Handball-Derby:Großer Name, kleiner Gegner

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Hadernd an der Seitenlinie: Großwallstadts Trainer Florian Bauer fordert von seiner Mannschaft, dass sie „einfach zwei, drei Sachen besser“ mache. (Foto: Meike Kreidler/imago)

Großwallstadt verliert das Derby in Rimpar. Es ist die zehnte Niederlage bei der zwölften Dienstreise. Der TVG leidet in der zweiten Handball-Bundesliga an Auswärtsschwäche.

Von Sebastian Leisgang

Erst sagte Florian Bauer ein paar Sätze, dann führte auch Matthias Obinger seine Gedanken zum vorangegangenen Spiel aus, ehe der Moderator in die Presserunde schaute: Fragen an einen der beiden Trainer? Eine Journalistin erkundigte sich schließlich bei Obinger, wohin die Serie der Rimpar Wölfe nach diesem 27:25 (10:12) gegen den TV Großwallstadt führen könne und was seine zuletzt fünfmal siegreiche Mannschaft nun besser mache als in der Vorrunde der zweiten Handball-Bundesliga - an Bauer aber wandte sich keiner der Medienvertreter. Es gab keine Fragen an den Trainer des TVG. Dabei waren viele Fragen offen.

Wie etwa war es zu erklären, dass Großwallstadt mal wieder ein durchaus ansprechendes Auswärtsspiel gemacht, am Ende aber - mal wieder - verloren hatte?

Bauer, 38, ist ein kräftiger Mann. Als er an diesem Samstagabend in den ersten Minuten des Spiels an der Seitenlinie stand und die Arme vor der Brust verschränkte, sah er aus wie ein Türsteher, der sich vor einem renitenten Gast aufbaut. Als er nach der Partie aber vor den Medien saß, leicht gebückt, niedergeschlagen und irgendwie ratlos, da wirkte er eher wie dieser abgewiesene Gast selbst.

"Wir spielen immer gut, aber der Lucky Punch gelingt uns nicht."

Bei seiner Analyse sprach Bauer - ungefragt - über Details, die es aufzuarbeiten gelte. Nuancen, die dieses Derby entschieden hätten. Seine Mannschaft war ja tatsächlich dem Ausgleich nahe, als sie kurz vor Schluss in Überzahl auf das Rimparer Tor zustürmte, ehe ihr einer dieser Fehler unterlief, die ihr in dieser Saison schon einige Punkte gekostet hatten: Tomas Urban verlor den Ball am gegnerischen Kreis - und Großwallstadt schließlich das Spiel.

Die Saison hat ihre Halbzeit längst hinter sich, die Zeit für Lehrstunden ist eigentlich vorüber, doch beim TVG lernen sie ständig etwas Neues. Selten fühlt es sich gut an. "Wir spielen immer gut, aber der Lucky Punch gelingt uns leider nicht", klagte Bauer, ohne tatsächlich erklären zu können, warum seine Spieler gerade in auswärtigen Hallen den Ball tausendmal berühren, tausendmal aber nichts passiert. Seine Mannschaft müsse "einfach zwei, drei Sachen besser machen", sagte er. Nur zwei, drei Sachen, mehr nicht. Müsste es aber nicht eigentlich nachdenklich stimmen, wenn Auswärtsspiel für Auswärtsspiel zwei, drei Sachen besser zu machen sind?

Vor dem Jahreswechsel hatte Großwallstadt 35:26 (18:14) in Ferndorf gewonnen und Hoffnungen geweckt, die Auswärtsschwäche in den Griff zu bekommen. Nun war aber die Niederlage in Rimpar bereits die zehnte bei der zwölften Dienstreise. "Wir sind ja nicht weit weg", sagte Bauer, räumte aber offen ein, dass all die Pleiten nicht nur eine Frage von Glück und Pech sind, sondern auch "ein kleines bisschen Unvermögen" ursächlich sei.

Traditionsklubs wie Großwallstadt haben es nicht leicht, denn es ist Teil ihres Schicksals, dass die Menschen die Gegenwart immer wieder in Relation zur Vergangenheit setzen. Die Zeiten aber, in denen der TVG, der einstige Europapokalsieger der Landesmeister, allein mit seinem großen Namen Eindruck machte, sind längst vorüber. Niemandem steht mehr der Mund offen, wenn der nächste Gegner Großwallstadt heißt. Das hat sich inzwischen auch bis an den Untermain rumgesprochen. Sie wissen beim TVG, dass sie momentan weder Angst noch Schrecken verbreiten, sondern "dass wir wahrscheinlich bis zum letzten Spieltag kämpfen müssen", wie Bauer unkte.

Rimpar ist die Abstiegssorgen nach dem Sieg erst mal los

Am anderen Ende des Tischs saß Obinger und war nach dem fünften Sieg in Serie "glücklich und zufrieden", sich solcher Sorgen erst mal entledigt zu haben. Doch Rimpars Trainer nahm das knappe Derby auch zum Anlass, vor Selbstzufriedenheit zu warnen. "Es ist wirklich vieles möglich - aber in beide Richtungen", betonte Obinger. Und: "Wir wissen natürlich auch, wie es sich anfühlt, wenn man mal fünf Spiele nicht gewinnt."

Kurz vor Schluss der Presserunde richtete sich der Moderator noch mal an Bauer. Er würde es begrüßen, sagte er, sollte es das Unterfranken-Derby auch in der nächsten Saison geben. Wie viel Generosität wirklich in dieser Aussage steckte, blieb aber offen. Rimpar hat ja bereits das Hinspiel gewonnen.

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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