Süddeutsche Zeitung

Handball:Ein Riese und ein Altmeister

Die Bundesliga hat zwei neue Attraktionen: den Letten Dainis Kristopans, 2,15 Meter groß, und den früheren Nationalspieler Christian Zeitz, 39 Jahre alt.

Von Carsten Scheele

Die Füchse Berlin haben ein Foto versendet, darauf zu sehen drei Männer: in der Mitte Dainis Kristopans, der wirklich riesenhafte Zugang des Tabellenvierten der Handball-Bundesliga; rechts daneben Stefan Kretzschmar, der für einen ehemaligen Linksaußen mit 1,90 Metern durchaus großgewachsene Vorstand. Und links, da steht Bob Hanning, der selbst für einen Handball-Funktionär klein gewachsene Manager. Kristopans misst 2,15 Meter, Hanning 1,68 Meter. Seine Stirn reicht Kristopans bis zur Brust.

Zwei bemerkenswerte Personalien haben die Bundesliga in dieser Woche umgetrieben. Zum einen Kristopans, 29, zum anderen Christian Zeitz, 39, Weltmeister von 2007, der nach dem Insolvenzeröffnungsantrag seines Drittligisten SG Nußloch nun für den TBV Stuttgart spielt. Zeitz hatte die Liga 2018 verlassen im kräftigen Streit mit dem THW Kiel. Aber Zeitz kann es noch, er erzielte am Donnerstag beim Stuttgarter Sieg in Melsungen drei Tore. "Mein Handy explodiert", sagte Zeitz hinterher.

Kristopans erregt schon allein deshalb Aufsehen, weil er nun der größte Handballer der Liga ist, noch einmal zehn Zentimeter größer als Johannes Bitter, der deutsche Nationaltorhüter (2,05 Meter): Die Hände des Letten sind so riesig, dass der Ball in ihnen verschwinden kann; mit 135 Kilo ist der Linkshänder im Rückraum eine kaum zu stoppende Urgewalt. Das hat auch die deutsche Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft erfahren, als Kristopans im Vorrundenspiel gegen das DHB-Team sieben Treffer erzielte. Eines der Bilder der EM war, als Kristopans auf den 42 Zentimeter kleineren Niederländer Luc Steins traf, locker den Arm um ihn legte und es automatisch wirkte, als würde er Steins würgen.

Kristopans ist, ähnlich wie Zeitz, über ein unkonventionelles Transfermodel in die Bundesliga gelangt. Sein bisheriger Klub Vardar Skopje steckt in großen finanziellen Problemen; Kristopans sollte sofort gehen. Die Berliner schlugen zu, wenn auch nur für vier Monate, denn dann wechselt Kristopans wie vereinbart zum französischen Topklub Paris Saint-Germain, bei dem er bis 2023 unterschrieben hat. Kristopans soll den Füchsen helfen, das ausgerufene Ziel zu erreichen: die Qualifikation für die Champions League. Die hat Kristopans mit Skopje im vergangenen Jahr noch gewonnen.

Handballer mit der Größe Kristopans sind tatsächlich eine Seltenheit. Anders als im Basketball ist die reine Körpergröße irgendwann kein Vorteil mehr: Handballer müssen wendig sein, egal, wie groß sie sind - sonst haben kleinere Spieler ihre Mittel, um die Großen aus dem Spiel zu nehmen. So gilt Kristopans auch erst als internationaler Topspieler, seit er seine anderen handballerischen Fähigkeiten verbessert hat. Er hat an seiner Technik gearbeitet, am taktischen Verständnis, achtet mehr auf seine Nebenleute; seitdem kann er seine Stärken besser nutzen. "Was Besseres kannst du nicht bekommen", freut sich sein neuer Trainer Velimir Petkovic. Auch Kretzschmar sagt: "Der Transfer zählt zu den spektakulärsten der Klubgeschichte."

Während Kristopans am Sonntag mit den Füchsen in Magdeburg aufläuft, wartet auf Zeitz eine härtere Prüfung. Er reist mit Stuttgart nach Kiel, wo Zeitz zwar 14 Jahre gespielt hat, am Ende aber mit dem Klub vor Gericht stand und sogar aus der Ahnengalerie entfernt wurde. "Einige werden sich freuen, mich wiederzusehen, andere werden pfeifen", sagte Zeitz, "das bin ich gewohnt."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4798908
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 15.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.