Handball:Die Messlatten liegen niedrig

Jan Schaeffer (HC Erlangen 25) kommt frei zum Wurf, TVB Stuttgart vs. HC Erlangen, 1. Bundesliga, Handball, Herren, 19.

Aus Mittel- nach Oberfranken, aber eine Liga hinab: Jan Schffer kommt vom HC Erlangen zum HSC Coburg.

(Foto: Michael Schmidt/Eibner/imago)

Start in die zweite Bundesliga: Der HSC Coburg will kein Favorit sein, der TV Großwallstadt hat sich stark verändert - und die Rimpar Wölfe wollen wieder kameradschaftlicher werden.

Von Sebastian Leisgang und Ralf Tögel

Am Wochenende beginnt die zweite Handball-Bundesliga - nach dem Abstieg von Fürstenfeldbruck in die dritte und dem Abstieg von Coburg aus der ersten Liga sind wieder drei Teilnehmer aus Bayern dabei.

HSC Coburg

"Wir wollen uns ambitioniert positionieren", sagt Jan Gorr auf die Frage nach dem Saisonziel. Der Geschäftsführer des HSC Coburg hat in seine Aussage maximal viel Platz für Interpretationen eingebaut, er weiß ja, dass ein Erstligaabsteiger ohne eigenes Zutun in den Kreis der Favoriten gerückt wird. Dieses Prädikat will der HSC Coburg nicht so gern annehmen, zumal es in der zweiten Liga, neben einigen ambitionierten Traditionsklubs wie dem VfL Gummersbach, in Ludwigshafen, Nordhorn-Lingen und Essen gleich drei weitere Mitabsteiger gibt, die sich um die beiden Aufstiegsplätze bewerben. Vollmundige Ansagen sind im Übrigen auch von der Konkurrenz nicht zu hören.

Trainer Alois Mraz hat darüber hinaus einen umfangreichen Umbruch zu gestalten, im Serben Drasko Nenadic, dem iranischen Spielmacher Pouya Norouzi Nezhad und dem tschechischen Kreisläufer Stepan Zeman haben drei National- und Schlüsselspieler den Klub verlassen. Dennoch ist Mraz guter Dinge, denn die Neuen - das sind die beiden Junioren-Nationalspieler Merlin Fuß und Jan Jochens (Tor), das aus Erlangen gewechselte Kreisläufer-Duo Jan Schäffer und Stefan Bauer sowie der tschechische Nationalspieler Dieudonne Mubenzem im rechten Rückraum und der estnische Auswahlakteur Karl Toom auf Halblinks - hätten sich mit großem Engagement eingebracht. Die Vorbereitung verläuft ebenfalls verheißungsvoll, nicht zuletzt wegen der Siege gegen Erlangen und zuletzt im Trainingslager in Pilsen gegen Dukla Prag.

Natürlich gelte es noch, an Abläufen und Abstimmungen zu feilen, sagt Mraz, aber die Arbeitsmoral der Mannschaft und der Einsatz der Spieler bereite ihm "großen Spaß". Und noch eine Neuerung hat der Trainer beobachtet: "Wir sind viel fester zusammengewachsen als im Vorjahr", was schon allein an den besseren Möglichkeiten dank gelockerter Corona-Maßnahmen liege. Der ausgegebene Platz unter den ersten Fünf sei angesichts der Konkurrenz keine Tiefstapelei: "Das hat man in der vergangenen Saison an Gummersbach gesehen." Die Oberbergischen galten als Top-Favorit und wurden auf der Ziellinie von Hamburg und Lübbecke abgefangen. Großen Druck vom Klub bekommt Mraz also nicht, aber: "Der ist immer da, den machen wir uns schon selber."

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Ein Nationalspieler für Großwallstadt: Der Litauer Povilas Babarskas, hier noch im Einsatz für den österreichischen Erstligisten Bregenz.

(Foto: Pucher/Eibner/imago)

TV Großwallstadt

Um zu verdeutlichen, was er zum Ausdruck bringen will, kommt Ralf Bader noch einmal auf den HSV Hamburg und den TuS N-Lübbecke zu sprechen, jene Mannschaften, die in der vergangenen Saison in die Bundesliga aufgestiegen sind. "Die wären dieses Jahr nicht Favorit Nummer eins", meint Bader, "das sagt doch schon vieles aus." Für Großwallstadts Coach ist klar, dass die zweite Liga die beste ist, die es jemals gegeben hat.

Nach Platz sechs im Vorjahr hat Bader, 40, seine Mannschaft zwei Wochen später als die meisten anderen Trainer zur ersten Einheit einbestellt. Entsprechend durchwachsen waren Großwallstadts Testspiele in den vergangenen Wochen. So endete beispielsweise die Generalprobe am Samstag gegen Bietigheim mit einem 21:33. "Da waren wir chancenlos, weil wir körperlich noch nicht auf der Höhe waren", erklärt Bader, "das war aber einkalkuliert. Am Wochenende werden wir frisch sein."

Da ist der TVG zum unter-oberfränkischen Duell beim HSC Coburg zu Gast, eine Auftaktaufgabe, die es in sich hat. "Zum Reinkommen wünscht man sich andere Gegner", gesteht Bader, "wir fahren zwar mit Attacke im Hinterkopf da hin, aber wir können relativ befreit sein. Als Bundesliga-Absteiger liegt der Druck bei Coburg."

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich Großwallstadts Kader auf einigen Positionen verändert. In Thomas Rink ist ein Kreisläufer aus Ferndorf gekommen, in Kuno Schauer ein Rückraumspieler aus Wilhelmshaven, in Moritz Klenk ein Linksaußen aus dem eigenen Nachwuchs. Der Litauer Povilas Babarskas und der Türke Görkem Bicer bringen sogar Nationalmannschaftserfahrung mit. Allzu hoch will Bader die Messlatte aber nicht legen. Mit Blick auf die Ziele für die bevorstehende Saison sagt er: "Die Frage wird sein, ob wir uns entwickeln." Und ob es gelingt, die Zwangspause von Florian Eisenträger erfolgreich zu überbrücken. Der Kapitän wird nach seiner Leistenoperation erst Anfang November aufs Feld zurückkehren.

Rimpar Wölfe

Ein neuer Trainer, eine neue Deckung, ein neues Ziel: Auch wenn sich der Kader der Rimpar Wölfe in diesem Sommer nur punktuell verändert hat, so ist doch Einiges anders als in den vergangenen Jahren. Wer sich jetzt aber mit Geschäftsführer Roland Sauer unterhält, der spürt die Zuversicht, mit der Rimpar dem Auftaktspiel gegen Dessau entgegengeht. "Wir sind guter Dinge", sagt Sauer.

In den vergangenen Jahren hat sich das Spiel der Wölfe stets über die Deckung definiert. Da trifft es die Mannschaft besonders hart, dass Lukas Siegler und Michael Schulz den Klub im Sommer verlassen haben und Abwehrchef Philipp Meyer lange ausfällt. "Wir haben Qualität verloren", weiß Sauer, "aber es ist auch eine Chance für andere." Spieler wie Valentin Neagu und David Kovacic sind jetzt besonders gefragt. "In der Vorbereitung ist es schon ganz gut gelaufen", findet Sauer und schickt mit Blick aufs andere Ende des Spielfelds hinterher: "Wir haben über den Angriff mehr bewirkt als letzte Saison."

All das stimmt die Wölfe vor dem Saisonauftakt optimistisch, trotzdem nimmt Sauer das Wort "vermessen" in den Mund, als es um die Frage geht, ob sich die Mannschaft dieses Jahr wieder in der oberen Tabellenhälfte einfinden könnte. In der vergangenen Saison sind die Wölfe zwar als Zwölfter ins Ziel gekommen, zuvor haben sie aber viermal einen einstelligen Tabellenplatz erreicht. Jetzt, vor der neunten Saison in der zweiten Liga, sagt Sauer: "Einen einstelligen Platz als Ziel auszugeben, wäre vermessen. Dafür müsste schon vieles richtig gut laufen." Dann spricht Rimpars Geschäftsführer die vier Absteiger aus der Bundesliga an, die Aufsteiger, die durchaus schlagkräftig sind - und jene Mannschaften, die schon 2020/21 hohe Ambitionen hatten. "Da wird es für uns dann schon dünn mit einem einstelligen Platz", weiß Sauer.

Hoffnung machen ihm die ersten Eindrücke, die er von Julian Thomann, 29, gewonnen hat. Der frühere Rückraumspieler ist aus Balingen nach Rimpar gekommen und sitzt seit diesem Sommer auf der Trainerbank der Wölfe. "Er kommt bei der Mannschaft extrem gut an", sagt Sauer, "er hat eine andere Führung, eine kameradschaftliche - und er hat den Teamgedanken sehr gefördert. Das ist bei uns auch durch die Pandemie verloren gegangen." Mit Thomann will Rimpar eine solide Saison fernab der Abstiegsplätze spielen - auch wenn sich in diesem Sommer Einiges verändert hat.

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