie verlieren: Immer wenn es knapp zu werden drohte, zogen die Spanier kurz das Tempo an und wieder davon, bis auf zehn Tore Differenz (29:19/51. Minute). Es war eine einseitige Sache.

Dabei hatte der für den Leistungssport zuständige DHB-Vizepräsident Bob Hanning das Duell gegen Spanien tags zuvor noch zum Klassiker erhoben, zum "absoluten Schlager" und an "große Siege und schmerzhafte Niederlagen" erinnert. Beim bitteren Olympia-Aus vier Sekunden vor Schluss im Viertelfinale anno 2000 in Sydney war der 51-Jährige als Co-Trainer ja selbst beteiligt gewesen. Bei den Spielen 2004 in Athen gab's dann eine dramatische Revanche, als die deutsche Auswahl nach zwei Verlängerungen schließlich im Siebenmeterschießen obsiegte. Und auf den Wegen zum WM-Titel 2007 und zum EM-Sieg 2016 mussten sich die deutschen Handballer ebenfalls gegen die Spanier durchsetzen.

Nun war dieses Treffen in Trondheim aber keins von diesen K.-o.-Spielen gewesen, nach denen eine Mannschaft heimfahren muss. "Danach wird noch nichts verloren sein", hatte Torwart Bitter schon vor der Partie gemahnt und damit den größten Druck aus dem Spiel genommen. Er konnte dabei auf die Europameisterschaften 2008 und 2016 verweisen, als die DHB-Auswahl jeweils in der Vorrunde gegen Spanien verloren hatte (22:30 bzw. 29:32) und später trotzdem noch das Halbfinale erreicht hatte, welches ja auch in diesem Jahr das Ziel der Mannschaft ist.

Bob Hanning wollte sich die Bedeutung des Spiels für den weiteren Turnierverlauf trotzdem nicht kleinreden lassen: "Es hat natürlich schon eine Wirkung. Wer es gewinnt, geht direkt auf die Welle und kann das Geschehen von oben betrachten." Sollte heißen: Der Sieger hat in der folgenden Hauptrunde die bessere Ausgangsposition. Die haben nun also die Spanier. Was die Aussichten der DHB-Auswahl schmälert, ist weniger die Niederlage an sich: Gegen ein Spanien in Bestbesetzung kann man durchaus verlieren. Bedenklich ist vielmehr, dass das Angriffsspiel der Deutschen so einfach lahmzulegen ist. Selbst dem EM-Neuling Niederlande ist das ja im Auftaktspiel phasenweise gelungen. Dass die Torleute da nervös werden und unruhig über das Parkett tigern, ist verständlich. "Wenn wir vorne zu wenig Tore werfen", resümierte Johannes Bitter, "wird's halt schwer." Und zwar gegen jeden Gegner.

Zur SZ-Startseite
-

Handball im Fernsehen
:Jedes Jahr ein Quotenhit

Erst die Vierschanzentournee, jetzt Handball: Im Januar zeigt sich, dass neben Fußball auch andere Sportarten ein Millionenpublikum finden. Die Regie vertraut auf den Serien-Effekt.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: